Nicht jede Form der Zurückweisung einer Haltung oder eines Verhaltens ist intolerant, sondern nur eine Zurückweisung ohne gute Gründe.
Insofern ist die Forderung "Keine Toleranz für Intoleranz!" nicht paradox, da nicht selbst intolerant. Denn die Zurückweisung intoleranter Haltungen oder Verhaltensweisen basiert auf guten Gründen.
Gute Gründe sind solche, die unter den Betroffenen gegenseitig teilbar sind & ihr Recht auf Rechtfertigung respektieren.
Die Grenzen der Toleranz ggü. der Intoleranz liegen dort, wo
- eine partikulare Gemeinschaft (und sei sie die Mehrheit) das Recht auf Rechtfertigung einer anderen verletzt; und dort, wo
- eine Gruppe anderen Personen oder Gruppen dieses Recht grundsätzlich abspricht.
Personen oder Gruppen, die diese Grenzen ignorieren, können sich nicht mit guten Gründen darüber beschweren, dass diese Grenzen auf ungerechtfertigte Weise zur Geltung gebracht würden. Denn dazu müssten sie den Grundsatz der Rechtfertigung selbst anerkennen – und damit die fehlende Legitimität ihrer Handlungen & ihrer Beschwerde.
John Rawls: „Man hat nur das Recht, sich über Verletzungen von Grundsätzen zu beklagen, die man selbst anerkennt.“
Quelle: Rainer Forst, Toleranz im Konflikt.