Ich habe mich kürzlich über eine Person geärgert, weil sie meinte, man könne mit Depressionen glücklich sein. Jetzt habe ich hier sogar einen Thread gefunden, wo Betroffene das selbst behaupten.
Das will mir nicht in den Kopf rein. Für mich ist es ein Widerspruch, für mich sind Depressionen der Inbegriff von Unglücklich sein.
Eines der Hauptsymptome ist "dauerhaft(!) gedrückte Stimmung". Was heißt gedrückt? Wenn man Synonyme dafür sucht findet man z.B. auch traurig.
Dauerhaft ist auch ein wichtiger Punkt. Traurig ist natürlich jeder mal.
Weiter Symptome sind: Hoffnungslosigkeit, die Unfähigkeit, Freude zu empfinden (Ahedonie), geringes Selbstwertgefühl bis hin zu Schuldgefühlen, Interessenverlust, Antriebs- und Motivationslosigkeit, Suizidgedanken etc
Interessanterweise gilt das bei der Diagnostik schon ab zwei Wochen. Ich persönlich würde nicht mal denken, dass man Depressionen hat, wenn man zwei Wochen ne gedrückte Stimmung hat. Dinde ich, wenn einem was negatives passiert normal. Liebeskummer oder erstrecht wenn man einen Todesfall hat, dann ist man mit Sicherheit länger traurig.
Ich persönlich hab chronische Depressionen (Dysthymie mit rezidivierenden Depressionen). Also ich hab das erste Mal vor 25 Jahren Depressionen diagnostiziert bekommen, denke aber, dass vorher schon was da war, wenn ich mir so die Tagebücher durchlese, wo ich 13 war und geschrieben hab, ich fühle mich, als ob ich in ein Loch ohne Boden falle, klingt ja auch nicht normal. Whatever. Und noch ein paar andere psychische Erkrankungen, was es natürlich auch nicht einfacher macht, auch die Dauer...wenn man halt Zug Jahre damit "rummacht", wird die Hoffnungslosigkeit auf Dauer größer.
Man kann ja auch Depressionen einfach so bekommen, ohne Grund, wenn "drumherum" alles gut ist, ist es wahrscheinlich auch einfacher, wieder rauszukommen. Wenn halt, vielleicht auch durch die Depression, oder aus anderen Gründen alles wegfällt oder nie da war - keine liebevolle Familie, keine Freunde, keine Beziehung, keine Arbeit, keine Hobbies (wegen Interessen- und Motivationsverlust), schlechte Gesundheit, vielleicht noch Gewichtszunahme, was eine Nebenwirkung vieler Psychopharmaka ist und weil man sich wegen der Antriebslosigkeit weniger bewegt, was das wieder auf den Selbstwert geht...es ist ja oft ein Teufelskreis.
Jedenfalls jetzt mal zu meiner Definition von Glücklichsein. Die Fähigkeit, Freude zu empfinden, gehört auf jeden Fall dazu. Auch sollte man nicht dauerhaft gedrückte Stimmung haben und auch Hoffnung haben.
Natürlich gibt es bessere und schlechtere Tage. Ich kann auch über Sachen lachen...aber so tiefe Freude wie früher ist das nicht. Manche Sachen, die eigentlich schön sein sollten, machen mich dann eher wieder melancholisch. Es wird oft gesprochen von Glücks"momenten" aber irgendwie ist alles immer so naja. Hab ja auch schon öfter Glückstagebuch führen müssen, das ist auch immer so nach dem Motto, jetzt muss ich auf Teufel komm raus irgendwas finden was man als Glück definieren könnte, auch wenn es sich gar nicht so anfühlt. Es geht nicht darum, ob das Glas Wasser halb voll oder halb leer ist, es geht immer nur darum, dass nur ein Tropfen drin ist und man soll dann sagen "Das ist ja schon mal was, könnte ja auch nix sein, ich ignoriere die 99% und feier jetzt voll den Tropfen, vielleicht sind's ja morgen schon zwei usw." Es ist nicht so, dass ich den einen Tropfen ignoriere, aber ich sehe halt das große Ganze.
Man kann natürlich auch nicht dauerhaft gut drauf sein, z.B. wenn man verliebt ist, heißt es ja, das ist ein Zustand wie auf Drogen, was auf Dauer eher krank machen würde.
Ich würde halt sagen, wenn es mehr gute als schlechte Tage gäbe, aber halt richtig gut, nicht nur weniger schlecht, und man sagen kann, im Großen und Ganzen bin ich glücklich, das ist glücklich sein.
Wenn das so ist, dann hat man aber entweder keine Depressionen mehr oder ist halt durch Medikamente so gut eingestellt, dass die Symptome eben nicht mehr vorhanden sind. Oder man hat halt rezidivierende Depressionen, und ist gerade in einer Phase ohne.
Wie soll man bitte glücklich sein, ohne die Fähigkeit, Freude zu empfinden, das verstehe ich nicht.
Also wenn hier jemand mit Depressionen glücklich ist, sagt mal, warum. Was gehört für euch dazu, um diese