Autismus Verdacht, Eltern verleugnen dies, was tun?
Mein Therapeut empfahl mir neulich, mich bei einer professionellen Beratungsstelle auf Autismus testen zu lassen.
Ich bin bereits mehre Jahre in psychotherapeutischer Betreuung, jedoch konnte bis jetzt noch keine wirkliche Erklärung für meine „Probleme“ gefunden werden. Aus diesem Grund habe ich mich schon selbst über verschiedenste Störungsbilder/Spektren/Persönlichkeitszüge belesen und fühle mich durch gewisse Autismusstudien (besonders bei Mädchen/Frauen) sehr verstanden und repräsentiert. Allerdings ist mir bewusst, dass mir eine Selbstdiagnose wenig bringen würde, weshalb ich diesen Gedanken zuerst vernachlässigt habe.
Nun möchte mein Therapeut mich allerdings auf Autismus untersuchen lassen, doch bevor dies stattfinden kann, müssen meine Erziehungsberechtigten mehrere Tests über meine Verhaltensmuster als Kind und zum jetzigen Zeitpunkt (15 Jahre) ausfüllen. Das Problem ist nur, dass meine Eltern keine autistischen Züge in mir sehen können, weil ich mich überwiegend gut anpassen kann.
Außerdem haben sie falsche Erinnerungen von mir, wie zB. dass ich sehr offen und sozial war, was mit meinen 2-3 Freunden und der Unmut neuen Menschen zu begegnen, nie der Fall war.
Es scheint mir, als würden sie alle meine Schwierigkeiten ausblenden, eventuell sie sich eine durchschnittliche Tochter wünschen, die ich ihnen nicht geben kann. Zudem haben sie eine falsche Vorstellung von dem Autismus-Spektrum.
Ich weiß nun nicht was ich tun soll. Für eine Autismus-Therapie benötigt man eine Diagnose, doch mit den realitätsfernen Wahrnehmungen meiner Eltern scheint diese sehr weit entfernt.
Ich wünsche mir endlich verstanden zu werden und mich weniger fremd und „außerirdisch“ fühlen zu lernen. Außerdem bin ich es Leid, als komisch bezeichnet zu werden.
4 Antworten
Hallo :)
Führt dein Therapeut selbst die Diagnostik durch oder empfiehlt er hierbei eine Diagnostikstelle? Viele Therapeuten leiten mittlerweile an externe Stellen mit mehr Erfahrung auf dem Gebiet weiter und machen vorher lediglich kleine Tests.
Du könntest bei einer der Diagnosestellen anfragen, ob auch ein Termin ohne deine Eltern möglich ist und ihnen erklären, dass deine Eltern gegen eine Diagnostik sind.
Ich bin selbst Autist und habe meine Diagnose auch ohne Unterstützung meiner Eltern erhalten, da diese sich geweigert haben, sich an dem Diagnostikprozess zu beteiligen. Der Diagnostikstelle haben dann meine eigenen Erzählungen, sowie Unterlagen meiner behandelnden Ärzte und Therapeuten, Schulzeugnisse und Hilfeplandokumentationen gereicht, um sich ein Bild von mir machen zu können. Zudem ist ja die Fremdanamnese nur ein Teil der Diagnostik und soll z.B. zur Differenzierung zwischen Asperger und frühkindlichen Autismus dienen. Da laut dem ICD 11 allerdings nicht mehr zwischen den einzelnen Formen differenziert wird, könnte der Diagnostikprozess ggf. auch nochmal angepasst werden. Am wichtigsten ist den Diagnosestellen in der Regel das persönliche Gespräch mit den Patienten selbst, da sie da natürlich vieles hinsichtlich sozialer Interaktion, Kommunikation, Gestik und Mimik beobachten können.
Vielen Dank für diese ausführliche Antwort!
Mein Therapeut würde mich zu einer externen Diagnostikstelle schicken, weil er nicht auf Autismus spezialisiert ist.
Ich warte jetzt erst einmal ab, was als Nächstes passieren wird, aber deine Ausführung hat mir definitiv viele Fragen beantwortet!
Hallo :) Das ist oftmals sehr von den verschiedenen Diagnostikstellen abhängig und auch die Wartezeiten variieren sehr stark - habe von 3 bis 12 Monaten mitgeteilt bekommen und hatte hinterher Glück, dass ich nur 4 Monate warten musste.
Ich kann jetzt nur von meiner Diagnostikstelle schreiben, weiß aber von anderen, dass einige Kliniken wesentlich mehr Tests (z.B. IQ Tests durchführen - wobei ich nicht weiß, ob diese Tests ggf. nicht durchgeführt wurden, da sie bereits in der Jugend gemacht wurden).
Bei mir fand erst ein Termin bei einem Psychologen statt. Während des Termins sind wir meine bisherige Krankheitsgeschichte und allgemeine Biografie durchgegangen, haben Symptome und Probleme im sozialen und kommunikativen Bereich besprochen und Fragebögen besprochen, welche ich zuvor postalisch zuschicken musste. Der Termin dauerte ca. 1,5h und man teilte mir dann mit, dass sich der Verdacht in soweit bestätigt hat, dass ich einen zweiten Termin bekomme und dieser beim Chefarzt stattfindet.
Bei dem Termin mit dem Chefarzt (einen Monat später) war dann zusätzlich noch eine Psychologin anwesend und es wurde wieder erst viel über die Anamnese und Biografie gesprochen, dann haben wir uns Testauswertungen aus der Jugend und von vorherigen Psychiatern angeguckt und man teilte mir dann nach ca. 1,5h mit, dass die Diagnose bestätigt werden kann und ich einen Arztbrief postalisch innerhalb von 4-6 Wochen zugeschickt bekomme.
Danke für die ausführliche Antwort !:)
Hast du durch die Diagnose Nachteile bemerkt ? Schulisch oder evtl. beruflich ?
Habe bedenken, dass es irgendwo gemeldet wird, und man dann Nachteile hat … Ich stehe zwischen den Stühlen, ob ich es machen soll, aber ich habe ja nichtmal den Weg zu einem Psychologen gefunden…
Nein, bisher hatte ich keine Nachteile vermerkt. Sofern du die Diagnose nicht an deinen Arbeitgeber oder Schule weitergibst, erfahren die davon auch nichts. Auch wenn du z.B. einen Grad der Behinderung beantragen solltest, bist du nicht dazu verpflichtet, diesen anzugeben.
Bisher hatte ich durch die Diagnose nur Vorteile: Nachteilsausgleich an der Uni - z.B. wurden mündliche Prüfungen in schriftliche umgewandelt und bei Klausuren hatte ich einen eigenen Raum und mein Assistenzhund darf halt überall anwesend sein.
Sofern deine Eltern der Diagnostik zustimmen, solltest du sie dennoch machen, wenn dein Therapeut den Verdacht äußert! Natürlich werden deine Eltern einen Teil ausfüllen müssen, ihre Wahrnehmung mitteilen müssen, aber es ist eben auch nur ein Teil. Es kommt auch auf deine Wahrnehmung an! Es ist ja nicht so, dass deine Wahrnehmung nicht zählen würde.
Ich habe und hatte ein ähnliches Problem. Sebst als wir es zum 100sten mal hörten das ich ASS habe kapieren sie es immer noch nicht. Wäre es denn möglich das du mit deinem Therapeuten gemeinsam mit deinen Eltern darüber sprichst?
Deine Eltern scheinen mir sehr vermeidemd zu sein. Wie wäre es, wenn du, oder du gemeinsam mit jemandem, ihnen mal zeigst, was eine Fiagnose bewirken kann, wozu sie dient, was sich verändert, bzw. nicht verändert und so. Sie sollten sich bewusst werden das eine Diagnose nicht dich als Person verändert, sondern sie aufschluss über deine Probleme gibt und erklärt, warum du bist, wie du nun mal bist.
Ich wünsche dir viel Kraft und ganz viel Glück. Wenn du jemanden zum reden brauchst kannst du mir auch gerne schreiben. Ich hoffe ich konnte dir hiermit etwas helfen.
LG✨️🍀
Oh, tut mir leid das ich so spät antworte, habe erst jetzt bemerkt das deine Frage bereits 3 Monate her ist🙈
Trete der Autisten-Partei bei. Die können dir helfen. :) Ich bin übrigens selber Autist und Parteimitglied der Autisten-Partei. :)
Angenommen ich werde diagnostiziert, dann komme ich eventuell darauf zurück. Danke für das Angebot! :)
Wie lange dauert der Diagnostikprozess? Und was wird genau gemacht ?
Danke :)