Wird die Rolle der Kirche im Mittelalter insofern überschätzt, dass es die gemeinen Menschen nicht wirklich tangierte wer gerade Papst oder Erzbischof war?

5 Antworten

Was nützt denn das Wissen oder Nichtwissens um einen Kardinal oder sonstwas, wenn vor Ort in der Gemeinde die Inquisition durch den jeweils diensthabenden Pfaffen vollstreckt wurde? Wer auf dem Scheiterhaufen landete, dem war es egal, ob der Papst himself oder einer seiner Schergen das Feuer anzündete.

Aber auch wenn man den Papst nicht kannte (es gab auch Zeiten, da gab es 2 Päpste, zum Beispiel einen Rom und einen "Gegenpapst" im französischen Avignon), die Kirche hat das Leben stark bestimmt.

Nicht nur wegen des Gottesdienstes, sondern auch wegen der Krankenversorgung. Krankenhäuser gab es noch nicht, aber es gab einen Bereich im Kloster, in dem die Kranken versorgt wurden. Die Krankenschwester war tatsächlich eine Schwester, nämlich eine Ordensschwester ("Nonne" würden wir heute sagen).

Und diese Schwestern kümmerten sich um den Kranken, auch mithilfe von Heilkräutern, Bädern und anderer Versorgung. Siehe Hildegard von Bingen oder das "Voynich-Manuskript" (enthält vermutlich eine bildhafte und textuell unterstützte Beschreibung von Heilpflanzen).

Der Arzt konnte noch nicht sehr viel machen (außer einen Sud aus Pflanzen zu verabreichen), aber es wurde viel gebetet. Zudem war praktisch die gesamte Kunst im Mittelalter religiös geprägt. Nicht-religiöse Kunstwerke aus dem Mittelalter sind die Ausnahme (Portraits und Landschaften wurden erst später gemalt).

Parralelwelt 
Fragesteller
 25.04.2024, 23:25

Toller Beitrag. Diese Rolle der Kirche wird oft vergessen. Allerdings muss man sagen dass die Klöster recht unabhängig von den Kirchenoberen handelten soweit mir bekannt ist

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OlliBjoern  25.04.2024, 23:25
@Parralelwelt

Ja, das stimmt auch. :)

Die Klöster waren etwas eigenständiger, als man das heute vielleicht annimmt.

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Nein.

Kirche und die Landesfürsten wurstelten in der Regel in gemeinsamem Interesse.

Jemand, den die Kirche haßte, der wurde auch beim Landesfürsten geächtet und der verfolgte ihn.

Nein, eher unterschätzt, stand sie doch oft auf gleicher Stufe, oder sogar über dem Adel.

Die Kirche beanspruchte im Mittelalter die Deutungshoheit über die Welt. In der Selbstbezeichnung hieß die Epoche deshalb christliches Zeitalter.

Parralelwelt 
Fragesteller
 25.04.2024, 20:53

OK nur ob die Erde rund ist oder eine Scheibe konnte den Bewohnern eines mittelalterlichen Dorfes ziemlich egal sein. Die Messen wurden in Latein abgehalten was eh niemand verstand.

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Nofear20  25.04.2024, 21:02
@Parralelwelt

Kirche und weltliche Herrscher arbeiteten Hand in Hand, zu gegenseitigem Nutzen. Das einfache Volk hatte an dem Platz zu bleiben, den Gott ihm zugewiesen hat. So sicherten sich Adel und Klerus den Status Quo. Eine win-win Situation für beide.

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filmfan69  25.04.2024, 21:04
@Parralelwelt

Rund ist auch eine Scheibe. Die Kugelgestalt der Erde wurde im Altertum geklärt, nicht im Mittelalter. Seit dem ersten Jahrhundert vor Christi Geburt wurde die Kugelgestalt der Erde nur noch vereinzelt von Wissenschaftlern bestritten, und diese hatten kaum Einfluss.

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