Glaubten die Wikinger an Hexen und galten sie bei ihnen als gut oder schlecht? 

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Vor der Christianisierung fehlte der Gedanke daran, dass eine Hexe einen "Pakt mit dem Teufel" hatte. Dennoch konnte man sich Schadenszauber vorstellen, die Quellen sind aber oft nicht allzu ausführlich an dieser Stelle.

1) vala (völva):
So eine Frau konnte (angeblich) die Zukunft weissagen. Dies nannte man spádom und war eine anerkannte Sache, diese Frauen waren geachtet und keine "Zauberinnen".

2) seiðmenn und seiðkonur:
Diese Männer und Frauen betrieben seiðr, dies konnte verschiedene Formen annehmen, auch Heilungen (läkedomsgaldrar, Heilzauber). Und kranke Leute haben wohl die "Dienste" eines solchen kundigen Menschen schon mal in Anspruch genommen. Während dies bei Frauen zum Teil geduldet wurde, galten die Männer als gefährlich (seiðr galt für Männer als schändliche Tätigkeit).

Eine Quelle gibt aber eine Art Schadenszauber an, die jeder kennt, der schon mal den Herrn der Ringe gesehen hatte: ein König wurde "außer Gefecht gesetzt", so dass er mehrere Jahre keine Regierungsgeschäfte wahrnehmen konnte (im HdR ist dies Theoden, der von Saruman "verhext" wurde - im Film wurde dies mit einer Art "Alterung" und Trübung des Verstandes dargestellt).

Auf Island wurden mehr Männer als Frauen wegen dieser Art von "Zauberei" hingerichtet. In Schweden war dies andersherum (wobei diese Zeit lange nach der Wikingerzeit war, während der Wikingerzeit gab es natürlich noch keine systematische Hexenverfolgung, diese kam erst lange nach der Christianisierung).

3) Schamanen: diese gehören eher in die asiatische Vorstellungswelt, etwa bei den Tungusen. Die Sami ("Lappen") in Nordskandinavien hatten ebenfalls so etwas wie Schamanen (auch Schamanentrommeln). In Schweden waren oft Frauen der Sami Opfer der neuzeitlichen Hexenverfolgungen (lange nach der Wikingerzeit).

Sami gehören aber eigentlich nicht zu den Wikingern.

Es gab auch gemischte Ehen, der Norweger Harald "Schönhaar" heiratete eine gewisse Snöfrid (Svasedotter), sie war eine Frau der Sami und angeblich "zauberkundig", einer ihrer Söhne - Rögnvaldur - soll (angeblich) so ein seiðmaður (Plural seiðmenn) gewesen sein. Auch ihr Vater.

In Finnland gab es einen (vorchristlichen) Glauben an weise alte Männer. Die bekannteste Sagengestalt ist Väinämöinen (und Tolkiens "Gandalf" trägt einige Züge dieser Gestalt, wenngleich der Stab (gandr) und der Name nordgermanischer Herkunft sind). Er - Väinämöinen - wird aber eher als "tietäjä" (Weiser, Wissender) beschrieben, nicht als ein böser Zauberer. Finnen kennen auch "velho" (Zauberer) und "noita" (Hexe).

Aber auch Finnen gehören eigentlich nicht zu den Wikingern.

4) Druiden: diese gehören eher in die keltische Vorstellungswelt, etwa bei den Walisern (und den Galliern). Sie spielen eine Rolle in einigen Sagen (z.B. Merlin in der Artussage).

Ich denke, dass diese Sache (Zauberei) bei den Wikingern ambivalent war. Einerseits versuchte manch einer, solche "Künste" zu "nutzen", andererseits gab es aber auch damals schon Leute, denen das alles nicht wirklich geheuer war. Manche Praktiken (wie die Weissagungen) oder (meist weibliche) Heilungszauber galten wohl auch als weitgehend "normal".

Frank436  26.08.2021, 20:56

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Trägt nicht zur Beantwortung bei, aber da es Teil der Frage war: Im Christentum hat sich im Hexenglauben auch eine Wandlung vollzogen: zunächst lehnte das Christentum die Vorstellung ab, das "Hexenzauber" möglich ist, da Übernatürliches sich allein in Form von Wundern ereignet. Der Glaube an Hexen wurde abgelehnt. Es gibt z.B. einen Fall, in dem Menschen auf eigene Faust 3 Frauen wegen Hexerei getötet und verscharrt hatten. Diese wurden daraufhin wegen Mordes gerichtet, während die Leichen der drei Frauen ausgegraben und in geweihter Erde bestattet wurden. Im Spätmittelalter änderte sich das langsam, die Hexenprozesse waren dann eher ein Phänomen der frühen Neuzeit (und regional sehr unterschiedlich ausgeprägt). Ob hier das Christentum schrittweise vorchristliche Überlegungen übernommen hat, oder ob die Menschen nach den Pestwellen paranoid wurden (Pandemien scheinen wir kollektiv ja nicht gut wegzustecken), kann ich nicht sagen.

Ganz sicher glaubten sie an Magie, z.B. in Gestalt von Heilpflanzen. An Hexen nach heutiger oder spätmittelalterlicher Sichtweise werden sie wohl nicht geglaubt haben, wohl aber an Heilkundige. Und solche Menschen zu töten, wäre doch total dämlich gewesen.