Ist es möglich, Tennessee Walker vor dem Soring zu "retten"?

4 Antworten

So blöd es eigentlich ist, mit einem "geretteten" Tier unterstützt man in gewissem Sinne auch eine "Industrie", die ich allerdings noch viel schlimmer finde, als ein Pferd beim vernünftigen Züchter zu kaufen. Der hat sich vor der Anpaarung Gedanken gemacht, achten auf Charakter und Gesundheit der Eltern. Ein Schlachtpferd wird entweder dafür produziert, um letztlich geschlachtet zu werden (z. B. Freiberger/Haflinger), wenn du da einen Absetzer freikaufst, werden deshalb nicht weniger Fohlen produziert.

Verkäufer, die mit "Pferd kommt zum Schlachter" drohen, versuchen möglicherweise damit, über einen Mitleidkauf mehr Geld als vom Schlachter rauszuschinden und die Pferde, die möglicherweise wirklich zum Schlachter sollen, sollen dort oft auch aus gutem Grund.

Ich habe einen Mix daheim. Würde ich heute nie mehr wieder kaufen. Damit habe ich nämlich (leider) wirklich einen Menschen unterstützt, der halt einfach Hengst und Stute Nachwuchs produzieren hat lassen, um damit Geld zu machen. Gesundheitliche Probleme durch vererbbare Krankheiten kaufst du damit mit und der Charakter solcher Pferde ist häufig auch eher zweifelhaft. Es ist erstaunlich, wie oft ich in dem Ausbildungsstall, in dem unsere Pferde stehen, mitkriege, wie sich der Trainer über charakterliche Misstände wundert und dann der Besitzer ein trockenes "ja die Mutter/Vater war genauso" von sich gibt. Gezüchtet wurde dann übrigens entweder, weil man von der Mutterstute unbedingt noch ein eigenes Fohlen wollte, oder aber weil die Farben des Nachwuchses so toll zu werden versprachen. Ich kenn - eben durch diesen Ausbildungsstall - einen Haufen Leute, deren Pferde ich nicht mal geschenkt haben wollte, weil es eben von solchen Käufen stammen und ich mir definitiv bewusst bin, dass ich mit meinem Pferd eher aus Zufall wirklich noch Glück hatte.

Also, wenn ein Pferd, dann wirklich lieber vom vernünftigen, verantwortungsbewussten Züchter. Damit gibtst du dein Geld wenigstens jemandem, der sich mit der Zucht auseinandergesetzt hat und nicht nur wegen der schnellen Kohle mal ein Fohlen produziert.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Um ein Pferd aus den USA einzuführen, egal welche Vorgeschichte es hat, musst du massenhaft Auflagen erfüllen, Gesundheitsnachweise vorlegen und nicht zuletzt richtig viel Geld für den Transport im Flugzeug bezahlen. Das ist ein riesiger Aufwand, organisatorisch und finanziell gleichermaßen!

Zudem dürfte ein Pferd, mit dem dieses Soring veranstaltet wurde, wahrscheinlich besser mit einer Einschläferung bedient sein - so traurig und hart das auch klingt. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieses Pferd in einem vertretbaren Zeitraum wieder so schmerzfrei wird, dass man dabei von Retten anstatt von anhaltender Quälerei sprechen könnte...

Und dann auch wieder das Thema Flug - soll das Pferd mit den schmerzenden Hufen echt mehrere Stunden am Stück im Flugzeug stehen? Inwiefern ist das aus tierschutztechnischer Sicht vertretbar?

Und was bei jeder Pferderettung ebenfalls unbedingt bedacht werden sollte: gerettete Pferde kosten richtig viel rund um die tierärztliche Behandlung und erfordern auch von dir als Halter enormes Fachwissen, damit sie wieder gesund werden können.

Zudem steht dann immer noch die Möglichkeit im Raum, dass dieses Pferd nie wieder so fit wird, dass du es ganz klassisch reiten und somit auf die "übliche Art" trainieren und bewegen kannst. Auch hier wird dann enormes Fachwissen nötig, damit du dieses Tier auf die zu seinen Problemen passende Art geistig auslastest und körperlich so forderst und förderst, dass Schmerzen und weiteren Problemen vorgebeugt wird.

Pferderettung ist also nichts, was mit dem Kauf eines Pferdes mit übler Vorgeschichte erledigt ist, sobald es in einer hübschen, sauberen Box steht und ein prall gefülltes Heunetz vor der Nase hängen hat. Sowas sollte man echt nur tun, wenn man überblicken und bezahlen kann, was das wirklich bedeutet und nach sich zieht...

Urlewas  26.01.2019, 12:29

Dem ist nichts hinzuzufügen!

Höchstens: auch ein beim Züchtergekauftes Pferd ist, wenn du es richtig behandelst, in gewisser Weise ein gerettetes Pferd. Denn du bewahrst es ja davor, in schlechte Hände zu geraten.

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Deine Beweggründe in allen Ehren, aber Schlachtpferde sind idR nicht ohne Grund Schlachtpferde! Ich habe oft genug erlebt, dass sich Leute damit völlig übernommen haben, weil sie die exorbitanten TA-Kosten nicht mehr stemmen konnten oder eigentlich von Anfang kein Geld dafür hatten. Aber das Pferd war halt billig. Und Yeah, "gerettet" ... da steht es dann. Unter Drogen oder unter Schmerzen. Oft auch beides.

Letztlich landet dann oft genug solch ein armes Tier doch wieder beim Schlachter. "Durfte" aber vorher nochmal als Wanderpokal die Runde machen. Super!

Also verabschiede dich auf jeden Fall von irgendwelchen romantischen Vorstellungen, dies betreffend. Wenn du nicht wirklich Zeit u. Geld für ein solches Tier hast u. Selbst damit ist es in vielen Fällen nicht getan. Da ist es einfach besser, das Tier zu erlösen.

Ein Pferd aus USA zu importieren kostet dich mal richtig viel Geld, inkl. Pferd sicher im 5stelligen Bereich u. ist ein mega Aufwand mit Zoll, Einfuhr, Steuer, etc. pp. Zudem würde ein Pferd, welches Soring hinter sich hat, mit ziemlicher Sicherheit keine 15 - 20 h Transport überstehen! Wie stellst du dir das denn vor? Ob solch ein Tier überhaupt jemals schmerzfrei wird, ist die Frage.

Also überlege dir gut, was du möchtest. Die "Mädchen-rettet-Pferd-vorm-Schlachter-Geschichten u. alles wird gut sind zu 99% nämlich genau das - Geschichten!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Pferdewirtschaftsmeisterin
Urlewas  26.01.2019, 15:44

Ich kenne auch so eines - Trabrennen gelaufen, sollte zum Schlachter. Das Mädel, das ihn gekauft hat, findet sich total toll. Nun such sie ständig Reitbeteiligungen für den Gaul, den man eigentlich nicht vernünftig reiten kann - was sie selbst anders sieht, reitet ihn aber höchstens einmal in der Woche. Und das armeTier „dreht am Rad“, spinnt in der Paddockbox herum und macht dadurch seine Nachbarn mit verrückt...

Aber toll, man hat ein Pferd „gerettet“. Dem Tier würde es wohl auch besser gehen, wenn er an seinem Bestimmungsort gelandet wäre. Jenseits der Regenbogenbrücke würde es ihm vermutlich besser gehen...

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Hjalti  26.01.2019, 15:51
@Urlewas

Armes Tier! Und wichtig, dass man sich da auch noch rauf setzt... :(

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Urlewas  26.01.2019, 16:03
@Hjalti

Hab ich gemacht. Geht schon, wäre auch sicher alles besser für das Pferd als rumzustehen. Nur ist es in der Halle natürlich nix mit dem Gleichgewicht, und um und Gelände zu kommen, muß man erst durch den Ort, wo das Pferd rückwärts rennt, wenn ihm was nicht passt. Lebensgefährlich! Ich habe der jungen Dame dann angeboten, das Pferd ein wenig in der Halle zu reiten, bis sie jemand passenderes findet, aber natürlich nichts zahlen. (Und dachte im stillen, die sollte mir eigentlich das Spritgeld ersetzen...). Ihre Antwort: „Ne, der hat genug Bewegung, mir geht es nur ums Geld!“ Ich war fassungslos.

“gerettet“???

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HappyMe1984  26.01.2019, 18:18
@Urlewas

Ich hab die Steigerung dieser Geschichte erlebt: ausgemusterte Traber, die vom Stallbesitzer als billige Schulpferde (!!!) eingekauft wurden! Ich denke, du kannst dir vorstellen, wie massiv DAS erst in die Hose ging... Naja, in dem Stall war ich entsprechend nicht lange...

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das "retten wollen" ist immer so eine Sache. Klar ist es schön, wenn man einem Pferd ein besseres Leben ermöglicht und es aufblühen sieht (auch wenn selbst das oft fraglich ist und nicht nur einen Haufen Geld und Erfahrung bedarf sondern auch ein Pferd, welches wirklich noch zu retten ist).

Oft unterstützt man mit solchen Aktionen allerdings nur die Tierquäler und Profitgierigen. Die schmeißen dir nämlich eher selten ein Pferd für den Schlachtpreis hinterher (warum auch- könnten sie es ja ebenso gut an den Schlachter geben). Meist verlangen die dann um einiges mehr und was machen sie mit dem Geld? Richtig - neue Pferde kaufen, die dann natürlich genauso behandelt werden. Da gibt's anscheinend schon viele, die aus dem Mitleid der "Möchtegernretter" bewusst Profit schlagen...

Quälen tun solche Leute normalerweise nicht aus Spaß an der Freude sondern aus Profitgier. Also hilft es am meisten, wenn man sowas finanziell nicht mehr unterstützt sondern von guten, reellen Züchtern kauft, wo es vielleicht auch mal etwas teurer werden kann aber dem Pferd dafür beste Lebensbedingungen geboten wurden. Zusätzlich hat man dann mehr Spaß mit dem Pferd und im Durchschnitt mit weniger Folgekosten zu rechnen.

Wie schon gesagt wurde, ist auch die Einfuhr aus den USA ein riesen Theater und mit Unmengen an Kosten verbunden.