Grundsätzlich sollte man sowas einen Insider fragen! Aber oft ist ja kein Indianer zur Hand, wenn man ihn braucht.
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Nach meiner Erinnerung waren indigene Stammesverbände so etwas wie eine funktionierende Form von Sozialismus (Zitat Autor Sherman Alexie, Spokane/Coer D'Alene). Eine Hierarchie, eine "Regierung" gab es nicht. Auch DEN Häuptling nicht. (Quelle: Marie Sandoz, Crazy Horse, The strange man of the Oglalla. Da wollte die US Arme mit DEM Häuptling der Lakota verhandeln. Es gab aber keinen. Einer wurde dann dafür abgestellt, die Lakota nahmen das aber nicht ernst und nannten ihn "Papier-Häuptling", der die Papiere = Verträge der Weißen unterschrieb, damit die ihren Willen hatten. Kein Lakota fühlte ich daber daran gebunden. Klassischer Kultur-Clash.)
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Führer waren erfolgreiche Krieger, denen man sich freiwillig anschloss. Crazy Horse hatte viele Anhänger. Verspielte ein Führer seine Gunst, setzten sich die Anhänger ab und zogen woanders hin. Waren ja Nomaden.
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Von daher war alles ziemlich freiwillig. Zu Kriegszügen, war parties, wurde man eingeladen. Und eine Einladung kann man auch abschlagen. Ein Krieger beschloss z.B den Crow Pferde zu stehlen und fragte andere, ob sie ihm folgen wollten. Anführer konnte da jedesmal ein anderer sein.
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In Kämpfen ging es oft um persöhnliche Ehre und Ruhm. Hatte ein Krieger vielleicht einen Feind getötet, reichte ihm das, und er ritt wieder ins Lager. Manchmal reichte es auch Feinde mit einem Coup-Stock zu berühren, statt zu töten, denn das ist viel gefährlicher, daher ehrenvoller, weil man den Gegner am Leben lässt und dieser eine Gefahr bleibt (Coups zählen).
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Crazy Horse, der ein hervorragender Militär-Stratege war, erkannte, dass diese Art zu kämpfen unvorteilhaft gegenüber der US Armee war. Im Kampf gegen Custer am Little Big Horn einte er daher die Lakota unter seinen Befehl. Diesunter anderem brachte Lakota und Cheyenne den Sieg ein. (Interessant, dass in einer US Doku über Little Big Horn Crazy Horse mit KEINEM einzige Wort genannt wurde! Das nenne ich mal unterirdische Geschichts-Aufarbeitung)
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Wenn ein Krieger also meinte, seine Medizin sei gerade ungünstig, oder sich Sitting Bull als Heiliger Mann berufen fühlte und nicht mehr Krieger war, oder wenn jemand Zahnschmerzen hatte (meines Wissens erst seitdem es Zucker gab!) und er entschied nicht mitzukommen, dann war das ok.
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Lakota halten eh nicht viel von Schuld und Strafen. Die Scham über einen Fehler reichte oft als Strafe vollkommen aus. Denn der Erhalt der Ehre ist sehr wichtig. Bei der Büffeljagd sorgte die Stammespolizei, die Acichita, aber beispielsweise dafür, dass keine jungen Männer voller Übermut die Jagd starteten und die ganze Herde vertrieben. Dann wurde zur Strafe der Bogen des Betroffenen von einem Acichita zerbrochen. Und bei sehr schlimmen Vergehen konnte auch Mitglied schon mal aus dem Stamm ausgeschlossen werden.
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Im Allgmeinen wurde so gut wie alles im Rat, im Plenum diskutiert. Dabei ging es sehr ziviliesiert zu. Von den Ojibwe weiß ich, dass immer nur der sprechen konnte, der einen Federn-Fächer in der Hand hilt. Erst wenn er anzeigte fertig gesprochen zu haben, gab er ihn dem nächsten Redner weiter. So konnte keiner dem anderen ins Wort fallen. Jeder konnte seine Meinung frei äußern. Einziges Problem: Wenn nicht alle einer Meinung waren, kam kein Ergebnis zustande. Das führte zu großer Harmonie im Stamm, brachten diesen aber oft nicht voran, war also nicht effizient. Jetzt ist nur die Frage, was fortschrittlicher bzw erstrebenswerter ist: Betriebswirtschaftlich effiziente umweltschädigende, menschenfeindliche Konsumgesellschaft, oder harmonisches Aussteiger-Stammes-Leben wie bei uns vor dem Ackerbau. Das ist jetzt provokant und idealisierend formuliert, aber durchaus einen Gedanken wert. Viele Indigene sind NICHT dankbar für den sogenannte Fortschritt und die sogenannte Zivilisation.
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Indianer schlugen Ihre Kinder nicht, waren/sind aufgeschlossen gegenüber Frauen in Männerberufen (Kriegerinnen, Woman Chief, Lozen uvm) tolerant gegenüber Homosexualität. Daher würde ich die Christianisierung nicht als Zivilisierung bezeichnen, sondern behaupten in vielem waren diese Menschen uns sogar voraus.
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Ja, Indianer sind schon cool. ;-)
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Monika von One Spirit Deutschland