Mein Partner geht jetzt auf die 50 zu und ist seit 25 Jahren Rettungsassistent beim DRK. Die Bedingungen dort werden immer unmenschlicher. Immer noch mehr Arbeit wird auf immer noch wenigeren Schultern verteilt. Der Druck, keine Fehler zu machen wird immer höher. Wir reden nicht vom Fließband (was auch schlimm ist), sondern vom Menschenleben retten. Allzeit bereit. Tag und Nacht. Und dann noch Zusatzdienste, weil Kollegen, die nicht mehr können oder wollen, sich per gelbem Schein eine dringend nötige Auszeit verschaffen. Gut. Oder auch nicht. Aber das ist der Job. Berufsbedingt hatte mein Partner Bandscheibenvorfälle, eine lädierte Schulter, kaputtes Sprunggelenk und psychisch hat er sich auch verändert. Traumata aus dem Rettungsdienst. Traumata aus dem Golfkrieg, wo er mit der Marine stationiert war. Durch den extremen Schichtdienst hat er Augenringe bis nach Meppen. Dazu kommt eine schwere chronische Darmerkrankung bei der er sich längst nicht mehr so massiv belasten dürfte. Nur die allerwenigsten halten diesen Job, nein, diese Berufung, bis zur Rente durch. Ich habe mehrfach versucht, mit meinem Freund, den ich jetzt sieben Jahre kenne, über berufliche Alternativen zu sprechen, auch, weil ich spüre, dass das so nicht mehr lange gutgeht. Er blockt alles ab, fühlt sich gleich persönlich angegriffen. Auch bei seinen traumatischen Erfahrungen hat er sich nie von den Seelsorgern beim DRK oder von Militärpsychologen helfen lassen. Er sitzt oft da mit seinem Tunnelblick und ist unfähig, Entscheidungen zu treffen oder Vorschläge für ein freies WE zu machen, das wir nur alle sechs Wochen haben. Abgesehen von all dem bin ich auch noch da. Ich verzichte auf vieles für ihn, habe oft wegen ihm keinen Rhythmus mehr, esse und schlafe unregelmäßig. Ich liebe diesen Menschen von ganzem Herzen. Aber ich muss zuschauen, wie er sich systematisch kaputt macht. Andere Leben rettet, während seines den Bach runter geht. Wenn wir mal telefonieren, geht's nur noch um Medizin und Diagnosen und Rettungseinsätze. Es ist wohl eine Art Sucht. Rettungssucht. Denn ehrenamtlich rettet er auch noch in der Bereitschaft. Muss er selbst stationär, spielt er sich natürlich als fachkundig auf und lässt das Personal auflaufen. Das war erst letzte Woche wieder und mir wars nur noch peinlich. Er ist der Rettungsgott. Nur zum Notarzt hat es nicht gereicht, weil MANN in der Schule zu faul war. Vielleicht auch besser so. Denn es gibt nur einen Gott. Bist Du selbst Retter? Oder kennst Du einen? Oder hast Du vielleicht einen Tipp oder ein paar gute Gedanken für mich? Vielleicht rettet IHR meinen Tag?