Hassen wir uns Selber?

4 Antworten

Hi Tobias,

spannende Frage, auf die eine Antwort zu finden gar nicht so leicht ist.

Selbsthass ist tatsächlich ein anerzogenes Phänomen. Kinder kommen nicht mit Selbst- und Fremdenhass auf die Welt. Das wird einem leider durch die Eltern und das weitere Umfeld anerzogen.

Ich habe auch noch eine Frage an dich: Was verstehst du unter "Patriotismus"? Du verweist so klar auf den Unterschied zwischen Patriotismus und Nationalismus, aber Patriotismus bedeutet ja erstmal "Liebe zum Vaterland", z. B., dass man stolz auf seine Herkunft ist. Das macht einen noch lange nicht rechts. Wenn damit allerdings unter anderem eine Verachtung anderer Ethnien und ein krankhafter Fokus auf "traditionelle Werte" einher geht, dann wird es schwieriger. Folgendes Zitat finde ich da sehr passend: „Ein Patriot ist jemand, der sein Vaterland liebt. Ein Nationalist ist jemand, der die Vaterländer der anderen verachtet. “

Das größte Problem, was auch viel Hass schürt, ist der Egoismus einzelner. Das durchsetzen Wollen eigener Interessen - und alle, die den eigenen Interessen entgegenstehen, werden angegangen. Die Klimakrise ist ein gutes Beispiel dafür: Es ist einfacher, auf andere zu zeigen, als sich mit sich selbst zu befassen und einsehen zu müssen, dass Klimawandel zwar auch eine Entscheidung der Politik ist, wir aber als Summe vieler Individuen viel bewegen kann.

Unzufriedenheit und Egoismus sind Gift für eine Gesellschaft. Das wird weitergegeben und sorgt für Hass und Spaltung in der Gesellschaft. Wenn du unzufrieden bist, bist du viel empfänglicher für Meinungen und Äußerungen, die in dein Weltbild passen, die dir versprechen, deine Probleme zu lösen. Die AfD, FDP und CDU beispielsweise nutzen diese Lage der kollektiven Unzufriedenheit bei den Bürger:innen stark aus und versprechen Dinge, die zu denen im eigenen Wahlprogramm konträr sind. Es wird gegen andere Parteien gestichelt, um von sich selbst abzulenken. Die Politik hat also auch einen großen Einfluss auf die Stimmung im Land und die Politiker spielen Gruppen gegeneinander aus (z. B. Geringverdienende und Sozialhilfeempfangende).

Du hast durchaus Recht damit, dass in einem Land unterschiedliche Meinungen existieren dürfen und diese auch frei geäußert werden dürfen. Das sind wichtige Errungenschaften der Demokratie. Tatsächlich ist es aber keine Meinung mehr, wenn Beleidigungen oder die Verbreitung falscher Fakten hinzutreten.

Also: Wir hassen uns selbst, weil andere uns hassen. Und wir hassen andere, weil wir selbst uns hassen (bzw. mit uns selbst im Unreinen sind). Menschen, die mit sich gänzlich im Reinen und zufrieden sind, tragen keinen Hass in sich. Hass gegenüber anderen sagt mehr über den Hassenden als über die Gehassten aus.

LG

Tobekk 
Fragesteller
 14.02.2024, 12:22

Hey,

ich finde die Antwort super zusammen gestellt und ich werde mir da auch weitergehend gedanken machen zu dem ganzen um meine Meinung weiterzubilden.

Als Antwort auf deine Frage:

Genau diese Zitate habe ich auch bereits gesehen und die fand ich auch sehr gut passend zu meiner Einstellung.

Unter "Patriotismus" verstehe ich verschiedene Dinge.

Ich schäme mich nicht wie andere für mein Vaterland und ich liebe es aufgrund verschiedener Punkte zu welchen ich auch in der Schulzeit viele Vorträge gehalten habe um meinen mitschülern meine Meinung zu erklären. Zu diesem Punkte zähle ich zum Beispiel Der stand der Deutschen Wirtschaft in der Welt, die hochwertigkeit des "Made in Germany", unsere weltoffenheit, unsere verschiedenen Landschaften in Deutschland und vorallem unsere Demokratie bzw, dadurch unsere möglichkeit zur freien Meinungsäußerung.

Ich zähle aber auch dazu, dass man sich als Patriot wenigstens mit punkten wie Traditionen und Geschichte auseinandersetzen sollte. Vieles war nicht gut in der Deutschen geschichte, aber der Mensch sollte ja aus seinen Fehlern wenigstens versuchen zu Lernen bzw diese verhindern bevor Sie erneut vorkommen können. Aber die Geschichte zeigt nun einmal auch die Traditionen und die abstammungen bzw verbindungen in der Welt und damit auch die Grundlegenden verhaltensarten die wir unterbewusst besitzen.

Ich habe mich früher mit alldem sehr viel beschäftigt und sehr viele Vorträge über die einzelnen Themen gemacht, da ich für diese Ansicht immer als Rechts oder sogar von einigen als Nazi beschimpft wurde.

Deswegen habe ich auch auf den Unterschied zwischen Patriotismus und Nationalismus verwiesen, da ich mich definitv eher zum Patriotismus einorde und dies verwechslungen damit vorbeugen will.

Um noch ein direkt meine nächsten gedanken dazu zu schreiben :) :

Ich finde dass wenn man sich genauer mit unserem Land beschäftigt und man drüber nach denkt, dass der Großteil der Bevölkerung aus fehlern der Geschichte gelernt hat, man evtl. doch merken sollte, dass wir uns nicht mehr schämen sollten dazu zu stehen das wir deutsche sind (kleine anspielung an den Eurovision, aber auch an die bevorstehnde EM :D).

LG und danke nocheinmal :)

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Sind wir nicht alle im gleichen Land und sollten uns daher nicht selbst bekämpfen...

Du verwechselst "bekämpfen" mit demokratischem Wettbewerb der Meinungen.

Ein Land wo alle an einem Strang ziehen wäre eine Diktatur.

Das der politische Wettbewerb in den letzten Jahren unfair und teilweise unappetitlich geführt wird stimmt natürlich.

Das zu ändern ist dann eine Frage von Stil und Fairness.

Grundsätzlich sollte man hart in der Sache sein, aber fair im Umgang miteinander. Leider nimmt letzteres stark ab.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Langjährige Erfahrung in der Parteipolitik und als Reporter
Tobekk 
Fragesteller
 14.02.2024, 12:00

Du hast super erfasst wo mir einfach die Gedanken wahrscheinlich auch einwenig davon geschweift sind am ende :D .

RIEEEESEN DANK

Und bei dem Thema der fairness.

Sollte diese nicht eigentlich durch unsere Verfassung in einer Demokratie etwas geschützt und somit im Zaun gehalten werden?

Und von einer Diktatur rede ich tatsächlich nicht, sondern von einem grundlegenden Gefühl in uns, dass wir uns nicht mehr schämen sollten zu uns zu stehen, da wir ja uns irgendwo doch alle für dieses Land und diese Demokratie ab einem gewissen Alter entschieden haben.

Falls ich wieder Sachen verdrehe gerne bescheid geben :)

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DieChemikerin  14.02.2024, 12:30
Ein Land wo alle an einem Strang ziehen wäre eine Diktatur.

So würde ich das nicht sehen. Bzw. etwas weiter differenzieren. Denn in gewissen Aspekten (z. B. Klimaschutz) sollten wir alle an einem Strang ziehen. In der Umsetzung des Vorhabens kann wieder diskutiert werden (und wird es auch), aber DASS Klimaschutz betrieben werden sollte, da sollten alle an einem Strang ziehen. Das heißt nicht, dass wir in einer Diktatur leben.

In deiner restlichen Antwort stimme ich dir aber zu.

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Menschen, die zu viel Wohlstand haben aber ihn nicht schätzen, neigen dazu, Probleme zu erschaffen. Unser Gehirn liebt es, Probleme zu lösen und wenn es keine gibt und der Mensch unzufrieden ist, sieht er überall die kleinen Probleme und steigert sich darin rein (siehe alte, unzufriedene Rentner, die sich über deinen Gartenzaun aufregen). Menschen, die mit sich und ihren Umständen zufrieden sind und ihre Privilegien schätzen, haben es nicht nötig, ihre Mitmenschen und Fremde runterzuziehen. Das Denken des Einzelnen zerstört die Gemeinschaft. Die meisten sind nur noch auf sich selbst und ihre Ängste konzentriert und ekeln sich unbewusst vor Empathischem Denken.

Es sind aber zum glück nicht alle so. Man könnte jetzt an den Problemen der Welt verzweifeln (Krieg, Umweltkatastrophen, Artensterben, Hass ect.) oder sich selbst fragen, was ICH tun kann, um unsere Welt zu einem schöneren Ort zu machen. Das fängt bei der Einstellung an und führt zu mehr Empathie (wobei man für diese eine gewisse Neigung und emotionale Intelligenz haben muss) ;)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – viele Therapiestunden, Trips und verarbeitete Traumata
Tobekk 
Fragesteller
 14.02.2024, 11:49

Echt gut erklärt und das Ende trifft es auch. Dadurch frage ich mich aber auch wieder, sollte dies dann nicht in Demokratischen Staat geschützt werden von der Politik? Ich sage ungern, dass halt sehr gegen die AFD gehetzt wird bzw im allgemeinen gegen den "Rechten Bürger", da mir noch nicht aufgefallen ist wie gegen eine Linke oder Linksrextreme Meinung so in den Medien gehetzt wird, aber grundlegend Verletzten wir doch dabei dann alle unsere Demokratie und damit unsere Meinungsfreiheit. (Ich will keineswegs irgend etwas schön oder nieder reden hier, sondern nur die Fragen die ich mir durch deine Antwort dann Stelle direkt "aussprechen".)

Und zu dem Thema bessere Welt:

Ich finde jeder kann einen kleinen Beitrag leisten und vielleicht einfach mehr aufeinander achten und nicht sofort kritisieren. Ich versuche es auch jeden Tag erneut und bekämpfe damit auch stück für stück wieder meinen aktuellen Depressiven zustand :).

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deinekleinefee  14.02.2024, 11:58
@Tobekk

Das Problem ist, dass alles sofort politisiert wird und wir aufgehört haben, einander zuzuhören anstatt uns gemeinsam auf die wichtigen Probleme zu konzentrieren. Hauptsache man hat was zu jammern und kann Opfer spielen.

Sehr gut, mir hat es sehr geholfen, jeden Abend aufzuzählen, für was ich alles Dankbar bin (habe selbst depressive Phasen und war auch schon in stationärer BEhandlung). Oder an andere zu denken, ganz nach der Buddhistischen Lehre.

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Tobekk 
Fragesteller
 14.02.2024, 12:40
@deinekleinefee

Das Jammern trifft es gut.

Ich werde demnächst auch auf Station gehen und könnte dadurch auch sehr viel jammern eigentlich, aber ich denke lieber nach und versuche gemeinsam eine Lösung zu finden für dinge und da kommt halt z.B. mein Grunddenken zum Patriotismus bzgl. der Gemeinsamkeit / Einigkeit her. Viele suchen ja auch jammernd nach ihrem deutschen Einigkeitsgefühl und somit fängt sich die AFD ja auch momentan viele Stimmen. Ich finde aber, dass auch eine andere Partei bestimmt für mehr Einigkeitsgefühl bestimmt stehen kann und auch endlich mal punkte hat die ich zum Großteil unterstütze. Aber das ganze eben auf eine normale nachdenkende Art und Weise und nicht verwickelt in Traum Welten oder so.

(Ich weiß gerade nicht ob ich das bereits hier geschrieben habe oder bei einer anderen Antwort, aber ich bin z.B. der Meinung das wir uns doch alle Irgendwo für dieses Land, diese Demokratie und diese wunderschönen Landschaften entschieden haben ab einem gewissen alter und wir dadurch doch auch innerlich alle etwas schönes in diesem Land haben bzw. etwas hier haben worauf man Stolz sein kann oder liege ich da falsch? :D

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deinekleinefee  14.02.2024, 13:00
@Tobekk

Da ich mit Patriotismus nicht viel anfangen kann (ich bin 100% Schweizerin) kann ich mich damit nicht identifizieren. In meinen Augen sind wir alle die gleiche Spezies, die innerlich die gleichen Wünsche hegt (Gesundheit, Glück für die Familie, ein Dach über dem Kopf). Deshalb sehe ich da nicht etwas, worauf ich stolz sein könnte, den ich persönlich habe ja kein Land gegründet. Ich bin nur Stolz auf meine eigenen Errungenschaften. Versteh mich nicht falsch, ich bin segr dankbar, ich solch einem sicheren Land geboren worden zu sein. Aber stolz? Ich hab mich ja nicht selbst gebärt xD

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Tobekk 
Fragesteller
 14.02.2024, 13:13
@deinekleinefee

Ah ok. Jeder sieht die Welt um sich halt anders bzw. denkt anders. Kann deine Einstellung auch verstehen, aber um dir mein denken evtl. etwas zu erklären. Man sagt ja auch zum Beispiel zu seinen Kindern, Geschwistern oder sonst wem "Ich bin stolz auf dich!", wenn diese z.B. gute Leistungen vollbringen.

So denke ich halt über mein Land.

Trotz dass ich daran nicht beteiligt bin oder war, bin ich Stolz darauf, dass trotz der Vergangenheit Deutschland immer noch ein wichtiges Land in der Welt ist.

Ich könnte da schon wieder Meilen weit ausschweifen, aber ich denke mal das man da so ein wenig verstehen kann wie ich zu diesem Gedanken komme :)

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Ich kann in Deinen Ausführungen keinen Hass erkennen. In einer Demokratie gibt es halt unterschiedliche Meinungen und Interessen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
goodresponder  14.02.2024, 11:34

Wie beantwortest du meine Frage, zu welcher du vorhin eine Nachfrage gestellt hast???

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Tobekk 
Fragesteller
 14.02.2024, 11:38

Jeder empfindet das wahrscheinlich auch etwas anders und du hast auch definitv Recht. Ich finde es nur frag würdig, warum immer mehr gegen die einen oder die anderen "geschossen" wird. Dadurch würden wir doch diese Demokratie, welche ja durch unsere Verfassung geschützt ist. (Man merkt evtl. dass ich momentan viel hinterfrage um meine Meinung besser bilden zu können xD)

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