Kann mir jemand die elektrische Leitung im Bändermodell erklären?

1 Antwort

Ich hole mal etwas weiter aus, im Kontext dürfte es leichter verständlich sein.

Ein einzelnes Atom hat ja seine "Elektronenschalen" - diskrete Energiestufen, auf denen sich Elektronen aufhalten können. In Energieniveaubildern stellt man die möglichen Energiestufen als kurze waagerechte Strecken, "Linien", dar.

Das Atom kann nicht nur ionisiert werden - zwischen dem Grundzustand und dem ionisierten Zustand befinden sich "angeregte" Zustände, in denen das Valenzelektron bzw. die Valenzelektronen immer noch an das Atom gebunden sind, sich aber auf einem höheren Energieniveau befinden. Auch diese "Anregungsniveaus" stellt man durch Linien dar.

Bei zwei aneinander gebundenen Atomen spaltet sich das Energieniveau der Valenzelektronen auf in zwei Energieniveaus, die etwas niedriger bzw. etwas höher liegen als das Niveau eines einzelnen Atoms. Wir haben hier eine Doppellinie. (Dass eines dieser Niveaus etwas niedriger liegt als die Ausgangsniveaus, ist übrigens die Ursache dafür, dass es Atombindungen gibt.) - Woher diese Aufspaltung kommt, kann man in der Quantentheorie nachrechnen, das würde hier den Rahmen bei weitem sprengen. Wichtig ist noch, dass die Energieniveaus nicht mehr je einem einzelnen Atom "gehören", sondern dem Gesamtsystem aus beiden Atomen.

Wenn wir drei Atome dicht aneinander legen, spaltet sich das Energieniveau in drei Niveaus auf.

Bei vier Atomen haben wir vier Einzelniveaus, bei fünf Atomen fünf, usw.

Im Metallverband haben wir so viele Energieniveaus, dass wir die nicht mehr voneinander unterscheiden können. Die Elektronen übrigens auch praktisch nicht. Dadurch fügen sich die vielen Linien zu einem Band zusammen.

Auch wieder erst aus der Quantenmechanik begründbar ist, dass die Elektronen in einem ganz gefüllten Band ortsgebunden sind, während in einem teilweise gefüllten Band einige Elektronen quasi-frei beweglich sind. Bei einem halb gefüllten Band alle, bei einem weniger oder mehr gefüllten Band entsprechend weniger. (Stell dir einen teilweise gefüllten Tankwagen vor - wenn er leer oder voll ist, kann nichts hin- und herschwappen während ein halb gefüllter Tank am gefährlichsten ist.)

Bei einem Kristall aus Atombindungen spalten sich die Energieniveaus ebenfalls nach der Anzahl der Atome auf, da hier aber alle Plätze für Elektronen besetzt sind, sind die Elektronen ortsgebunden (der Tank ist randvoll).

Aber auch die angeregten Zustände der Atome spalten sich im Kristall auf. Sie bilden ebenfalls ein Band, allerdings sind hier die Niveaus im Grundzustand unbesetzt (der Tank ist leer). Die Elektronen können Energien zwischen dem Grundzustandsband und dem Anregungsband nicht annehmen - das ist die (erste) Bandlücke. (Ebenso ist es mit weiteren angeregten Zuständen, aber die spielen für die Praxis keine Rolle und liegen außerdem sowieso meistens so dicht beieinander, dass sie sich überlappen.)

Wie verschiedene Atome verschiedene Ionisierungsenergien haben, so haben sie auch verschiedene Anregungsenergien.

In einem Nichtleiter sind die Anregungsenergien so groß, dass man sehr starke elektrische Felder braucht, um die Elektronen aus dem obersten Niveau des Grundzustands in das unterste Niveau des Anregungszustands anzuheben. Das entspricht schon fast einer Ionisation. (Siehe auch "Durchschlagsspannung".)

In einem Halbleiter ist die (erste) Anregungsenergie so klein, dass schon "thermische Energien" (die Energie, die die Atome und Elektronen aufgrund der Wärmebewegung haben) ausreichen, eine größere Zahl von Elektronen über die Bandlücke hinweg zu heben ("in den oberen Tank zu pumpen"). Das ist auch der Grund dafür, dass Halbleiter bei sehr niedrigen Temperaturen zu Nichtleitern werden und umso besser leiten, je höher die Temperatur wird.

Übrigens gilt das mit dem halb gefüllten Leitungsband hauptsächlich für elementare Metalle. Es gibt auch andere Metalle - Chromdioxid soll eins davon sein -, die von ihrer Struktur her eigentlich Nichtleiter sein sollen, wo die Anregungsenergie aber kleiner ist als die "Bandbreiten" von Grundzustand und angeregtem Zustand, sodass sich hier die Bänder überlappen. (CrO2 ist aber immer noch ein sehr, sehr schlechter Leiter, fast ein Isolator. Aber die Leitfähigkeit sinkt mit steigender Temperatur, was ein typisches Verhalten von Metallen ist.)

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung