Artenschutz und Biodiversität

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FAQ: Was ist Biodiversität? II

Weiter geht es mit Teil II. Zu Teil I geht es hier.Die zwischenartliche Ebene der BiodiversitätHiermit ist im wesentlichen die Artenvielfalt gemeint, also die Anzahl an verschiedenen Arten, die in einem bestimmten Gebiet leben. Die räumliche Skala kann dabei unterschiedlich sein. So kann man z. B. betrachten wie viele Arten in einem Wald vorkommen, in einem Land, auf einem Kontinent oder auf der ganzen Welt.Arten, die nur in einem bestimmten Areal vorkommen, werden Endemiten genannt. Das Verbreitungsgebiet einer endemischen Art kann ebenfalls von unterschiedlicher Größe sein, so kann eine Art z. B. auf einen Kontinent beschränkt sein, auf eine Insel(gruppe), auf einen Wald oder sogar nur auf einen einzigen Baum dieses Waldes. Arten mit weitem oder gar weltweitem Verbreitungsgebiet werden Kosmopoliten genannt. Die Lemuren (Lemuriformes) z. B. sind auf Madagaskar endemisch, während der Mensch mit Ausnahme Antarktikas ein auf allen Kontinenten lebender Kosmopolit ist.Zur Quantifizierung der Artenvielfalt unterscheidet man verschiedene räumliche Diversitätsebenen, die man α-, β- und γ-Diversität nennt. Dieses Konzept geht zurück auf den Ökologen R. H. Whittaker (Whittaker 1960, Whittaker 1972).Als Punktdiversität oder α-Diversität bezeichnet man die Artenvielfalt eines bestimmten Lebensraums, z. B. eines Transekts in einem Waldgebiet.Die β-Diversität beschreibt, wie die Artenzusammensetzungen zweier (benachbarter) Lebensräume sich voneinander unterscheiden und z. B. entlang eines ökologischen Gradienten verändern. Wenn man z. B. die Artenvielfalt in einem Transekt an einem Waldrand (α₁) ermittelt und jene in einem weiteren Transekt im Waldesinneren (α₂), beschreibt die β-Diversität, wie viele Arten nur in einem der beiden Räume vorkommen. Ist die β-Diversität groß, bedeutet das, dass in den beiden Regionen nur wenige Arten gemeinsam vorkommen, die Artengemeinschaften am Waldrand und im Waldesinneren also sehr verschieden sind. Sie ist hingegen gering, wenn in beiden Teilen des Waldes praktisch dieselben Arten vorkommen. Die γ-Diversität hingegen beschreibt die Gesamtartenvielfalt im gesamten großräumlichen Gebiet - im genannten Beispiel also, wie viele Arten im gesamten Wald vorkommen. Die γ-Diversität ist also das Produkt aus β-Diversität und α-Diversität.Aktuell sind etwa 2 Mio. verschiedene Arten wissenschaftlich beschrieben (Millenium Ecosystem Assesment Report 2005), davon entfällt knapp die Hälfte allein auf die Insekten und 374 000 Spezies sind Pflanzen (Christenhusz & Byng 2016). Das ist aber nur ein Bruchteil der Gesamtartenvielfalt, denn ein Großteil aller Arten ist noch gar nicht entdeckt worden. So kommen jährlich etwa rund 2000 neue Pflanzenarten (Christenhusz & Byng 2016) und zwischen 6000 und 10 000 neu beschriebene Insektenarten (Retro SOS Report 2000-2009) hinzu.Wie groß die Gesamtartenzahl tatsächlich ist, lässt sich nur grob schätzen. Die Schätzungen variieren zwischen wenigen Mio. und bis zu 100 Mio. verschiedenen Arten. Der Weltbiodiversitätsrat schätzt in seinem Zustandsbericht von 2019 die Gesamtartenzahl auf etwa 8 Mio. Arten, von denen rund 1 Mio. Arten (IPBES 2019), nach neuerer Schätzung sogar bis zu 2 Mio. Arten (Hochkirch et al. 2023), also ein Viertel aller Spezies, bedroht ist.Die Ökosystemebene der BiodiversitätAuf der Erde existieren die unterschiedlichsten Ökosysteme mit ihrer jeweils spezifischen Artenzusammensetzung. Die artenreichsten Ökosysteme sind tropische Regenwälder an Land und im Meer die Korallenriffe.Die Biodiversität der Ökosysteme umfasst jedoch nicht nur die Vielzahl der Ökosysteme an sich, sondern auch die Vielzahl der unterschiedlichsten Wechselbeziehungen zwischen den Lebewesen innerhalb der Ökosysteme. So zählen z. B. Räuber-Beute-, und Parasit-Wirt-Beziehungen ebenso hinzu wie mutualistische, also für alle Beteiligten vorteilhafte Beziehungen (im Deutschen oft auch mit dem Begriff Symbiose bezeichnet) hinzu wie z. B. die zahlreichen Interaktionen zwischen Blütenpflanzen und ihren tierischen Bestäubern aber auch die Beziehungen zwischen Wirten und ihrem Mikrobiom, der Gesamtheit aller auf und in dem Wirt lebenden Mikroorganismen.

FAQ: Was ist Biodiversität? I

Hallo liebe Gruppenmitglieder! Los geht es heute in der Gruppe Artenschutz und Biodiversität mit einer wichtigen Frage: Was ist Biodiversität überhaupt? Oft wird Biodiversität gleichgesetzt mit dem Begriff der Artenvielfalt. Die Biodiversität ist aber weitaus mehr als das, Artenvielfalt ist nur ein Teil von ihr. Was alles ist Biodiversität? Die Konvention über biologische Vielfalt definiert den Begriff Biodiversität so: "'Biologische Vielfalt' meint die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter terrestrischer, mariner und anderer aquatischer Ökosysteme und der ökologischen Komplexe, deren Teil sie sind; dies beinhaltet die Vielfalt innerhalb der Arten, zwischen den Arten und von den Ökosystemen." - Convention on Biological Diversity. Biodiversität können wir demnach auf drei verschiedenen Ebenen betrachten: auf innerartlicher Ebene, auf zwischenartlicher Ebene und auf Ökosystemebene. Die innerartliche Ebene der Biodiversität Schon Charles Darwin erkannte, dass die Individuen einer Art nicht alle gleich sind, sondern sich leicht unterscheiden. Die phänotypische innerartliche Variabilität ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Evolution durch natürliche Selektion. Erst die innerartlichen Unterschiede ermöglichen es, dass Arten sich an sich verändernde Umweltbedingungen anpassen können. Zum Beispiel haben die Individuen der zu den Galápagosfinken gehörenden Mittleren Grundfinken (Geospiza fortis) unterschiedlich große Schnäbel, die zum Fressen verschieden großer Sämereien unterschiedlich gut geeignet sind. Das Forscherehepaar Grant vermaß über viele Jahrzehnte hinweg die Schnäbel der Mittelgrundfinken auf der Insel Daphne Major und konnte so zeigen, wie sich die durchschnittliche Schnabellänge im Lauf der Zeit an ein sich veränderndes Nahrungsangebot anpasste (Grant & Grant 2006, Grant & Grant 2014). Grundlage der phänotypischen Vielfalt ist die genetische Vielfalt. Durch zufällig auftretende Mutationen entstehen neue Genvarianten, die Allele. Die Gesamtheit aller Allele einer Population wird Genpool genannt. Der Genpool einer Population verändert sich ständig. Nicht nur die bereits erwähnten Mutationen, auch aus anderen Populationen einwandernde Individuen fügen dem Genpool neue Allele hinzu, man nennt diesen genetischen Austausch zwischen Populationen oder Arten Genfluss. Gleichzeitig können Allele aus dem Genpool auch verschwinden. Zum einen werden für das Überleben nachteilige Allele durch die natürliche Selektion wieder aussortiert. Zum anderen können Allele durch die zufälligen Ereignisse der genetischen Drift verschwinden - z. B. in einer Population mit großem Geschlechterungleichgewicht beispielsweise finden nicht alle Individuen einen Fortpflanzungspartner. Wenn etwa ein Weibchenmangel herrscht, geben diejenigen Männchen, die keine Partnerin finden, ihre Allele nicht weiter. Diese Allele sind dann in der Nachfolgegeneration somit nicht mehr Teil des Genpools. Während Mutation neue Allele entstehen lässt, sorgt Rekombination dafür, dass vorhandene Genvarianten mit jeder Generation immer wieder neu arrangiert werden. Die meisten Organismen sind diploid. Das bedeutet, dass jedes Chromosom (und damit auch jedes auf diesem Chromosom liegende Gen) nicht nur einmal, sondern paarweise vorliegt, wobei von jedem Paar jeweils ein Chromosom mütterlicherseits und eines väterlicherseits geerbt wurde. Beim Menschen etwa gibt es 46 Chromosomen, die in 23 Paaren vorliegen. Die beiden Chromosomen, die jeweils ein Paar bilden, also dieselben Gene haben, heißen homologe Chromosomen. Während der Bildung der Geschlechtszellen (Gameten) wird der diploide Chromosomensatz zu einem einfachen (haploiden) Chromosomensatz durch eine besondere Form der Kernteilung, Meiose genannt, halbiert. Beim Menschen hat ein Gamet also nur 23 Chromosomen, von jedem Paar eines. Welches der beiden Chromosomen auf einen Gameten aufgeteilt wird, erfolgt für jedes Paar zufällig. Beim Menschen gibt es somit 223 (= 8 388 608) verschiedene Möglichkeiten, die Chromosomen als haploiden Chromosomensatz zu arrangieren. Auch die sexuelle Fortpflanzung ist Teil dieser sog. interchromosomalen Rekombination, also der Rekombination zwischen den Chromosomen. Bei der Verschmelzung von Eizelle und Spermium werden der mütterliche und der väterliche haploide Chromosomensatz miteinander wieder zu einem diploiden Chromosomensatz kombiniert. Zusätzlich gibt es auch noch die intrachromosomale Rekombination. Während der Meiose können die homologen Chromosomen während des Crossing Overs Teile untereinander austauschen. Auf diese Weise kann auch die Kopplung von Genen, d. h. von Genen, die auf demselben Chromosom liegen und eigentlich nur zusammen vererbt werden, aufgehoben werden. Neuere Betrachtungen zur innerartlichen Vielfalt beziehen neben der genetischen Vielfalt auch die kulturelle Vielfalt mit ein (Brakes et al. 2021, Greggor 2024). Hier geht es weiter mit Teil II.