Hat Archäologie eine Zukunft?

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Ich bin Archäologe und schreibe derzeit an meiner Doktorarbeit. Das ist an sich auch das einzige, was mich derzeit mit Archäologie verbindet. Denn die Berufsaussichten sehen doch sehr mau aus. Ich bin nicht einmal sicher, ob ich mit einem Dr. eine Stelle bekomme. Und gute Bezahlung sieht auch irgendwie anders aus. Ich verdiene mein Geld mit vielen nicht-archäologischen Aktivitäten. Als Student konnte ich noch auf vielen Grabungen arbeiten, als Magister ist man da sehr eingeschränkt. Ich habe übrigens einen sehr guten Abschluss. Daran liegt es nun wirklich nicht. Aber in Deutschland wird nun eben in der Kultur am meiste gespart.

Generell sieht die Perspektive für Archäologen sehr schlecht aus. Aber das kann man derzeit für fast alle Fächer sagen. Wichtig ist, dass dir der Beruf am Herzen liegt, du einen guten Abschluss machst und Beziehungen hast. Du musst auch eine Nische finden. Etwas, was dich besonders macht.

Zu meiner Zeit hat uns jeder vom Archäologie-Studium abgeraten. Wir würden nur arbeitslos werden. Dann fiel die Mauer und jeder fertige Archäologe hätte sich noch teilen können, so viel Arbeit gab es.

Man kann das nicht vorhersehen. Ich arbeite aus gesundheitlichen und familientechnischen Gründen zwar nicht mehr in dem Beruf, aber ich könnte immer noch, wenn ich denn wollte. Ich bin schon zwei Mal umgesattelt, jetzt grade ein drittes Mal, auch dabei war das Studium mehr als nützlich. Wenn es das ist, was du machen möchtest, dann mach es. Aus eigener Erfahrung kann ich dir aber sagen, für Frauen ist es ungleich schwerer als für Männer.

ddeerr  10.07.2012, 00:04

Du bist studierte/r Archäolog(e)in? Hochachtung!

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Plasmaspender  11.07.2012, 22:27

Warum denkst du, dass es für Frauen ungleich schwerer ist als für Männer?

Klar, Familie gründen und Kinder bekommen ist wirklich schwierig in diesem Beruf, wenn man sich von einem befristeteten Vertrag zum nächsten hangelt und dann noch wegen der Schwangerschaft/Kinderbetreuung eine Zeit lang aussetzen muss.

Aber sonst?

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Archäologie hat Zukunft - aber mit Bezahlung sieht es mau aus. Ab 10 Euro (Stand 2014) die Stunde verdienst Du als Doktor ohne Grabungserfahrung im Angestelltenverhältnis bei einer privaten Grabungsfirma. Also schau, daß Du einen der extrem rahren Jobs beim Staat bekommst. Sonst kannst Du Privatleben oder Familie eh vergessen. Nebenbei: Der Archäologiesektor ist leider immer noch nicht gewerkschaftlich organisiert.

Plasmaspender  22.03.2014, 17:37

als Doktor ohne Grabungserfahrung

Wenn man nach der Promotion immer noch keine Grabungserfahrung hat, dann hat man gründlich was falsch gemacht. In der Ur- und Frühgeschichte ist das gar nicht möglich, weil wenigstens eine Handvoll Grabungstage im Studium vorgeschrieben ist.

Der Doktortitel ist ohnehin irrelevant, wenn man für eine Grabungsfirma arbeitet. Viele zahlen gerade mal 8,50 €/Stunde.

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09Walter  22.03.2014, 19:07
@Plasmaspender

Wir haben hier einen Doktor ohne Grabungserfahrung. Nur dazu kann ich natürlich etwas sagen. :) Und: ungelernte Grabungshelfer verdienen bei uns 8 Euro/Stunde.

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Plasmaspender  22.03.2014, 19:26
@09Walter

Das ist dann aber sicherlich kein Prähistoriker, sondern ein Klassischer Archäologe o.ä., oder?

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09Walter  22.03.2014, 19:57
@Plasmaspender

Doch, sein Fachgebiet bewegte sich in der vorrömischen Epoche. Er war ursprünglich als Dozent in Norddeutschland tätig und muß sich nach Umwegen heute fern der Heimat für wenig Geld verdingen. Vor zwei Wochen hat er erstmals die Leitung einer frühmittelalterlichen Grabung übernommen.

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Plasmaspender  22.03.2014, 20:05
@09Walter

Jetzt mal zum Verständnis: Sprichst du von Grabungserfahrung im Sinne von "schon einmal selber im Dreck gesessen und gebuddelt haben" oder im Sinne von "eine Grabung leiten"?

Ich dachte, es geht um Ersteres - und das sollte man tatsächlich schon während des Studiums mitgenommenhaben. Grabungsleitung ist natürlich eine andere Liga - dazu braucht man meistens einen Abschluss und selber reichhaltige Grabungserfahrung (im Sinne der ersten Definition).

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09Walter  22.03.2014, 20:32
@Plasmaspender

Gebuddelt - wie die ungelernten Bulgaren und Rumänen in unserer Fa. - hat er sicher früher schon mal, aber in der Grabungsfirma gehört das Dokumentieren u. Zeichnen zum wichtigsten Teil einer Grabungserfahrung. Das fehlte.

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Plasmaspender  22.03.2014, 20:34
@09Walter

Das war aber eine miese Grabung, auf der er gebuddelt hat :-/ Ich hoffe, es war keine Lehrgrabung von der Uni - wenn die dort noch nicht mal Dokumentieren+Zeichnen gelernt haben, was dann?

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