Hallo liebe Yui (ich nenne Dich jetzt so, der Name gefällt mir :-)
(Leider) habe ich sehr viel Erfahrung auf diesem Gebiet. Bevor ich Deine Frage beantworte, will ich Dir kurz sagen, warum, damit Du mich ernst nimmst. Ich hatte eine Partnerin, die nach einem traumatischen Erlebnis auch stark depressiv und selbstverletzend wurde. Ich wurde komplett Co-abhängig, selbst depressiv und habe sie dadurch wohl auch weiter in die Depression getrieben. Unsere Beziehung wurde immer schwieriger und ging ganz kaputt, weil wir eher ein "Doktor-Patienten-Verhältnis" entwickelten.. Das ging über viele Jahre. Heute habe ich zwei gute Pärrchen als Freunde, bei denen die Frau jeweils manisch depressiv ist und die aber gelernt haben, damit gut umzugehen. Wir sprechen oft über solche Themen wie in Deiner Frage.
Es ist mir ein großes Anliegen, in dem Bereich aufzuklären und Dir auch persönlich weiterzuhelfen, Dich schneller zu entwickeln bzw. zu erkennen, wie Du Beziehungen und auch andere persönlichen Kontakte in Zukunft besser handhaben kannst.
Bei Dir liegt ja eine klar Veranlagung vor, deshalb solltest Du definitiv eher lernen, vernünftig mit Deiner Depression umzugehen und mit ihr zu leben, anstatt sie komplett heilen zu wollen. Sie ist ja auch ein bisschen Identität, Deine Denkweise macht Dich aus Mensch aus und Du hast bestimmt auch kleine "Vorteile" (z.B. bei tiefgründigen Themen, in die Du Dich besser eindenken kannst).
Ich finde es großartig von Dir, dass Du Dich schon in recht frühem Alter damit auseinandersetzt und verstehen willst, wie Du Dinge leichter und besser angehen kannst. Das funktioniert nämlich, aber man muss sie auch erst lernen und manchmal üben.
Ja, es gibt Co-Abhängigkeit, ja Dein Freund hat recht, wenn er sich "angesteckt" fühlt. In eurem Alter denkt man oft: "Wenn die Liebe groß genug ist, dann kann man sich dadurch heilen." Das stimmt nicht, das ist Dir vermutlich klar, aber Deinem Freund vielleicht nicht. Deine Krankheit ist da und bleibt da, das dauert lange Zeit, um daran etwas zu ändern.
Die ständige Beschäftigung mit depressiven Menschen macht depressiv, das ist so. Und als Partner kommen für Dich ja vor allem Menschen in Frage, die Dich auch verstehen, die Dich nachfühlen, also vor allem auch Menschen, die anfällig sind, Deine (negative) Denkstruktur anzunehmen. Das heißt, dass es immer die Gefahr gibt, dass Dein Partner Co-abhängig wird.
Wie kann man dagegen angehen? Klare Regeln, Codewörter etc.. Ihr solltet nicht zu viel über Deine "Probleme" reden, er darf auf keinen Fall Verantwortung für Deine Krankheit übernehmen müssen. Seine Hauptaufgabe muss immer sein, sich selbst stabil zu halten und quasi ein "Fels in der Brandung" zu sein. Das heißt auch, dass Du ihn nicht in Deine Denkweise hineinziehen solltest. Es ist unheimlich schwierig, dass in eurem Alter schon richtig einzuspielen..
Aber letztendlich wäre es das beste, wenn ihr eher wenig Veranwortung für einander übernehmt. Ihn belastet Deine Depression, er macht sich Vorwürfe, fühlt sich verantwortlich, hilfspflichtig.. und Du fühlst Dich elend, weil Du weißt, dass er Dir gar nicht helfen kann oder weil Du in Zugzwang/Bringschuld bist, was Du nie erfüllen kannst.
Die Lösung die meine Freunde (ein Paar ist sogar verheiratet) gefunden haben: Klar Kommunikation. Ähnlich wie bei der Menstruation sagt sie ihm manchmal mit einem "Codewort": "Heute nicht ansprechbar, ich mach das mit mir aus". Er hat gelernt: "Ich muss das respektieren, ich liebe sie, wäre so gerne für sie da, aber lasse sie jetzt alleine, weil ich ihr die größte Hilfe bin, wenn ich jetzt stabil bin und ihr den Rücken frei halte. Wir können wieder gemeinsam Dinge machen, wenn sie den depressiven Schub überstanden hat." .. und so geht es halt.. manchmal einen halben Tag, manchmal eine halbe Woche... tja, damit muss man leben.
Aber man muss lernen, vernünftig damit umzugehen, klar, sachlich, abgeklärt, konsequent. Denn ja, Dein Freund wird gnadenlos an Deiner Depression zerbrechen, wenn er sich selbst in einer Verantwortung sieht.
Wenn Du Nachfragen hast, gerne auch mal ne PN. Das Thema liegt mir am Herzen.
Lieben Gruß,
Sappy