Wie ist diese Aussage von Novalis zu verstehen?

1 Antwort

"Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein
geheimnisvolles Ansehen, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es." (Novalis)

Diese Definition des Romantisierens bedeutet: die Welt, die Dinge werden verwandelt, indem sie uns plötzlich, durch die Gestaltungskraft des Dichters, fantastisch, wunderbar, traumhaft oder auch als Alptraum erscheinen. Die Dichter der Romantik wollten durch dieses Romantisieren dem geheimnisvollen Wesen der Welt auf die Spur kommen, sozusagen ihren Sinn erschließen oder ihm jedenfalls näher kommen.

Beispiele: Das Gedicht „Die zwei Gesellen“ von Eichendorff: Das Leben des ersten Gesellen wird noch bieder-realistisch beschrieben: „Der erste, der fand ein Liebchen, die Schwieger kauft Hof und Haus....“ Für den zweiten Gesellen verwandelt sich die Welt in eine Horrorlandschaft: „Dem zweiten sangen und logen die tausend Stimmen im Grund, verlockend Sirenen, und zogen ihn in der buhlenden Wogen farbig klingenden Schlund.“

Oder: „Nachtzauber“ - ebenfalls von Eichendorff (2. Strophe): „Kennst die Blume du, entsprossen in dem mondbeglänzten Grund? Aus der Knospe, halb erschlossen, junge Glieder blühend sprossen, weiße Arme, roter Mund...“ Einer gewöhnlichen Blume wird hier ein geheimnisvolles Ansehen gegeben! - 

Oder Clemens Brentano: „Hörst du, wie die Brunnen rauschen.....Selig, wen die Wolken wiegen, wem der Mond ein Schlaflied singt, o wie selig kann der fliegen, dem der Traum die Flügel schwingt, dass an blauer Himmelsdecke Sterne er wie Blumen pflückt, schlafe, träume, flieg, ich wecke bald dich auf und bin beglückt!“  - Aus der Endlichkeit der Welt, wo die Brunnen rauschen, entflieht der Träumer in die unendliche Welt des Traums, wo die Bedingungen der Endlichkeit nichts mehr zählen. Dem Gemeinen, Alltäglichen (Brunnen rauschen) wird hier ein hoher Sinn beigegeben, indem dieses Rauschen den Eintritt in die unendliche Welt ermöglicht.

Aktualitätswert? Vielleicht, dass unsere Welt sich durch ständige Fake-news in etwas Fremdes, Ungeheuerliches verwandelt. Z.B. das Münchener Attentat. Es wurden Gerüchte gestreut, auch am Stachus hätte man Schüsse gehört. Die Münchener dachten, mehrere Terroristen machten München total unsicher. In Wahrheit handelte nur ein einziger Terrorist. -

Neulich las ich irgendwo im Internet, die österreichische Regierung wolle die Finanzierung der österreichischen Presse durch Steuergelder neu regeln. Vermutlich war das ein „Fake-new“. Man stelle sich vor, das wäre tatsächlich so; wir sähen uns in unserer Vorstellung von einer freien Presse total getäuscht. Die Österreicher fänden sich in einer alptraumhaften Welt wieder, in der die Presse von der Regierung gesteuert würde.

Weitere „Fake-news“ kenne ich nicht, es sollen aber ständig welche produziert werden.

mia0san0mia 
Fragesteller
 21.02.2017, 20:32

Dankeschön.. Hab vielen vielen lieben dank! 

Du hast mir echt geholfen!

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