Warum ersetzen Querflöten die Blockflöten im Orchester?

6 Antworten

Falsche Frage.

  1. Die Querflöte ist die Weiterentwicklung der Traversflöte, nicht der Blockflöte.
  2. Blockflöte und Traversflöte waren in der Barockzeit Soloinstrumente, keine Orchesterinstrumente.
  3. Die Traversflöte ist mit ihrer speziellen Tonbildung ein sehr zartes Instrument und somit als Orchesterinstrument nicht geeignet. Da man jedoch diese Klangfarbe im Orchester wünschte, hat man die deutlich kräftigere Querflöte entwickelt - für die Verwendung im Orchester und als Soloinstrument.

Alle bisherigen Antworten sind übrigens auch mehr oder weniger falsch.


filmfan69  25.03.2021, 12:02

Auch wenn es schon lange her ist: zu 3: Ich würde dir zustimmen, dass die Traversflöte für ein modernes symphonisches Orchester nicht unbedingt geeignet ist. Für ein Barockorchester hingegen ist sie der Normalfall. Ich finde, z.B. die Pastorale oder die Hirten-Arie im zweiten Teil von Bachs Weihnachtsoratorium, das geht gar nicht mit Querflöte. Das kann ich nur mit Traversflöte gut hörend ertragen. Ebenso die Orchestersuite in h-moll BWV 1067.

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Arlecchino  25.03.2021, 13:16
@filmfan69

Ja, aber in den von Dir genannten Fällen ist sie Solo-Instrument.

Ich kann mir Bach auf einer Querflöte auch gut vorstellen. Das störende ist doch weniger die Klangfarbe des Instrumentes als die Tongebung der Spieler. Wie kaum ein anderes Instrument wird die Querflöte mit starkem, permanenten Vibrato gespielt. Das ist, was zur Alten Musik nicht passt.

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Hallo Lena44524444!

Blockflöten klingen natürlich nicht beschissen, wenn jemand sie spielen kann. Aber die Querflöten sind lauter, haben einen größeren Umfang und sind leichter zu intonieren.

Gruß Friedemann


filmfan69  18.04.2020, 10:15

Ich finde auch nicht, dass sie beschissen klingen, aber viele finden das - de gustibus non est disputandum. Mir sagte mal ein Blockflöten- und Orgelhasser: die Orgel, ne einzige Ansammlung von Blockflöten 😂hat mich als Orgelfreund amüsiert, obwohl ich’s für Unsinn halte.

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Ja- mir ist bewusst dass die Frage 1 Jahr alt ist. Aber vielleicht liest es ja mal noch jemand, wer weiß.

Das ist eine Schulfrage- und wie viele Schulfragen geht es eigentlich eher darum was im Lehrmaterial behauptet wurde bzw. was man hören will.

In diesem Fall liegt die Schulweisheit aber überwiegend falsch.

Was man vermutlich hören will:

1. die Querflöte ist lauter und passt deshalb besser in das Orchester

2. die Querflöte kann mehr Dynamik (laut und leise) und ist deshalb ausdrucksstärker und moderner

3. die Querflöte hat einen größeren Tonumfang

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Was stimmt inwiefern? Und was sind die tatsächlichen Gründe?

Die Querflöte hat die Blockflöte zwischen ca. 1700 und 1750 verdrängt.

Dazu muss man bedenken, dass die Querflöte, die tatsächlich im frühen 18. Jahrhundert mit der Blockflöte in Konkurrenz stand, nicht die heutige Flöte ist (das silberne Ding mit den vielen Klappen) sondern die barocke Querflöte, die Traversflöte. Eine enge hölzerne Flöte mit oft nur einer Klappe.

Gucken wir also die 3 naheliegenden Gründe an.

1. Falsch, die Querflöten und Blockflöten des frühen 18. Jahrhunderts waren ähnlich laut

2. Nicht komplett falsch, aber eher ziemlich unbedeutend ist dieser Unterschied. Laut ist eine barocke Querflöte sowieso nicht, und Dynamik ist auch nicht die Stärke der modernen Querflöte

3. Das ist nicht von der Hand zu weisen, aber nicht so drastisch. Die barocke Traversflöte hat einen etwa um eine Terz größeren Tonumfang als die Blockflöte, aber das ist nicht besonders viel. Trotzdem kann das in gewisser Weise einflussreich gewesen sein, weil die barocke Querflöte mit dem tiefsten Ton d' immerhin die höchsten 3 Saiten der Geige komplett abdeckt.

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So. Was waren dann die Gründe?

4. der Hauptgrund: Die Blockflöte ist aus der Mode gefallen. Die Leute mochten einfach so den Klang nicht mehr. Der Klang der Blockflöte ist relativ mechanisch und nicht so weich und durch den freien Ansatz formbar wie der der barocken Querflöte, besonders in der hohen Lage. Das hatte vorher niemanden gestört und ist kein objektiver Grund die Blockflöte schlecht zu finden- taten die Leute damals aber- Mode eben. Die Querflöte/Traversflöte wurde einfach für schöner befunden.

Nebengründe:

a) Schon die Querflöte ohne Klappen ist ein bisschen beweglicher in der Wahl der Tonart. Nicht im Prinzip, aber letztendlich... bei der Blockflöte sind Tonarten mit vielen Vorzeichen ohne Klappen quasi zufällig relativ gedämpft, bei der Querflöte auch, aber da der Querflötenton sowieso etwas "schwammig" ist ist es das bessere Instrument für alle Tonarten.

b) Die barocke Querflöte ist austauschbarer mit der Violine als es die Altblockflöte ist wegen des ähnlicheren Tonumfangs. Das erlaubt es in erster Linie, Werke für Violine oder Querflöte herauszugeben und erleichtert nebenbei das selbstverständliche Mitspielen von barocken Querflöten im Orchester. Blockflöten wurden zwar definitiv bis nach 1700 im Orchester benutzt zusammen mit den Violinen, aber dass die normalen Altblockflöten keinen Ton unter f' hervorbringen können stört schon ein wenig.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – in der Schule haben wir Lieder gesungen (z.B. über Ponys)

Blockflöten sind rein diatonische Instrumente, dh eine gegebene Blockflöte kann nur eine Tonart (und mit ein paar Tricks manche Töne aus den Nachbartonarten).

Ein Orchester, das moderne Stücke (also jünger als die Renaissance) spielt, braucht aber chromatische Instrumente, die alle Tonarten können. Die Traversflöte mit Klappen konnte das schon ganz gut, aber die heute bekannte Querflöte mit dem Böhm-Klappensystem ist darin perfekt.


filmfan69  18.04.2020, 09:34

Bist du sicher, dass das der Grund ist? Ich habe in meiner Jugend oft am Cello mit einer Blockflötenspielerin Barockmusik gespielt (Händel, Telemann, Couperin etc) Ganz abständige Tomaten wie fis Dur oder b-moll haben wir tatsächlich nicht gespielt. Aber gängige Tonarten wie C-Dur, F-Dur, G-Dur, D-Dur, Es-Dur, A-Dur und entsprechende Paralleltonarten konnte sie immer problemlos auf der selben Flöte spielen. Hat die Seltenheit der Blockflöte im Orchester nicht eher mit ihrem geringen Klangvolumen, besonders in der Tiefe, tun?

Und die Traversflöte kann doch immerhin die gesamte Barockmusik.

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hologence  18.04.2020, 09:56
@filmfan69

B bis A sind Nachbartonarten von C. Barock geht gut, Beethoven wird schon schwierig, Wagner geht gar nicht mehr.

Wenn das Volumen eine Rolle spielt, warum gibt es dann Harfen im Orchester?

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filmfan69  18.04.2020, 09:59
@hologence

Weil hinter einer Harfe ganz anders „Bums dahinter” ist als einer Blockflöte

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hologence  18.04.2020, 10:07
@filmfan69

ich höre die Harfe nie im Orchester - nicht gegen drei Kontrabässe (was den Bums angeht), ebenso wie es Flöten nicht mit Doppelrohrblatt-Holzbläsern und Blechbläsern aufnehmen können. Ein geschickter Komponist verteilt die Instrumente so, dass sie sich in ihrem Register nicht auf die Füße treten, und das würde sogar Bockflöten eine Chance geben. Aber der letzte, der das geschafft hat, war Carl Orff.

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filmfan69  18.04.2020, 11:17
@hologence

Ich höre die Kontrabässe auch fast nie (vielleicht der alte fight von Celli und Bässen). Aber für mich ist das Geheimnis der Bässe immer dies: man hört sie nicht, wenn sie da sind, hört es, wenn sie da sind. Harfen haben oft tolle Auftritte, zB im ersten Satz des Brahms-Requiems - die Blockflötisten, mit der ich früher musizierte, faszinierte mich mit ihrer spielerischen Eleganz: Bach E-Dur, auf dem Cello keine leichte Tonart, aber sie spielte da leichtfüßigst ihre Koloraturen. Später hab ich’s dann aber mal zusammen mit einer Traversflöte gespielt, das fand ich schöner, wärmer und voller im Klang.

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schmidtmechau  18.04.2020, 18:50

Hallo hologence!

Es braucht keinerlei Tricks, sondern nur eine gute Grifftabelle, dann kann man mit jeder besseren Blockflöte jede Tonart spielen. Übrigens sind die Querflöten natürlich auch, wie jedes andere Blasinstrument diatonische Instrumente. Und für alle Halbtöne gibt es Extragriffe. Die Große Querflöte steht in C, die Altflöte in F usw.

Gruß Friedemann

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Wegen des größeren Tonumfangs und der höheren Lautstärke.