Meine Eltern haben beide autistische Züge, mein Bruder hat Asperger-Syndrom.
Ein großes Problem war immer, dass sie mich nicht immer "lesen" konnten. Mimik/Gestik sind nun einmal ein großer Teil zwischenmenschlicher Kommunikation. Dadurch kam und kommt es immer wieder zu Missverständnissen.
Auch die "Isolation" war ein Problem. Sie hatten/haben wenig Freunde oder soziale Kontakte. Wenn dann die Eltern wegen mir auf eine Veranstaltung mussten, habe ich immer mitbekommen, dass sie genervt/gereizt waren. Dadurch haben sie mir einige Sachen vermiest. Seit sowas bei meinem Schulabschluss passiert ist, nehme ich sie zu so Sachen nicht mehr mit.
Was die schlimmsten Folgen hinterlassen hat, war aber seelische Grausamkeit. Dass ich davon betroffen bin, habe ich erst als Erwachsene bei der Therapie erfahren. Inwiefern das mit den autistischen Zügen meiner Eltern zu tun hat, kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall haben sie jedoch nie gemerkt, was manche Aussagen/Taten bei mir auslösen.
Ein zusätzliches Problem war, dass mein Bruder selbst betroffen war, viele Probleme hatte und sich dann halt viel um ihn gedreht hat. Meine Eltern waren überfordert damit. Viele Kinder in so einer Situation sehen den Kummer der Eltern und machen alles, um es ihnen nicht noch schwerer zu machen. Oft werden diese "Schattenkinder" selber davon krank. Bei mir ist genau das passiert. Mittlerweile wissen auch immer mehr Fachkräfte, dass Schattekinder gefährdet sind, und achten vermehrt darauf. In meiner Kindheit war das nicht so bekannt und keine Fachkraft ist darauf gekommen.
Bis heute lebe ich irgendwie zwischen zwei Welten. Aufgewachsen bin ich unter Autisten, gehöre aber da nicht hin. Gleichzeitig passe ich auch nicht zu den "nicht-Autisten".
Was ich ironischerweise sehr gut kann, ist die Stimmung eines Menschen einzuschätzen. Das ist eigentlich recht typisch für Schattenkinder.
Ich habe keine Zweifel daran, dass meine Eltern mich lieben und immer nur das Beste für mich im Sinn hatten.