Bibel wörtlich nehmen und Gewalt anwenden, wie geht das?

13 Antworten

Ja, nun, lieber filmfan,

in der Tat kann eine völlige Fehlinterpretation der Bibel - das ist nämlich das Wort-Wörtlich-Nehmen! - zur Gewaltanwendung führen. Der Kardinalfehler, den solche "Bibelgetreuen" begehen, besteht schlichtweg darin, dass sie das Alte und das Neue Testament in gleicher Weise für gültig halten. Allein indem sie dies tun, beweisen sie, dass sie weder das eine noch das andere Buch von ihren völlig unterschiedlichen Qualitäten her verstehen.

Denn hat nicht Christus selber gesagt: "Einen neuen Bund gebe ich euch!"? Und wie Du richtig zitierst: "Euch ist gesagt worden... - Ich aber sage Euch:...!", so belegt gerade diese Redeweise, dass dasjenige, was ehemals moralisch gerechtfertigt war, nunmehr einem anderen Regelmaß gewichen ist...

Mennoniten leben nicht komplett ohne Gewalt, keine physische, aber verbale zum Beispiel zwischen dem Norden und dem Süden bei den “älteren”, wir jüngeren in der Gemeinde sind alle sehr akzeptierend von anderen Menschen. Uns ist egal wer man ist Und wo man herkommt solange man keine Menschen extra verletzt. Es gibt aber auch ein paar Ausnahmen wie z.b. eine Freundin die airsoft spielt (ein Hobby bei dem man mit sehr realistischen Spielzeug waffen in einem Wald rumläuft, aber dies ist nicht irgendein Wald sondern ein Spielfeld und alle Leute die da sind, Sind dort freiwillig und alle haben Schutz Ausrüstung an) dies wird akzeptiert weil sie keine “unschuldige” Menschen “verletzt” da wie gesagt alle Leute freiwillig dort sind

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Eine Frage an strenggläubige Christen, für die die Bibel das direkt inspirierte Wort Gottes ist, das unbedingt wörtlich zu nehmen ist:

Also Du musst Dich schon entscheiden "streng gläubig" oder "wörtlich nehmen".
Beides geht nicht. Mal von der Frage abgesehen: Welche Übersetzung denn überhaupt "wörtlich" nehmen? 🙄

Streng Gläubige Menschen WISSEN und BEACHTEN, dass es sich mit Ausnahme vom Urtext um Übersetzungen handelt, die mehr oder minder konkret sind und ggf. sogar Interpretationen enthalten.
Die andere Kategorie dürfte im klassischen lutherischen Wortlaut wohl eher "Narr" oder "Tor" lauten - aber keinesfalls "strenggläubig" (Wie das auch immer definiert sein mag - zumal es keine Maßeinheit und Messinstrument für Glaube gibt!).

Ganz davon gesehen, dass Du bei Deinen Schlussfolgerungen zum Text weder Kontext noch historischen Hintergrund beachtest und damit logischerweise zu falschen Schlüssen kommen musst. 🤷‍♂️

Nur mal als Ansatzpunkt zum Nachdenken:
Was meinst Du denn, was im historischen Kontext ein Ohrfeige darstellt?
Nur so viel: Der Text ist keine Aufforderung körperliche Gewalt über sich ergehen zu lassen.
Den Rest kann man mit ein bisserl Geschichtskenntnis selbst erkennen.

filmfan69 
Fragesteller
 01.08.2021, 22:51

Danke für deinen ausführlichen und launigen Kommentar :) Ja, in der Tat, man muss hier schon sprachlich sehr genau sein bei begriffen wie "strenggläubig", "bibeltreu" und Bibel ernst nehmen. Darunter werden im zeitgenössischen Christentum sehr verschiedene Dinge verstanden. Ich hörte vor kurzem den klugen Satz: Man kann die Bibel entweder ernst nehmen oder sie wörtlich nehmen. Ich benutzte den Begriff strenggläubig, weil viele, die den Anspruch haben, die Bibel wörtlich zu nehmen, sich oft für besonders gläubig halten.

"Die Bibel wörtlich zu nehmen", es gibt tatsächlich viele Menschen, die meinen diesen Spruch als Kampfansage an Menschen, die in die Mühen der Kontextualisierung, der historischen Einordnung, der Deutung und Fruchtbarmachung für die heutige Zeit einsteigen.

Ich halte das für einen nicht zielführenden Weg. Natürlich stellt sich da sofort die Frage, die du aufwirfst: Welche Übersetzung? Welche Bedeutung der einzelnen Wörter damals und heute? Was bedeutete das damals? Und was bedeutet wörtlich überhaupt?

Aber egal, ich mag das für einen Holzweg halten, das ändert aber nichts daran, dass diese Forderung, die Bibel wörtlich nehmen, massenhaft in der Welt ist.

Dir wird ja vielleicht auch aufgefallen sein, dass wir weltweit massenhaft mit Menschen zu tun haben, die Bibelverse zitieren, ohne historischen Kontext ,und dann die erstbeste und vordergründigste Bedeutung, die ihnen in ihren Sinn kommt, als die wörtliche und allgemein gültige betrachten.

Wenn man so vorgeht, dann finde ich, dann kann man Mt 5,38 kaum anders als unbedingten Gewaltverzicht interpretieren.

Natürlich liegt die Sache ein bisschen komplizierter. (Hier war ich ein bisschen verunsichert über deine Antwort. Eine Stelle las sich so, als würde ich historische Kontexte von Texten nicht beachten. Das meintest du ja wahrscheinlich nicht, denn das gibt mein Text nicht her. Ich hab aber nicht verstanden, was du da meintest. Wenn du mir unhistorisches, kontextignorierendes Bibelverständnis unterschöbst, das sollte mir leidtun ;) und dir auch LOL.

Die geschilderten Szenen sind Beispiele von Konfrontationen mit Behörden: Gerichtliches Verhör, so meinen Eichholz und J. Jeremias bei der ersten, Bornkamm geht eher von Altagsstreitereien aus, beim zweiten geht es um eine Pfändungssituation und beim dritten um eine angeordnete Zwangsmaßnahme im Militär. Jeremias hält die erste für besonders demütigend, weil es auf die rechte Wange geht. HIer geht es um Widerstand und Protest durch gewaltlose Reaktion auf dieses Unrecht. Es geht um die Aufhebung des ius talionis, und zwar nicht, wie Bonhoeffer in "Nachfolge" ausführt, weil dies obsolet ist, sondern weil Gott es ist, der dem Glaubenden zu seinem Recht verhilft. Darauf hofft er und verlässt sich darauf, genau wie Jesus (Johannes 18,11). Das gibt ihm Kraft, auf Gewalt nicht mit erneuter Gewalt zu reagieren und Gewaltzyklen zu durchbrechen.

0

Daran unterscheiden sich echte Christen von falschen, dass sie nicht blind wortgläubig sind sondern verstehen.

Das bedeutet die Aussagen im Zusammenhang und mit Weisheit einzusetzen wissen.

aber auch dann hört ein Christ nicht auf Mensch zu sein.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Lesen, fragen, systematisch Forschen, prüfen, erleben, sehen

Jesus war meistens auch auf Höflichkeit bedacht und hat es deshalb vermieden, zu sagen, daß Mose in vielen ein Armleuchter war. Obendrein hat er auch korrigierend aufgeklärt aus dem Gedanken heraus, daß ein Nachgeben oftmals besser sein kann als die Sache eskalieren zu lassen.

Jesus hat an anderer Stelle auch gesagt "Viele sind berufen, aber nur wenige sind auserwählt.". Das kann man auch so interpretieren, daß er damit gemeint hat, daß viele zwar recht gute Anlagen haben, schon bei ein wenig Hirnarbeit zu verstehen, daß gleichzeitig aber die meisten davon derart vernagelt sind, daß sie trotzdem nichts wirklich begreifen. Interpretiert man es so, dann erklärt sich damit auch vieles aus der Kirchengeschichte.

snowdrop41  01.08.2021, 20:39

Um noch mal zu Moses zu kommen, warum soll er ein Armleuchter gewesen sein?

0
Dxmklvw  01.08.2021, 20:42
@snowdrop41

Weil er gemäß der Übverlieferung auch Unsinniges gelehrt und/oder zugelassen hat, das Jesus dann teilweise korrigiert hat (ihr habt gehört ...., ich aber sage euch ...), abgesehen davon, daß "der Mose" tatsächlich auf viele Autoren über lange Zeiträume hinweg basiert.

0
snowdrop41  01.08.2021, 20:47
@Dxmklvw

OK.. Bezogen auf das Fest der ungesäuerten Brote, den Umgang mit Sklaven, Kindern, die heilige Wohnung aus Akazie Holz, meinst Du so etwas? Oder das komplette Deuteronomium, das klingt brutal war aber an die damalige Zeit angepasst.

1
Dxmklvw  01.08.2021, 20:52
@snowdrop41

Ja, vieles war unsinniges bis schädliches Zeug, entsprach aber der damaligen verbreiteten Denkweise und war in manchen Punkten vielleicht sogar notwendig, um überhaupt mit einer neuen Denkrichtung zur Masse durchdringen zu können.

Dennoch enthielt so manches auch ein ausgesprochen schädliches Potential, nämlich überall dort, wo etwas im Widerspruch zum Grundgedanken stand, z.B. zur strengen Auslegung der 10 Gebote.

Doch dadurch lief in der Folgezeit vermutlich sehr viel nach dem Muster ab "was mit den Händen aufgebaut wird, das wird gleich wieder mit den Füßen zertreten".

1