Betriebsübernahme - neuer Vertrag + Aufhebungsvertrag?

3 Antworten

Die Frage ist hier schon gut beantwortet worden. Aus meiner Erfahrunghaus kann ich nur dringend den Rat geben die Rechtsberatung des Vertrauens zu konsultieren. Die Vorgänge betreffend eines Betriebsübergangs bzw. Teilbetriebsübergangs sind häufig sehr komplex. Sachverhalt und Verträge wollen ausführlich besprochen und durchdacht werden. Im Rahmen dieses Forums kann daher nur die Empfehlung gegeben werden sich rechtskundig zu machen.

Dröseln wir das Ganze mal auf.

Ein neuer Gesellschafter in einem Unternehmen bedeutet erstmal für die vertraglichen Konstallationen zwischen Unternehmen und Mitarbeiter überhaupt nichts. Der Mitarbeiter hat einen Arbeitsvertrag mit der juristischen Person "Unternehmen/Gesellschaft" und diese wird in ihrer Substanz nicht durch einen Gesellschaftereintritt /-wechsel oder /-austritt in ihrer Wesenheit verändert, es sei denn, der letzte Gesellschafter tritt aus.

Somit wird bei einem Eigentumsübergang der Gesellschaft ersteinmal das komplette Unternehmen (die Firma ist übrigens der Name eines Unternehmens) mit allen vertraglichen Rechten und Pflichten Eigentum eines anderen. Und der muss dann sämtliche Verträge fortführen oder fristgerecht abwickeln, sofern er das wünscht.

Abwickeln könnte er in Form von Kündigungen, Änderungskündigungen (Kündigung mit dem Angebot einer Fortführung unter anderen Vertragsbedingungen) oder einvernehmlich geschlossenen Aufhebungsverträgen (deren Inhalt dann auch Abfindungen etc. sein könnten). Alle Kündigungen sind natürlich nicht fristlos möglich, ergo ist die reguläre oder vertragliche K.-Frist zu beachten.

Das zweite Unternehmen (B) (berichtige mich, wenn ich was falsch verstanden habe) wird also nun (Mehrheits-)Gesellschafter des ersten Unternehmens (A). B möchte das Personal von A übernehmen.

Das geht natürlich nicht so einfach mal eben. Auch hierzu müsste A (als Unternehmen, vertreten durch die Geschäftsführung) die Verträge von den Mitarbeitern erst einmal lösen, also fristgerecht kündigen oder einvernehmlich auflösen (Aufhebungsvertrag).

A versucht nun genau das um die Kündigungsfrist zu umgehen (Aufhebungsverträge können ja - da einvernehmlich - im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit alles regeln), damit B unmittelbar einen Anschlussvertrag mit dem Mitarbeiter schließen kann.

Vom Grundsatz her an sich gar nichts schlimmes oder verwerfliches, sofern die Konditionen des neuen Vertrages stimmen.

Aufhebungsverträge MUSS allerdings niemand unterschreiben, da diese wie bereits erwähnt einvernehmliche Abwicklungsvereinbarungen über ein Vertragsverhältnis sind und dementsprechend von allen seiten eine freiwillige Grundlage haben.

Unterschreibst du also nicht wird A nichts anderes übrig bleiben als dir fristgerecht betriebsbedingt zu kündigen.
Ob B dann zum Ende der Kündigungsfrist des Vertrages mit A oder zum Endtermin aus dem Aufhebungsvertrag einen neuen Arbeitsvertrag mit dir schließt ist eine komplett davon unabhängige Sache.

Ich würde an deiner Stelle wie folgt vorgehen:

Lies dir das Vertragsangebot von B genau durch, bestehe - sofern du den Vertrag schließen willst - auf identische oder bessere Konditionen, insbesondere den Verzicht auf eine neue Probezeit, Anrechnung von Betriebszugehörigkeiten von A auf das neue Vertragsverhältnis mit B, übernahme sämtlicher Zusatzvereinbarungen mit A durch B (Betriebliche AV, Dienstwagen, den ganzen Krempel der auch vorher Vertragsbestandteil war) und zuletzt auf einen nahtlosen Übergang, damit du nicht zwischendurch durch den Aufhebungsvertrag arbeitslos wirst (das würde eine Sperrzeit beim ALG-Anspruch bewirken). wenn das alles passt, der Aufhebungsvertrag z.B. das Enddatum auf den 31.10. legt und der neue Vertrag mit B am 01.11. startet kann man ruhig sowas unterschreiben.

Wenn nicht dann würde ich versuchen, sowas genau so auszuhandeln. Spielen die Parteien nicht mit würde ich auf keinen Fall irgendetwas unterschreiben und denen ggf. eine Kündigung überlassen.

Ich hoffe, das hat dir ein bisschen geholfen.

LG,

Matthias

PS: Egal was du tust... verlange am besten sofort ein Zwischenzeugnis. das steht dir zu und hilft dir, falls es später zu Auseinandersetzungen kommt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
LordofDark  09.10.2019, 18:10

ach... noch vergessen...

Unterschreibe die Verträge in der richtigen Reihenfolge:

erst bei B den neuen Arbeitsvertrag, damit du sicher sein kannst, dass es weitergeht, dann bei A den Aufhebungsvertrag...

Nicht, dass die dir erst den Aufhebungsvertrag unterjubeln und dann B beim neuen Arbeitsvertrag "ätsch" schreit...

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Familiengerd  09.10.2019, 18:28
@LordofDark

Warum sollten Arbeitnehmer einen neuen Vertrag mit dem neuen Arbeitgeber schließen, wenn der in die alten Arbeitsverträge eintritt?!?

Und weil das so ist, müssen selbstverständlich auch keine Aufhebungsverträge mit dem alten Arbeitgeber geschlossen werden.

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LordofDark  09.10.2019, 18:39
@Familiengerd

Komplette Antwort lesen hilft:

Wenn der bisherige Arbeitgeber Aufhebungsverträge schließen will impliziert das kausal Kündigungsabsichten (ggf. motiviert durch den neuen Gesellschafter/Eigentümer). der Fragesteller schreibt ja, dass ihm auf Aufhebungsvertrag angeboten wurde.

Ergo ist nach meinem Verständnis der Sachverhalt derart, dass A in neuem Eigentum (zumindest mehrheitlich von B) steht und nun das Personal abwickeln will/muss, da B in die bisherigen Verträge nicht ohne weiteres eintreten will bzw. dies nur bis zur Abwicklung beabsichtigt, aber gleichzeitig das Personal ganz oder teilweise übernehmen will (ggf. zu geänderten Konditionen).

Ergo wäre in Anbetracht der Situation zu prüfen, ob der Mitarbeiter sich mit den neuen Vertragsbedingungen (die ja ggf. mit den alten übereinstimmen könnten, was er eben prüfen sollte) anfreunden kann und dementsprechend bei dem Spiel mitspielt oder ob er die aller Wahrscheinlichkeit ansonsten folgende fristgerechte Kündigung des Vertrages ohne neuen Job bzw. mit der Perspektive "Jobsuche" die bessere Wahl für ihn wäre.
Da er nichts von einer Insolvenz schreibt, die bei Übernahme dann 12 Monate Kündigungsschutz bewirken kann halte ich meine Aussage unter den informationstechnischen Gegebenheiten für korrekt.

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LordofDark  09.10.2019, 18:16

... und A könnte natürlich auch - anstatt zu kündigen - das Vertragsverhältnis wie gehabt fortsetzen.

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SkyFighter86 
Fragesteller
 10.10.2019, 16:01

Vielen Dank für diese ausführliche Rückmeldung. Für mich ist jetzt eigentlich nur noch zu klären, ob es sich wirklich um einen Betriebsübergang handelt oder nicht.

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Vorab:

Alle Mitarbeiter sollen nun Verträge bei Firma B unterschreiben, womit ich zunächst erstmal kein Problem gehabt hätte, jedoch sollen wir zusätzlich dazu einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, damit der alte Vertrag mit Firma A nichtig sein wird.

Das ist Unsinn!

Das Procedere bei einem Betriebsübergang ist im Bürgerlichen Gesetzbuch BGB § 613a "Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang" geregelt (du findest diesen Paragrapahen auf der Seite "Gesetze im Internet" des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__613a.html ).

Zunächst einmal sind betroffene Arbeitnehmer so rechtzeitig über die Umstände, Auswirkungen und Maßnahmen in Zusammenhang mit dem Betriebsübergang zu informieren, dass sie innerhalb eines Monats nach der Information eine Entscheidung treffen können, ob sie dem Betriebsübergang widersprechen oder nicht.

Widerspricht ein Arbeitnehmer, bleibt er zwar beim alten Arbeitgeber, muss aber eine betriebsbedingte ordentliche Kündigung hinnehmen, wenn sein Arbeitsplatz wegen des Betriebsübergangs beim alten Arbeitgeber wegfällt und auch sonst keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr bei ihm besteht.

Kündigungen alleine aus Anlass des Betriebsübergangs sind nicht erlaubt.

Widersprechen Arbeitnehmer nicht, gehen alle Rechte und Pflichten des bisherigen Arbeitgebers auf den neuen Arbeitgeber über; der neue Arbeitgeber tritt also in die bestehenden Arbeitsverträge ein.

Die Arbeitnehmer müssen wegen des Betriebsübergangs keine neuen Arbeitsverträge akzeptieren, und sie müssen auch keine Aufhebungsverträge mit dem alten Arbeitgeber schließen - was wegen des "Wechsels" der Verträge auf den neuen Arbeitgeber sowieso völlig unsinnig wäre. Da scheint "nichts Gutes" hinter zu stecken, wenn das so gewollt wird (was aber kein Arbeitnehmer tun muss).

Wenn auf die "alten" Arbeitsverträge Bestimmungen aus einem Tarifvertrag oder aus einer Betriebsvereinbarung anzuwenden sind, dürfen diese Verträge bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Betriebsübergang nicht zum Nachteil der Arbeitnehmer geändert werden, es sei denn, >> beim neuen Arbeitgeber gelten Bestimmungen nach einem anderen Tarifvertrag oder anderen Betriebsvereinbarungen oder >> Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarungen sind nicht mehr gültig oder >> beide Parteien (Arbeitnehmer und neuer Arbeitgeber) sind nicht tarifgebunden.

Das "im Groben" ... Du erkennst wahrscheinlich, dass das Thema ziemlich komplex ist. Arbeitnehmer sind gut beraten, wenn sie (nicht nur wegen einer solchen Konstellation) in einer Gewerkschaft sind und sich dort Unterstützung und Rechtsrat holen können.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Beruf/Ehrenamt, lange private Beschäftigung mit Arbeitsrecht
SkyFighter86 
Fragesteller
 10.10.2019, 16:12

Auch dir vielen Dank für diese ausführliche Rückmeldung.

Laut unserem Geschäftsführer (nicht Gesellschafter) handelt es sich um keinen Betriebsübergang, sondern lediglich um einen Gesellschafterwechsel.

Hier die Fakten, die mir bekannt sind:

Mein aktueller Arbeitgeber (kleiner Software-Diensleister) ist eine GmbH, die auch weiterhin bestehen bleibt, es gab zwei Gesellschafter, einmal den Gründer/Inhaber + ein weiteres Unternehmen.

Diese zwei Gesellschafter haben nun Ihre Anteile an das neue Unternehmen B veräußert (auch ein Software-Dienstleister).

Einer der Geschäftsführer vom Unternehmen B tritt nun auch neben unserer bisherigen Geschäftsführers (nicht Inhaber) als neuer GF von Unternehmen A an.

Alle Mitarbeiter (bis auf einer, beidseitiges Einvernehmen) wurden übernommen. Die meisten Mitarbeiter gehen noch ihrer alten Tätigkeit nach und treten noch immer im Namen von Unternehmen A auf, da es ja noch bestehende Verträge gibt. Jedoch sollen die Kunden nach und nach auf die andere Software umgestellt werden, hierzu werden neue Angebote mit neuen Features etc. den Kunden unterbreitet im Namen von Unternehmen A.

Das Büro von Unternehmen A wurde gekündigt und alle Mitarbeiter sind auch bereits in das Büro von Unternehmen B umgezogen. Vieles aus dem alten Büro wurde veräußert, einiges ist mit umgezogen.

Mitarbeiter von Unternehmen A sind nicht verpflichtet bei Unternehmen B einen Vertrag zu unterschreiben aber Geschäftsführer meint, so seien die Mitarbeiter auf der sicheren Seite da Unternehmen A aktuell nicht schwarze Zahlen schreibt und somit alle Mitarbeiter auf der sicheren Seite wären.

Ich werde leider nicht ganz schlau aus den Gesetzen zum Betriebsübergang, ob es sich wirklich um einen handelt oder nicht.

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Familiengerd  10.10.2019, 18:06
@SkyFighter86

1.: Bleibt Betrieb A - Dein bisheriger Betrieb - denn weiter bestehen, und es wurden nur die Anteile der beiden bisherigen Gesellschafter an den Gesellschafter von Betrieb B verkauft, der jetzt alleiniger Gesellschafter von Betrieb A geworden ist?

In diesem Fall - also Betrieb A bleibt bestehen, nur der Gesellschafter wechselt - handelt es sich nicht um einen Betriebsübergang (siehe dazu: https://www.juraforum.de/recht-gesetz/kein-betriebsuebergang-beim-verkauf-der-betriebsanteile-587215 ).

Für die Arbeitnehmer bedeutet das: Es ändert sich arbeitsrechtlich überhaupt nichts für sie; für sie ist es (arbeitsrechtlich) praktisch so, als hätte es gar keinen Verkauf gegeben; es braucht also gar keine neuen Arbeitsverträge, keine Aufhebungsverträge. Die Behauptung, damit auf "der sicheren Seite" zu sein, ist Unsinn.

Was euer Geschäftsführer euch vorschlägt, ist einfach nur, dass ihr den Arbeitgeber wechselt.

2.: Sollte es aber so sein, dass Betrieb A - Dein bisheriger Betrieb - von Betrieb B "geschluckt", es ihn aber gar nicht mehr geben wird (so hört es sich aber nicht an), dann wäre das ein Betriebsübergang.

Aber auch hier braucht es gar keine neuen Arbeitsverträge, keine Aufhebungsverträge. Und auch hier ist Behauptung, damit auf "der sicheren Seite" zu sein, Unsinn.

Problematisch an der ganzen Sache scheint mir aber zu sein, dass es den Betrieb A offensichtlich nur noch "auf dem Papier" gibt, wenn er keine eigenen Räume und Arbeitsmittel mehr besitzt und diese des Betriebs B benutzt. Hier aber muss ich leider passen, und das könnte ein Fall für das Arbeitsgericht sein, wenn es jemand ganz genau wissen wollte ...

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SkyFighter86 
Fragesteller
 17.10.2019, 10:53
@Familiengerd

Entschuldige vielmals die späte Rückmeldung, leider konnte ich nicht vorher antworten.

Tatsächlich ist es so, dass Betrieb A bestehen bleibt, da die Verträge mit den Kunden ja noch bestehen etc., die Gesellschafter wechseln zu einer Person bzw. zu einem Unternehmen (falls möglich).
"Auf der sicheren Seite sein" - Damit ist wohl gemeint, dass Betrieb A laut Geschäftsführer nicht mehr schwarze Zahlen geschrieben hat und dementsprechend so vor "betriebsbedingten" Kündigungen geschützt werden soll.
Letztendlich handelt es sich laut GF um einen "Share Deal".

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