Also die Frage ist ja erstmal, ob du es ihnen überhaupt sagen musst. Gerade die Sache mit dem nonbinär scheint mir völlig irrelevant in dieser Hinsicht. Erstens ist es sehr gut möglich, dass sich sowas noch ändert wenn du ein Teenager bist. Zur Zeit ist es unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ja auch einfach "in", trans oder nonbinär oder solche Labels für sich zu verwenden. Die meisten Jugendlichen, die behaupten, sie seien trans/nonbinär/genderfluid etc. sind es gar nicht, weil sie gar nicht wirklich verstehen, was das überhaupt bedeutet. Sie sagen es halt einfach, weil es irgendwelche Freunde oder irgendwelche Leute auf Tiktok sagen. Das ist bei dir definitiv auch gut möglich. Und selbst wenn du tatsächlich nonbinär bist, betrifft es deine Eltern überhaupt nicht. Es geht dabei ja nur darum, dass du dich in gewissen Hinsichten nicht mit der klassischen Frauenrolle identifizieren kannst. Das kannst du deinen Eltern auch sagen, ohne Begriffe wie "nonbinär" zu benutzen. Du kannst z.B. sagen, "Ich liebe Fussball und ich würde gerne in einer Mannschaft aktiv spielen". Dann denken sich deine Eltern vielleicht "okay, etwas unüblich, aber hey, kein Problem." Und damit hast du ja dann im Prinzip das Gleiche gesagt. Wenn du tiefere Gespräche über deine Identität führen willst machst du das besser mit deinen Freundinnen oder einem Partner als mit deinen Eltern.
Und auch was die Bisexualität angeht, musst du deine Eltern nicht zwangsläufig informieren. Die müssen ja nicht jedes Mal einen Bericht erhalten, nur weil du mit einem anderen Mädchen rumgemacht hast.
Wenn du eine feste Freundin hast oder suchst, ist es natürlich etwas anderes. Dann möchtest du zu ihr stehen und du möchtest, dass sie von deinen Eltern akzeptiert wird.
In diesem Fall wäre mein Rat, dass du zunächst mit deiner Mutter sprichst. In traditionell-konservativen Kulturen ist das meistens der einfachere und sicherere Weg. Deine Mutter kann es dann deinem Vater erzählen. Falls er wütend wird, musst du nicht danebenstehen und seine Wut aushalten. Er kann sich dann erstmal beruhigen und ihr (du und dein Vater) könnt miteinander sprechen, wenn sich sein Gemüt gelegt hat.
Du sagst, dass deine Eltern schlecht über LGBTQ+ Leute reden. Sie scheinen also durchaus einige Vorurteile zu haben. Gerade deswegen würde sich ein offenes Gespräch aber lohnen. Man weiss das aus der Schwulenbewegung in den 1980er-Jahren. Damals war es noch ziemlich tabu, offen schwul zu sein. Viele ältere Leute sprachen sehr schlecht über Schwule und Lesben. Deshalb entschlossen sich damals zehntausende Homosexuelle, ihr Coming-Out zu machen. Plötzlich war ein Schwuler nicht mehr irgendeine anonyme Lachnummer oder ein Schreckgespenst, sondern der eigene Sohn, der eigene Bruder, der beste Freund etc.. Das führte dazu, dass die Menschen begannen, Homosexualität ganz anders zu betrachten.
Dein Coming-Out könnte als bisexuell könnte paradoxerweise also dazu führen, dass deine Eltern deutlich empathischer und verständnisvoller werden, was dieses Thema angeht. Natürlich wird es am Anfang mühsam sein. Vielleicht werden sie die ersten 1-2 Jahre enttäuscht oder wütend reagieren, aber irgendwann werden sie kapieren, dass das alles ja gar nicht so schlimm ist und dass ihre Vorurteile gar nicht stimmten. Ich finde also, das könnte für deine Familie auch eine grosse Chance sein.
Und wer weiss, vielleicht reagieren sie ja auch völlig cool. Das weiss man ja nie.