Ich sehe immer nur Deutsche gegen die AfD hetzen,...
Kritik ist nicht immer gleich Hetze, nur weil du sie nicht verstehst.
..., eigentlich nie welche mit Migrationshintergrund.
Dann bist du blind oder schaust nicht hin. Natürlich sind unter den Gegnern der AfD auch Ausländer, Migranten und Deutsche mit einem Migrationshintergrund.
Die AfD hat doch rein gar nichts gegen diese Menschen, im Gegenteil, sie setzten sich genau für die ein.
Nein, die AfD setzt sich nicht unbedingt für Menschen ein. Sie setzt sich für Deutschland ein (bzw. ihre Vorstellung davon, wie Deutschland sein soll), deutsche Kultur (genau genommen ihr eigenes Bild davon) und das deutsche Volk (ein Kollektivbegriff, unter dem die AfD was anderes versteht als viele andere Deutsche). Um den Menschen geht es da nur in zweiter Linie. Das ist ein Grundzug rechter Parteien. Nur, wenn er als Träger "deutschen" Blutes oder Unterstützer "deutscher Kultur" der Ideologie der Nationalisten nützlich ist, dann hat der Mensch Unterstützung verdient.
Du gehst davon aus, dass ein Mensch von Natur aus zu einem bestimmten Volk gehört und eine damit verknüpfte Kultur ausübt. Das ist beides so nicht richtig. Völker sind keine biologischen Einheiten. Sie sind gesellschaftlich definiert und eine biologische Verwandtschaft ist nur eine unter vielen Grundlagen für diese Definition, neben Sprache, Kultur, Religion usw. Dass die Norddeutschen trotz ihrer ganz unterschiedlichen Sprache kein eigenes Volk sind, liegt an der politischen Geschichte - ebenso, dass die Niederländer sich nicht als Niederdeutsche verstehen. Dass Katalanisch nicht als spanischer Dialekt betrachtet wird, ist ebenfalls eine Definitionssache. Ob Belarusen und Ukrainer eigene Völker sind oder nur Dialektgruppen des Russischen ist je nach Standpunkt auch umstritten.
Die Angehörigen eines Volkes oder einer Kultur haben auch nicht dieselben Lebensweisen oder Ziele. Leute können traditionell leben oder modern, Volksmusik hören oder Pop, oder beides. Nationalistische Ideologie verkleistert die realen Unterschiede mit dem Stolz auf die Gemeinsamkeit und die Größe des eigenen. Unterschiedliche Bedürfnisse, Lebensweisen und Ziele sind zwar immer noch da, aber die Nationalisten reden dir ein, sie würden alle im Volk vertreten. Die Armen sollen sich am wohligen Gefühl nationaler Größe wärmen und darüber vergessen, dass eigentlich die Oligarchen sich ihr Land unter den Nagel gerissen haben und die Politiker ihre Söhne in den Krieg schicken. Bei den Kommunisten ist das übrigens genauso. Als Arbeiter und Bauer musst du "natürlich" die Kommunisten unterstützen, da sie deine Interessen vertreten. Wenn sie neben dir den Zaren und den Großbauer erschießen, kann dir das doch gleich sein. Das sind doch deine Feinde! Gegen die musst du doch auch sein. Und wenn du nicht gegen die Feinde deiner Klasse kämpfst, bist du ein Verräter und wirst auch erschossen.
Wieso Unsinn? Das macht doch überhaupt keinen Sinn, das ist ja wie wenn ich in meiner Heimat gegen eine Partei hetze die sich positiv über mich äußert und die Kultur beibehalten will?
Wenn die Werbung sagt, dass du total cool bist, und deshalb auch Marlboro rauchen musst, glaubst du das auch sofort?
Meine Kultur beinhaltet übrigens unter anderem, dass man Leuten hilft, die in Not sind. Und dass man Menschen nicht danach beurteilt, wie sie aussehen. Ob sie eine lange Haare oder eine dunkle Haut haben. Diese Kultur möchte ich beibehalten und darum bin ich gegen die AfD. Für meine Liebe zu deutscher Literatur, Baukunst und Sprachgeschichte brauche ich keine AfD. Davon haben die meisten AfDler doch keine Ahnung. "Deutsche Kultur" ist für die nur ein wolkiger Kampfbegriff, um ihre politischen Vorstellungen schöner zu verpacken.
Warum hassen sie sich selber?
Wir hassen uns nicht selber. Wir sind nur sehr kritisch geworden, wenn uns jemand versucht mit nationalistischen Gefühlsversprechungen zu ködern. Und das hat seine Gründe. Der erste Weltkrieg ist aus nationalem Hochmut aller europäischen Staaten ausgebrochen und hat Europa zugrunde gerichtet. Die Nazis haben uns dann eingeredet, dass die Deutschen die wertvollsten Menschen seien und alle anderen entweder umgebracht werden oder uns untertan sein müssten. Das haben viele Deutsche - genau wie du das normal und richtig findest - gern gehört und unterstützt. Die Nazis konnten dadurch die Demokratie abschaffen, denn wozu über die Politik diskutieren, wenn man Politik einfach nur für das deutsche Volk machen musste - und die Nationalisten wussten ja am besten, was für ihr Volk gut war. Sie waren ja immer dafür, und ihre Gegner waren Volksfeinde. Schließlich wurden alle "Antideutschen" eingesperrt, misshandelt oder hingerichtet. Denn die nationalistische Naziregierung hat selber definiert, wer "antideutsch" ist und da fielen am Ende auch "Biodeutsche" drunter, die die Regierung zu Recht kritisiert haben, nur einen Witz über die Politiker gemacht haben oder auch einfach krank oder behindert waren. Schon damit haben die Nationalisten die Moral, politischen Rechte und die Freiheit der Menschen zerstört. Schließlich wurden die "Deutschen" für den Einsatz "für das deutsche Volk" in den Krieg eingezogen und sind dort zu Millionen gestorben. Millionen wurden vertrieben, Deutschland hat große Gebiete und zeitweise seine politische Selbständigkeit verloren und lag für Jahre in Trümmern.
Ich verstehe aus deinen Beiträgen schon, dass du Egoismus und v.a. nationalen Egoismus als vorrangiges Lebensprinzip verstehst. Das finde ich schon grundsätzlich ... sagen wir mal höflich: nicht gut. Aber selbst dann sollte man doch ein bisschen darüber nachdenken, dass man mit blindem Egoismus sich am Ende oft selber schadet, oder?