Wozu braucht man Raketen?

9 Antworten

Im All gibt es keinen Sauerstoff, der muss extra mitgeführt werden in Form von Sauerstoffträgern (macht ca. ein Drittel des Tankinhalts des Space SHuttle Trägersystems aus), Auftrieb gibts da oben nicht mangels Atmosphäre, deshalb muss die Schubkraft höher als die Gewichtskraft sein, was enorm viel Treibstoff frisst (die restlichen zwei Drittel des Tanks am Space Shuttle) und unglaublich viel Antriebsleistung benötigt (die beiden Booster links und rechts am Tank des Space Shuttle).

Jein!

Eines der ersten derartigen (theoretischen) Projekte war das Sänger-System. Dabei startet ein Trägerflugzeug (Staustrahlantrieb) und bringt einen Shuttle auf mehrfache Schallgeschwindigkeit. Dann wird der Shuttle abgekoppelt und fliegt mit eigener Kraft weiter - natürlich mit einem Raketenantrieb, denn im Vakuum muß man den Sauerstoff nun mal mitführen.

Derartige Systeme wird es vielleicht mal geben, aber derzeit ist das noch zu anspruchsvoll - selbst die NASA-Spaceshuttles waren noch zu anspruchsvoll für einen Dauereinsatz --> zu viele Pannen und zu teuer.

Gruß

Natürlich liegt der Gedanke nahe, mit luftatmenden Triebwerken zumindest so hoch zu steigen, wie die vorhandene Luft es erlaubt, und erst dort Raketentriebwerke zu zünden, für die man den Sauerstoff in Tanks mitnehmen muß. So könnte man einiges an Treibstoffmasse sparen. Da beide Technologien sehr verschieden sind, werden sie sinnvollerweise nicht in einem Flugkörper kombiniert, sondern man setzt eine raketengertriebene Stufe auf eine luftatmende Stufe. Das Konzept nennt sich air launch to orbit.

Da die Idee so einleuchtend aussieht, werden ja immer wieder solche Raumfahrzeuge entworfen: Sänger, X-37, Shenlong, Pegasus usw.

Was man nicht vergessen darf: Mit dem Aufstieg bis zum Weltraum ist es nicht getan. Ab hier geht es nur noch mit Raketenantrieb weiter und die Beschleunigung fängt hier erst richtig an. Um ein Raumschiff nur auf die notwendige Geschwindigkeit für eine niedrige Umlaufbahn zu beschleunigen (ca 8 km/s bei 100 km Höhe), muß man ihm noch mehrere Male so viel kinetische Energie zuführen wie es an potentieller Energie hat, wenn man es dorthin hinauf befördert hat. Von höheren Umlaufbahnen oder interplanetaren Flügen ganz zu schweigen.

Die X-15 und das SpaceShipOne, die ja von luftatmenden Trägerflugzeugen aus starteten, gehören deshalb nicht ganz in diese Liga, denn sie stiegen zwar erfolgreich bis an die Weltraumgrenze auf, aber beschleunigten dort nicht in eine Umlaufbahn, benötigten schon deshalb nur einen Bruchteil des Energievorrats und konnten deshalb ziemlich leicht sein. Um in den Orbit zu beschleunigen muß die Raketenstufe also viel schwerer sein als diese beiden Flugzeuge, und entsprechend größer muß das luftatmende Flugzeug sein, das sie hochschafft und ausklinkt. Im Fall der X-15 war das aber bereits eine ausgewachsene B-52.

Experimentiert wird heute mit Scramjets, luftatmenden Hyperschalltriebwerken, mit denen man, wie einige meinen, im Prinzip bis auf Orbitgeschwindigkeit oder nahezu bis dahin beschleunigen könnte. Leider ist dabei der Fortschritt in der friedlichen Raumfahrt nicht das vorrangige Motiv.

Dem Prinzip air launch to orbit steht besonders ein schweres technisches Problem im Weg: Luftatmende Triebwerke sind viel schwerer als Raketentriebwerke von gleicher Schubkraft, mit anderen Worten: Ihr Schub-Gewicht-Verhältnis (thrust-to-weight ratio) ist 10 bis 20 mal schlechter. Bei Scramjets ist es noch schlechter.

Der Aufwand, den es bedeutet, ein paar Tonnen Nutzlast in den Orbit zu schaffen, ist also auch mit einer luftatmenden ersten Stufe nicht so leicht zu verringern.

https://en.wikipedia.org/wiki/Air_launch_to_orbit

https://en.wikipedia.org/wiki/Thrust-to-weight_ratio

https://en.wikipedia.org/wiki/Scramjet

Hallo  ShishaKanack,

weil Flugzeuge und Raketen unterschiedlich gebaut sind und damit unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden... und genau die liegen da halt vor:

Die Atmosphäre der Erde reicht nur ein paar Kilometer hoch.

Ein Flugzeugtriebwerk funktioniert aber - seeeeeehr vereinfacht, gelle - so, dass es vorme Luft anzieht, reinsaugt, innendrin komprimiert... und die so komprimierte und durch das Triebwerk erhitzte Luft hinten eben deutlich beschleunigt wieder rauskommt. Die so entstandene Gegenkraft liefert den Schub.

Im luftleeren Raum... oder schon ab einer gewissen Höhe noch in der Atmosphäre ... funktioniert das nicht mehr: Es gibt dann vorne keine (oder zu wenig, je nach Höhe) Luft mehr zum Ansaugen und das Triebwerk versagt.

Außerdem nimmt der Druck ab da oben. Eine Kabine muss so gebaut sein, diesen Druckunterschieden stand halten zu können. Und da gibt man nicht mehr Aufwand rein als nötig. Auch einen Wiedereintritt schafft das Flugzeug nicht - selbst wenn wir uns jetzt mal spaßeshalber vorstellen, es hätte es überhaupt zum Mond geschafft: Spätestens beim Wiedereintritt zerlegt es eine solch fragile Konstruktion. - Hat ja sogar beim Space Shuttle zu einem der beiden Unfälle geführt und permanent Probleme gemacht.

Last but not least erreicht ein Flugzeug nicht die nötige Endgeschwindigkeit: Um den 380 000 km entfernten Mond zu erreichen, musst Du das Schwerefeld der Erde verlassen. Dafür muss man fast die sogenannte Fluchtgeschwindigkeit aufbringen, sonst hat man nicht die nötige Energie dazu.

https://de.wikipedia.org/wiki/Fluchtgeschwindigkeit_(Raumfahrt)

Fast deshalb, weil die Flugbahn da so gewählt wird, dass die Kapsel durchaus wieder zurückkommt. Aber fast muss es eben schon sein: Rund 10,8 km/s. Für Raketen, die Raumsonden hochbringen, die weiter weg müssen als der Mond, muss man dann auch wirklich noch schneller werden, mindestens eben die 11,2 km/s der Fluchtgeschwindigkeit.

Um das noch mal deutlich zu sagen: 11,2 km/s.. das sind 11,2 *3600 = 40 000 km/h. Das bringt Dir kein Flugzeug. Weil eben auch hier das Triebwerk gar nicht darauf ausgelegt ist, derartige Geschwindigkeiten zu erreichen.

Also: Verschiedene technische Lösungen für verschiedene physikalische Gegebenheiten und Herausforderungen an die Technik! Muss eben so sein. Nur im Kinderfilm bastelt Wallace mit Gromit im Keller seine Rakete einfach selber...

Grüße

Woher ich das weiß:Recherche

Ist egal ob Rakete oder Raumfähre, du brauchst immer dieselbe Menge an Delta IV um in einen Orbit zu kommen. Abhängig ist das natürlich noch von Gewicht und Effizienz der Raketenmotoren bzw. des Treibstoffgemischs.

buma1978  04.06.2017, 18:50

Etwas unglücklich formuliert, es müsste heißen die selbe Menge Treibstoff wie eine Delta IV...

Und auch das ist nicht unbedingt richtig. Ein Großteil des Treibstoffs wird zur Überwindung der Masseträgheit am Boden verbraucht, das würde entfallen. Siehe z.B. Sänger Projekt

Der Grund das sich diese Systeme nicht durchsetzen konnten ist einerseits die durch die Tragfähigkeit des Flugzeugs begrenzte Nutzlast und die Limitierung auf einen niedrigen Orbit durch die Treibstoffmitnahmebegrenzungen.

Eine mögliche Realisierung ist z.B.das SpaceShipTwo.

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SGTEVERSMAN  16.05.2018, 18:31
@buma1978

Ja du hast schon recht mir ist bewusst das Delta IV als Umschreibung für Treibstoff keinerlei tieferen Sinn macht aber bei so einer Frage rechne ich nicht mit viel Raumfahrtverständnis des Authors. Mir ist auch bewusst das es momentan technisch nicht möglich ist ein richtiges Raumschiff ohne Trägerrakete bzw. Trägerflugzeug zu bauen, da die heutigen motoren zu uneffizient bzw. der Energieträger also Treibstoff viel zu wenig Energie im Verhältnis zum Gewicht speichert um eine Konstruktion zu bauen die in der Atmosphäre abheben und landen kann. Das ist jetzt sicherlich nicht der einzige Punkt der der realisierbarkeit im Wege steht, jedoch ist bisher alleine schon der dazu heute nötige Unterschied im Start und Landegweicht so riesig aufgrund des enormen Treibstoffverbrauchs vom Start bis in den Orbit, das keine aerodynamische konstrutkion kontrollierbar wieder Landen könnte. Also möglich ist es schon, stößt aber weit über die Grenzen unseres momentanen technisch bzw produtkionsbedingtem Know-How.

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buma1978  16.05.2018, 20:37
@SGTEVERSMAN
Ja du hast schon recht mir ist bewusst das Delta IV als Umschreibung für Treibstoff keinerlei tieferen Sinn macht aber bei so einer Frage rechne ich nicht mit viel Raumfahrtverständnis des Autors.

Die Delta IV ist eine Trägerrakete und kein Treibstoff, für den die Formulierung Sinn ergäbe. Beispiele für Treibstoffe sind Hydrazin, oder die Kombination von Sauerstoff mit Wasserstoff beziehungsweise RP-1.

Mir ist auch bewusst das es momentan technisch nicht möglich ist ein richtiges Raumschiff ohne Trägerrakete bzw. Trägerflugzeug zu bauen, da die heutigen Motoren zu ineffizient bzw. der Energieträger also Treibstoff viel zu wenig Energie im Verhältnis zum Gewicht speichert um eine Konstruktion zu bauen die in der Atmosphäre abheben und landen kann.

Das ist so nicht ganz richtig. Ich weiß nicht ob Dir das Sänger Projekt ein Begriff ist (1961 bis 1974 bei der Firma Junkers, bzw. 1989 bis 1995 bei Messerschmitt-Bölkow-Blohm). Prinzipiell ist das System machbar, SpaceShipTwo bzw. VSS Unity mit der White Knight Two beweisen die prinzipielle Funktionalität. Für größere Nutzlasten müssten jedoch die Probleme bei Scramjet – Triebwerken gelöst werden. Wirksame Lobbyarbeit verhinderte das bisher. Wenn Du jedoch ein Raumschiff meinst das als ein Gerät beliebig in und außerhalb der Atmosphäre fliegen kann, so wird es das eventuell nie geben. Zu unterschiedlich sind die Anforderungen, so das, dass jeweils andere System nur Ballast darstellt.

Der Start als Flugzeug spart gerade dort wo konventionelle Raketen den meißten Treibstoff verbrauchen, beim Start. Hier kommt zum tragen das die erste Stufe ein konventionelles Flugzeug mit entsprechend geringerem Treibstoffverbrauch ist.

Das ist jetzt sicherlich nicht der einzige Punkt der der Realisierbarkeit im Wege steht, jedoch ist bisher alleine schon der dazu heute nötige Unterschied im Start und Landegeweicht so riesig aufgrund des enormen Treibstoffverbrauchs vom Start bis in den Orbit, das keine aerodynamische Konstruktion kontrollierbar wieder Landen könnte.

Auch das ist so nicht ganz richtig. SpaceX hat eine Falcon-9-Rakete nach der Mission wieder wieder sicher gelandet.

Also möglich ist es schon, stößt aber weit über die Grenzen unseres momentanen technisch bzw. Produktionsbedingtem Know-How.

Es ist also möglich, nur bei großen Nutzlasten ist die vorhandene Einwegtechnik zur Zeit in einem Kostenrahmen der keinen wirklichen Anreiz bietet die heutigen Dreckschleudern abzuschaffen. Das Problem liegt weniger in der technischen Machbarkeit als vielmehr in den Finanzen und der Lobby verschiedener Interessengruppen.

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