Blindes Pferd ausbilden?

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Glaube ich ehrlich gesagt nicht. Egal welchen Weg man geht, jede Unebenheit auf Wegen wird zur Gefahrenquelle. Stolpern und stürze sind vorprogrammiert. Irgendwann wird das Pferd eher ängstlich werden und an Vertrauen verlieren. Ich bin da etwas im Zwiespalt ob man einem Pferd mit kompletter Blindheit eigentlich ein gutes Leben bieten kann. Es wird seiner eigenen Art nicht gerecht, die Natur ist verdammt hart und da kann ich mir gut vorstellen das es in der Herde zum Außenseiter wird. Es wird spüren das es allein ist, aber nicht genau wissen wo der Weg hinführt. Ganz traurige Sache ist das.

Beim reiten erfordert es auch beim Pferd Aufmerksamkeit. Dazu gehört auch das Auge. Beim reiten arbeitet man im Team, das heißt es liegt nicht nur in Reiters Hand um gewisse Situationen (z.B. Unebenheiten) zu meistern.

Ich selbst bin jetzt noch nie mit einem komplett blinden Pferd konfrontiert worden. Mit Pferden mit eingeschränkter Sicht ist es für einen guten Reiter der doppelte Aufmerksamkeit mit sich bringt sehr gut machbar. Aber mit einem komplett blinden Pferd bezweifle ich das dies möglich ist.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Reite seid über 30 Jahren, bin selbst Pferdebesitzer
Urlewas  12.08.2020, 11:39

Danke - ich habe mich nicht getraut, das zu sagen!

Ein Pferd, welches hauptsächlich über Gesten mit seinen Artgenossen kommuniziert, kann blindgeboren meines Erachtens kein lebenswertes Dasein führen. Was will man da „ausbilden“? Man kann das Tier nur von klein auf abhängig von einem Menschen machen, der ihm aber doch niemals gerecht werden könnte.

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Zanora  12.08.2020, 13:52
@Urlewas

Da bin ich Deiner Meinung, das funktioniert nicht. Selbst ohne Ausbildung wird das Pferd kein glückliches Leben führen. Aber wie gesagt, mit einem blinden Pferd hatte ich noch nie zu tun, ich wüsste jetzt auch nicht wie man da etwas Ausbilden kann geschweigeden wie ich eine gute Haltung gewährleisten kann. Auch die Handhabung mit solch einem Pferd würde mir Probleme machen. Sowas ist echt ne ganz üble Sache und da steht man vor einer verdammt schweren Entscheidung wenn man vor einem Fohlen steht das blind geboren wurde :(

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Urlewas  12.08.2020, 15:14
@Zanora

Stimmt. Auch das muß generell überlegt sein, wenn man Tiere anschafft. Irgendwann muß man sich trennen - und oft ist der Besitzer gefordert, sehr harte Entscheidungen zu treffen. Mir käme da die Frage: lieber gleich, oder erst warten, bis ein schrecklicher Unfall oder durch Lebensuntüchtigkeit durch mangelhaft ausgebildete Organe die Entscheidung unausweichlich machen...😢

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Hier mal wer mit einem eigenen Pferd das vor circa 2,5 Jahren komplett erblindet ist.

Viele der Antworten hier implizieren, dass ein blindes Pferd nicht mehr lebensfähig ist, das ist aber absolut nicht der Fall. Es kommt natürlich immer auf das Pferd an in wie weit es mit seiner Blindheit klar kommt, aber es ist durchaus möglich das ein blindes Pferd noch trainiert werden kann und wie in unserem Fall tatsächlich noch das ein oder andere Turnier gehen kann.

Ich kann jetzt nur von unseren Erfahrungen sprechen, daher kann es natürlich auch sein das es Pferde gibt die mit Ihrer Blindheit nicht klarkommen.

Bei uns war es so das erst das linke und dann das rechte Auge erblindet ist, nach dem beide Augen vollständig blind waren, stellten wir fest das der Gleichgewichtssinn nicht mehr so gut funktionierte und somit ein richtiges Reiten und longieren fast unmöglich war, dennoch haben wir auch gemerkt das wir unserem Pferd helfen konnten sein Gleichgewicht und die Balance wieder zu finden, in dem wir viel spazieren gegangen sind und beim reiten darauf geachtet haben das wir das Pferd immer korrekt einrahmen und ihm aber trotzdem den Hals zum balancieren lassen. gerade der unebene Böden im Wald hat viel dazu beigetragen das er sein Gleichgewicht wiedergefunden hat.

Die nächste Frage ist, kommt das Pferd auf der Wiese/ dem Paddock klar. Die Antwort auf diese Frage war für uns der Ausschlaggebende Punkt ob unser Pferd Lebensfähig ist und ob sein Leben eine weiterhin gut tragbare Qualität hat, denn ein trauriges eingesperrtes Pferd was nicht raus kann, weil es sich verletzen würde ist in meinen Augen besser dran wenn man es erlöst. Glücklicherweise war es so, dass unser Pferd durch die Erblindung seine Sinne so extrem verschärft hat das er quasi spürt wo der Zaun ist und mit einem ruhigen Wiesenkumpel kann er ganz entspannt raus auf Paddock und Wiese ohne das was passieren würde.

Wir können mit unserem Pferd alles machen außer Springen oder Stangenarbeit, wir gehen auch ins Gelände zwar nur im Schritt aus Sicherheitsgründen, aber wir können raus und ich finde das ist die Hauptsache.

Natürlich muss man für ein blindes Pferd mehr mit gucken, aber das sollte man meiner Meinung nach sowieso machen man ist halt ein Team und das Pferd muss dir vertrauen können und das kann es nur wenn man es in jeder Situation unterstützen kann, dafür muss man selber aufmerksam sein.

Mein Fazit also: Auch blinde Pferde sind durchaus Lebensfähig und Blindheit beim Pferd ist nicht unbedingt ein Todes Urteil.

Und zur eigentlich gestellten Frage: Das ist schwer zu sagen wahrscheinlich ist das Leben als blind geborenes Fohlen nicht sehr schön aber mit viel Geduld und einigen Maßnahmen zur Orientierung (verschiedene Düfte oder Geräusche) kann ich mir vorstellen, dass auch ein blindes Fohlen alt werden kann. Wie man da mit dem einreiten verfahren würde könnte ich mir, aber so nicht vorstellen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

kutsche fahren im zweispänner.

in der regel findet sich in einer gruppe ein leitpferd - bei blind geboren vielleicht die eigene mutter.

das leitpferd vor der kutsche sollte auch das leitpferd für die "freizeit" des pferdes sein.

wäre jetzt die frage, warum ein fohlen blind geboren werden sollte. und da fällt mir nur - vereinfacht gesehen - eine verdopplung des cream-gens ein, pferde mit doppeltem cream-gen sind aber nicht lebensfähig, das sie schwerste missbildungen der inneren organe und des gehirns, sowie erhebliche deformationen von skelett, schädel und degenerierte muskulatur haben.

ein blind geborenes pferd ist also äusserst unwahrscheinich.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Sachgerechter Umgang ist aktiver Tierschutz!

Hallo :)

Auf dem Hof wo ich früher geritten bin, gab es ein blindes Shetty. Meme war zwar nicht von Geburt an blind, aber die meiste Zeit seines Lebens.

Zur Ausbildung oder so kann ich leider nichts sagen, da er bereits über 20 Jahre alt war, als ich ihn kennenlernte.

Aber so konnte man dennoch viel mit ihm machen. Wir sind mit ihm spazieren gegangen, Bodenarbeit, Geschicklichkeitsparcours gemacht (ohne Sprünge/Stangen),... und wir konnten ihn sogar reiten. Natürlich ist das Reiten nicht vergleichbar mit dem Reiten von sehenden Pferden, aber Meme hat es wirklich super gemacht.

Er stand zusammen mit einem Reitpony in einer großen Box und hat sich etwas an ihm orientiert, aber man konnte ihn genauso auch einzeln arbeiten.

Ich hoffe, dass ich dir vielleicht etwas helfen konnte :)

Urlewas  12.08.2020, 11:40

Blindgeboren oder später erblindet ist ein großer Unterschied.

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Snowflakestar  12.08.2020, 11:48
@Urlewas

Ist mir schon klar, aber ich habe gedacht, dass ich trotzdem meine Erfahrung teilen kann, trotz dass er nicht blind geboren ist, weil meiner Meinung nach es auch interessant sein kann...

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lolipopa 
Fragesteller
 12.08.2020, 13:16
@Urlewas

Hat ein später erblindetes Pferd grössere Lebensqualitäten?

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Urlewas  12.08.2020, 15:09
@lolipopa

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ja. Es hatte vorher die Chance, sich in jeder Hinsicht normal zu entwickeln. Sich normal zu sozialisieren, seinen Bewegungsapparat durch normale Bewegung zu kräftigen, leistungsfähige Organe zu entwickeln, und eben ganz normal ausgebildet zu werden, statt als „Versuchskaninchen“ für alternative Methoden herhalten zu müssen.

Und zudem sehe ich auch eine gewisse Paralelität zu Menschen. Ich habe einen Bekannten, der ist mit 18 erblindet und heute über 60. Und er sagt, es sei ein Schwachsinn, wenn Leute meinen, ein Blindgeborener „sei besser dran, weil er das sehen nicht so vermissen könne, weil er die Welt ja nicht anders kennt“. Er ist überaus dankbar, dass er die früheren Sinneseindrücke in seinem Gehirn gespeichert hat, weil ihm das bis heute hilfreich ist.

Übrigens gibt es für diesen Menschen, der eigentlich alles andere als sportlich ist, nichts schöneres, als an einem einsamen Strand mal richtig rennen zu können, weil dies nur dort gefahrlos für ihn möglich ist. Wie viel schlimmer muß es für das Lauftier Pferd sein, schon von jung auf nie richtig rennen zu können, weil dies meist böse endet.

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Wenn Pferde wirklich ganz blind sind, wird das doch sehr schwierig. Springen kommt natürlich gar nicht in Frage, ebenso wird Longieren ausser im Schritt sicher schwierig, ebenso wie sonstige BA (Stangenarbeit, etc.) Reiten ginge evtl. schön langsam, mit viel Geradeaus.

Für mich würde sich die Frage stellen, warum muss ein solches Pferd denn ausgebildet werden? Ich würde es, wenn möglich, einfach mit den anderen mitlaufen lassen, und es nicht reiten.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Pferdewirtschaftsmeisterin