Kann man beim Aikido nur die Stab-Techniken erlernen.?

5 Antworten

Ich selbst trainiere Aikidô seit einigen Jahren und äußere mich mal dazu:

Grundsätzliches

O-Sensei Morihei Ueshiba hat viele Bewegungskonzepte seiner unbewaffneten Techniken aus dem Umgang mit Waffen, wie Schwert und Speer abgeleitet.

Heutzutage müssen diese Konzepte (wie Aiki, Irimi, Tenkan, Sabaki, Ma-ai) zunächst einmal von den Schülern verinnerlicht werden - die Bewegungen sollen natürlich und flüssig, mit richtiger Distanz und Timing erfolgen.

Erst wenn diese "aikidô-typischen" Konzepte und Bewegungen sitzen, macht es Sinn, diese auch auf die Handhabung mit Waffen zu übertragen - schon alleine aus Sicherheitsgründen ist das erforderlich.

Jemand, der nicht ausweichen, abrollen und fallen kann, wäre zB bei einem Schwertangriff ernsthaft gefährdet, wenn die Entwaffnung nicht gelingt. Dass ein guter Trainingspartner nicht übertrieben kooperiert, dürfte klar sein.

Somit ist es durchaus sinnvoll, dass die meisten Vereine erst auf der Beherrschung von unbewaffneten Techniken beharren, bevor das Training mit den Übungswaffen folgt.

Verwendung im unbewaffneten Training

Weil aber bestimmte Ideen und praktischen Aspekte der unbewaffneten Techniken von Waffenstilen beeinflusst wurden, kann es durchaus sein, dass ein Lehrer mal ein Bokuto (Holzschwert) herausholt, um dies zu zeigen.

So basiert zB die unbewaffnete "tegatana" (Schwerthand) auf der Führung einer Klinge, so dass eine kurze Demonstration diesbezüglich das Verständnis verbessern kann.

Das bedeutet, dass der Lehrer die Schwerttechnik zeigt und dann womöglich in einer kurzen Partnerübung das Nachvollziehen erlaubt. Das hängt jedoch vom pädagogischen Stil des Lehrers ab.

Für Fortgeschrittene werden dann auch zusätzliche Trainingsstunden angeboten, in denen primär "Bukiwaza" (Waffentechniken) geübt werden. Das ist dann meist auch auf dem Stundenplan des Vereins vermerkt.

Stile und Lehrer

Die verschiedenen Stile des Aikidô haben unterschiedliche Schwerpunkte, die Aspekte wie Philosophie, Selbstverteidigung, Waffentechniken usw. auf verschiedene Weise vermitteln und eigene Akzente setzen.

Daher sind beispielsweise für die Iwama-Stile des Aikidô die Bukiwaza mit Schwert, Stab und Tanto ganz grundlegende Elemente, während sie in anderen Aikidô-Traditionen nicht so stark betont werden.

Das kann man aber andererseits absolut nicht generalisieren - es gibt auch im Aikikai sehr qualifizierte Lehrer mit guten Kenntnissen in Waffentechniken. Nicht zuletzt kommt es auch auf die eigenen Lehrer im Verein an.

Fazit

Kein verantwortungsbewusster Lehrer wird seinen Schülern isoliert ausschließlich Waffentechniken beibringen, wenn diese keine solide Grundlage der unbewaffneten Techniken vorweisen können.

Diese Grundlagen zu verinnerlichen benötigt bereits einige Jahre, so dass man nicht darauf hoffen sollte, als Anfänger gleich eine Übungswaffe in die Hand gedrückt zu bekommen.

Aikido ist mehrheitlich ein waffenloser Stil, was auch dem Grundgedanken dieser Kampfkunst entspricht:

https://www.gutefrage.net/frage/welche-kampfsportart-gefaellt-euch-und-warum-welche-macht-ihr?foundIn=list-answers-by-user#answer-202694589

Diese Herangehensweise ist aber auch vom Standpunkt des Realismus sinnvoll - denn im Ernstfall hat man nicht unbedingt einen Regenschirm, eine Zeitung, oder einen Ast zur Hand, mit der man eine Waffe improvisieren könnte.

Seine Arme und Beine hat man in der Regel aber immer dabei, so dass eine Verteidigung auch ohne Einsatz von Hilfsmitteln möglich ist.

Wer primär an Waffentechniken mit Schwert und Stab interessiert ist, sollte womöglich auch einen Blick auf andere Stile, wie etwa Jôdô (杖道) werfen.

Woher ich das weiß:Hobby – Seit etwa 40 Jahren Training des Aikido

KachiKime  19.09.2017, 13:59

Sehr gut. Nur ein wenig kürzer, reicht bestimmt auch  :  )

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Wenn Du Aikido erlernst, ist Aiki-Jo elementarer Bestandteil des Unterrichs, ebenso wie Aiki-Ken, die Arbeit mit dem Holzschwert, dem Bokken. Im Aikido-Unterricht lässt auch kein Lehrer diese technischen Bereiche weg, denn sie sind unerlässlich, um Aikido technisch zu durchdringen und eine technische Meisterschaft zu erlangen.

Ich kann mir persönlich nicht vorstellen, dass Aiki-Jo isoliert unterrichtet wird, nirgends.

Allerdings kann man Jo-Do, den klassischen Stockkampf, durchaus ohne Aikido erlernen, denn es ist ein Kampfkunst-System für sich. Es wird in der ursprünglichen Ausprägung als Abwehr gegen Schwertangriff angewandt. Und natürlich ist es als Stockkampf absolut tauglich auch gegen andere Angriffsformen. Schliesslich ist das Jo ein Instrument, wie eine Schreibfeder auch. Man kann Romane oder Musik-Partituren schreiben, Prosa oder Lyrik.

Woher ich das weiß:Hobby – betreibe seit bald 30 Jahren Aikido; 4. Dan-Grad

Wie enzylexikon bereits schön erklärte: Nein.

Bedenke auch, dass in Fernsehserien oder im Kino keine reale Kampfkunst gezeigt wird. Das sind Kampfchoreographien, bei guten Leuten mit realistischen Elementen, weil es heute etliche Schauspieler gibt, die eigene Erfahrungen in Martial Arts haben. Für solche Leute kann der Fight Director dann auch anspruchsvollere Kampfsequenzen planen.

Wenn du nun nur Stockkampof erlernen möchtest, dann wird das knifflig. Zwar gibt es Jodo, die Kunst des japanischen Kampfes mit dem Stock gegen ein Schwert, aber das sind "nur" Formen, zudem hat das nichts mit realistischer Anwendung zu tun.

Im Wing Tsun gibt es Waffentechniken, die werden aber erst Fortgeschrittenen vermittelt, waffenloser Kampf dort, genau wie enzylexikon es für Aikido erklärte, vorrangig.

Was in etwa in die Richtung geht, die dir vermutlich vorschwebt, ist Kali. Schau dich mal in der Region um, ob du eine Kali-Gruppe findest. Hier ein Video über Kali:

https://youtube.com/watch?v=BtjAdhKlgTs

Und nur mal so habe ich dir hier noch ein Video mit Kampfsequezen mit Caity Lotz verlinkt. Aus wikipedia: "Lotz is a martial artist, with some training in taekwondo, wushu, Krav Maga, kali martial arts and muay Thai. She is also a practitioner of parkour and tricking." Die Schauspielerin, Tänzerin und Kampfsportlerin ist aber auch ständig (!) mit Training beschäftigt. Wenn sie dreht, wird nebenher trainiert, ist Drehpause, arbeitet sie an ihren Skills. Solche Leute sind Vollprofis, da habe ich allergrößten Respekt vor.

https://youtube.com/watch?v=SXyI6p8iF5o


CharliePace  19.09.2017, 17:08

Gefällt mir die Frau. Wenn Frauen sonst kämpfen, müssen sie dafür immer entweder nackt oder in hautengem Leder kämpfen...

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Da wird sich wohl kein seriöser Lehrer darauf einlassen.

Aber nach erlernen der Grundtechniken und dem ganzheitlichen Konzept kannst du deinen Trainingsschwerpunkt dahingehend lagern.


aram47 
Fragesteller
 19.09.2017, 04:46

Danke.

Ich überlege schon seit längerem mit Aikido anzufangen um meine Verteidigungstechniken zu erweitern.

Beim Aikido interessiert mich vorallem der stock (Bō/Jō). Weil es beim Wing Chun und Boxen so einen Stock nicht gibt, möchte ich gern die Stock-techniken erlernen. 

Der Stock ist eine einfache, felxsibele und vielseitig einsätzbare Waffe. :)

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Bei The Walking dead laufen auch untote Menschen rum, die andere beißen und somit auch untot machen.

Außerdem hat es in TWD der gute Herr geschafft innerhalb weniger Monate ein Meister des Stabkampfs zu werden. Und das obwohl er vorher ein verrückter Mann war, der sich und jeden anderen töten wollte.

Da Du anscheinend nur daran interessiert bist, zu lernen, wie man jemanden mit dem Stab verprügelt, würdest Du das Training eh nicht durchziehen. Zumal es auch nicht so ist, dass man einfach mal 5 Mordlustige weghauen kann.

In jeder Kampfkunst werden Waffen erst durchgenommen, wenn man den Waffenlosen Kampf zumindest einigermaßen drauf hat.

Nur zum Verständnis: Kampfkunst ist nicht wie im Film dargestellt und benötigt Jahrzehnte des Trainings.

Woher ich das weiß:Hobby – Trainiere jetzt seit ein paar Jährchen WingTsun