Kernfusion Atommüll?

1 Antwort

Von Experten Commodore64 und Ralph1952 bestätigt

Kein Atommüll bei Kernfusion ist nicht ganz richtig. Das Deuterium und das Helium 3 bzw. 4 sind zwar definitiv kein Atommüll, des Deuterium und das Helium 3 kann als Brennstoff genutzt werden und das Helium 4 ist nicht radioaktiv, aber die entstehenden Neutronen werden vom Torusmantel absorbiert um dort Wärme zu erzeugen, die dann zur Stromproduktion genutzt wird, und aktivieren dabei die Eisenatome des Mantels. Aber die entstehenden Mengen und die Halbwertszeiten liegen um mehrere Zehnerpotenzen unter denen der Kernspaltung.

Hör dir mal das hier an

https://resonator-podcast.de/2013/res021-fusionforscherin-ursel-fantz/

Commodore64  09.02.2024, 12:13

Korrekt.

Alles was der Strahlung ausgesetzt wird verändert sich mit der Zeit. D.h. die Teile des Reaktors die der Strahlung ausgesetzt sind "brüten" dann andere Elemente aus, einige davon sind dann radioaktive Isotope.

Es bleibt zwar kein gefährlicher Restbrennstoff übrig, aber es entsteht immer noch Atommüll und der Reaktor selber wird ebenfalls zu Atommüll.

Natürlich nicht in den Mengen wie bei Kernspaltung, aber Atommüllfrei ist die Kernfusion nicht.

Aber wenn man das noch strenger sieht, Kohlekraftwerke erzeugen auch radioaktive Emissionen, denn Kohle ist auch ein klein-wenig radioaktiv und das verbrennen setzt dann die Isotope in der Luft frei.

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Waterfight 
Fragesteller
 09.02.2024, 20:21
@Commodore64

Aber wieso entsteht Atommüll wenn gar kein Uran oder Plutonium verwendet wird? Aus wasser kann doch nichts gefährliches entstehen.

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HansWurst45  09.02.2024, 21:33
@Waterfight

Bei den auf der Erde erreichbaren Drücken und Temperaturen ist die direkte fusion von ²H + ²H -> He nicht möglich. Es wird erst aus 2 H ein Deuterium fusioniert aus den Deuterium mit einem weiteren H eine Tritium und die dann zu einem He. Dabei bleibt ein Neutron übrig, das man freudig erregt in Empfang nimmt, denn es bringt die freiwerdende Energie aus der magnetischen Flasche des Tokamak bzw. Stellerators heraus, weil es als neutrales Teilchen nicht von den Magnetfeldern abgelenkt wird. Das Neutron prallt auf die Stahlwand des Gehäuses und wird von einem der Eisenatome darin absorbiert, was die Wand warm macht und das Eisen um ein Neutron bereichert. So werden aus einigen der natürlich vorkommenden Eisenisotopen welche mit 33 statt 32 Neutronen (59FE statt 58Fe). Das Zerfällt dann mit einer Halbwertszeit von rd. 44 Tagen in das stabile Element Kobalt. Die dabei entstehende Beta-Strahlung lässt sich recht gut abschirmen und den Zerfallsenergie trägt zur nutzbaren Wärme bei. Es könne zwar auch andere Eisenisotope entstehen, die sind aber entweder selber stabil und warten auf das nächste Neutron oder haben eine so lange Halbwertszeit, das sie bevor sie sich entschließen zu zerfallen ein weiters Neutron einfangen und am Ende auch bei 33 Neutronen rauskommen.

Die Kernfusion ist also nicht Atommüllfrei, aber der entstehenden Atommüll entsorgt sich entweder innerhalb von wenigen Jahren selbst oder besteht aus (leicht radioaktivem) Eisen, aus dem man, wenn man einen Fusionsreaktor demontiert einfach einen Neuen baut. Da stört das langlebige Isotop 55Fe mit 29 Neutronen nicht und wird bei weiterem Neutroneneinfang ein nicht radioaktives (stabiles) Eisenisotop 56FE mit 30 Neutronen.

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Commodore64  10.02.2024, 02:33
@Waterfight
Aber wieso entsteht Atommüll wenn gar kein Uran oder Plutonium verwendet wird? Aus wasser kann doch nichts gefährliches entstehen.

Plutonium gibt es ja auch nicht das entsteht in dem Uran einer starken Neutronenstrahlung ausgesetzt ist. Hier handelt es sich um eine Fusion von Atomen durch Energiezufuhr.

vereinfacht gesagt, alles unter der Ordnungszahl von Eisen erzeugt Energie wenn man es fusioniert und alles darüber erzeugt Energie wenn man es spaltet. Eisen ist dabei das stabilste Element, das gibt keine Energie ab wenn man es spaltet oder fusioniert, es braucht Energie um das zu tun.

Gibt man aber Energie hinzu, vor allem durch Neutronenstrahlung, dann kann Eisen fusionieren oder sich spalten. Zwar entstehen dann bevorzugte Elemente die wie HansWurst45 schrieb sehr schnell zerfallen und harmlos werden, aber es entstehen auch ganz viele andere Stoffe.

Das gefährlichste an einem Atomunfall sind "Zeug" wie Cäsium, Strontium, Polonium und radioaktives Jod. Hoch giftig und wird gezielt von Lebewesen aufgenommen denn deren chemische Eigenschaften ähneln wertvoller Elemente die man zum Leben braucht. Das Zeug bleibt sehr lange in der Nahrungskette und zerfällt nicht so schnell.

Auch die entstehen bei Kernfusion, allerdings in erheblich geringeren Mengen da das Ausgangsmaterial sehr unwahrscheinlich zu so etwas wird. Bei Kernspaltung ist die Wahrscheinlichkeit das diese Elemente entstehen sehr hoch.

Das beunruhigendste an der Sache ist, dass es Grenzwerte gibt wie viel von dem zeug in der Umwelt als unbedenklich gilt. Sind die Mengen klein genug, werden die ignoriert. Dabei haben die in der Umwelt gar nichts zu suchen, denn die gibt es in der Natur nicht (mehr seit hunderttausenden Jahren). Das ist dann wie mit Schwefeldioxid. Hat man ignoriert da kleine Mengen ja nicht schädlich sind. Nur gab es dann so viele Fabriken, Kraftwerke und Verbrennungsmotoren dass die Menge in der Umwelt plötzlich extrem schädlich wurde. Werden sehr viele ach so harmlose Fusionsreaktoren weltweit benutzt, dann wird das zum Problem. Wie mit den Autos. Ein paar Tausend spielen keine Rolle. Aber hunderte Millionen richten dann doch einen erheblichen Umweltschaden an.

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