Gute Frage ...
Es kommt drauf an, es werden auch viele Fragen zu anderen Religionsgemeinschaften, Kirchen, Glaubensgemeinschaften und Sekten gestellt. In einigen Foren geht es tendenziell mehr um Fragen zu den sogenannten "Zeugen Jehovas", in anderen geht es tendenziell mehr um die sogenannten "Mormonen", dann gibt es Foren, die sich ganz explizit nur mit bestimmten Gruppen auseinandersetzen. Dies hier ist ja ein allgemeines Forum zu allem Möglichen ...
Mit den "Zeugen" zu diskutieren - ja, kann man machen. Man kann auch mit "Mormonen" und Scientologen diskutieren. Man kann mit jedem diskutieren. Dass Menschen Fragen über eine Gemeinschaft stellen, dann aber nicht direkt mit Vertretern dieser diskutieren, liegt wohl schlicht daran, dass am Ende das Interesse doch nicht so wahnsinnig groß ist ...
Ich (30) bin Christ und ständig im Gespräch mit Menschen, die meinen Glauben nicht teilen. Ich hatte die "Zeugen" ebenso vor der Haustür wie die "Mormonen", und auch mit Vertretern verschiedener adventistischer Gruppen bin ich ins Gespräch gekommen. Natürlich auch mit Menschen, die religiöse Vorstellungen vertreten, die sich ganz bewusst nicht dem christlichen Spektrum zuordnen, etwa mit Muslimen. Letztlich ist auch der Atheist ein zutiefst religiöser Mensch, er glaubt v. a. an sich selbst.
Um bei den "Zeugen" zu bleiben - deine Frage bezog sich ja konkret auf diese, aber das Folgende ließe sich auch über die "Mormonen" und andere sagen: Wer selbst überzeugter Christ ist, steht hier vor zwei Hürden:
(1) Die "Zeugen" schaffen es, ihre bibelfremden Lehren relativ geschickt durch verdrehte Anwendungen biblischer Texte für "biblisch" zu verkaufen (meistens, indem sie Texte aus dem Zusammenhang reißen und etwas in sie hineinlesen, was sie vom Zusammenhang her gar nicht aussagen);
(2) die "Zeugen" merken das i. d. R. selbst nicht, weil in Wirklichkeit für den einzelnen "Zeugen" gar nicht die Bibel als solche allein maßgebend für seinen Glauben und seine Lehre ist, sondern ausschließlich die von seiner Leiterschaft (der sogenannten "Leitenden Körperschaft") vorgegebene Auslegung. Er traut sich i. d. R. nicht zu, beurteilen zu können, ob das, was die Leitung ihm vermittelt, biblisch ist oder nicht.
Diese "Kirchenleitung" ist aus seiner Sicht eine Art "Sprachrohr" Gottes, und infrage zu stellen, was die "Leitende Körperschaft" sagt, kommt für ihn einer Kritik an Gott gleich. Wer möchte, wenn er Gott dient, diesen schon kritisieren und Gefahr laufen, sein ewiges Leben aufs Spiel zu setzen?!
Durch den Absolutheitsanspruch der Organisation und die Art ihrer Selbstdarsellung vor ihren Anhängern entsteht bei dem einzelnen "Zeugen" eine geschickt eingefädelte, abergläubische Ehrfurcht vor einem "goldenen Kalb" namens Wachtturm-Gesellschaft. Der "Zeuge" ist - wenn er Widersprüche zwischen dem Lehrgerüst der Organisation und der Heiligen Schrift feststellt - eher geneigt, der Organisation trotzdem zu glauben, als das Offensichtliche anzunehmen: dass die Organisation irrt.
Die Organisation erwartet bedingungslosen Gehorsam. Was sie sagt, ist (ihrem Selbstanspruch nach) Gottes Wille. Mancher "Zeuge" wird das abstreiten, aber es ließen sich enorm viele Zitate aus der Literatur der Wachtturm-Gesellschaft anführen, die genau das ausdrücklich sagen.
Es gibt natürlich positive Ausnahmen, und ein "Zeuge", der eigenständig denkt, hält es i. d. R. irgendwann in diesem System aucch nicht mehr lange aus.
Diese beiden Barrieren gilt es, in einem Gespräch zu wissen. Der "Zeuge" ist ebenso wenig wie der "Mormone" ein frei denkender, selbstständig schlussfolgernder und die Konsequenzen daraus ziehender Mensch - in profanen alltäglichen Angelegenheiten ja, aber nicht auf religiöser Ebene. Das macht die Diskussion oft sehr schwierig.
Als Christ kann man dem oft habhaft werden, wenn man (1) die Bibel besser kennt als der "Zeuge", "Mormone" oder sonst wer, und wenn man (2) deren Denkmuster und religiöse Vorstellungen besser kennt als sie selbst. Und genau da mangelt es bei vielen ...
Beste Grüße
BCG88