Bedeutung der Kirche für die Herrschaft (Mittelalter)?

7 Antworten

Die Trennung Kirche und Staat wie wir sie heute kennen, die gab es im Mittelalter nicht.

Beide Gewalten waren auf einander angewiesen. Kirchliche Ämter hingegen oft nicht davon ab, wie "christlich" eine Person war. Sie konnten gekauft oder geschenkt werden.

Ende des 15. Jahrhunderts waren hohe kirchliche Ämter (Bischof, Abt, Domkapitel) dem Adel reserviert. Die Auswüchse der mittelalterlichen Frömmigkeit wurden von den  Humanisten und sogar von Bischöfen, wie z. B. von  Berthold Pürstinger, kritisiert, die eine Rückkehr zu den Quellen des Christentums forderten.

https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Geschichte_des_Christentums_in_%C3%96sterreich

Die Frage ist nicht ganz exakt. Aus dem einfachen Grund, weil Kirche und staatliche Herrschaft im Mittelalter hier in Europa mehrheitlich das gleiche waren und oft in Personalunion ausgeführt wurde.

Erzbischöfe waren gleichzeitig Erzkanzler, die Kirche war neben dem Adel der größte Grundbesitzer, im Kreis der Kurfürsten (die den König "kürten") gab es immer mehrere hohe Kirchengurus, Kaiser ließen sich vom Papst krönen, der christliche Glaube war die Grundlage für eine zweifelhafte Moral und Ethik (die Verhältnisse wurden als "Gott gegeben" gepredigt und absolute Unterwerfung unter staatliche und kirchliche Machtstrukturen gefordert) und verdummte damals die Menschen noch mehr als heute. Wer nicht spurte, lernte die Inquisition und mitunter das "Höllenfeuer" in Form von lustig flackernden Scheiterhaufen kennen. Die Kirche initiierte gemeinsam mit ihren weltlichen "Brüdern und Schwestern" Glaubens- und Raubkriege, führte ihre Zwangsmissionierer auf ihren Feldzügen gegen fremde Kulturen und bei der Vernichtung Andersgläubiger.

Oft wird die Kirche hochgejubelt als Förderer von Bildung. Diese war aber auf die müffelnden Klöster und Orden begrenzt. Große Universitäten standen unter der Ägide von Kirchenfürsten. Bis zur Übersetzung der Bibel in ein verständliches Deutsch, was zeitlich ungefähr durch Erfindung des Buchdrucks auch mit der Möglichkeit ihrer massenhaften Verbreitung einherging, waren der Besitz der Bibel und ihre Auslegung nur den kirchlichen Würdenträgern gestattet.

Die christliche Propaganda überschlug sich noch mehr als heute, den Menschen ein Paradies "danach" vorzuflunkern, um von den Existenzproblemen des bescheidenen irdischen Lebens abzulenken und damit jeden Widerstand gegen kirchliche und weltliche Herrschaften zu unterbinden.

Alle Paradigmenwechsel in Wissenschaft, Recht und Staatswesen wurden gegen den Widerstand der Kirchen durchgesetzt.

Näheres dazu, mit vielen historischen Quellen belegt, findet man in der zehnbändigen "Kriminalgeschichte des Christentums" von Karlheinz Deschner.

Die Kirche arbeitete mit den weltlichen Herrschern Hand in Hand: sie predigte dem einfachen Volk eine angebliche "göttliche Ordnung", der sich alle Menschen zu fügen hätten. Damit legitimierte sie die Herrschaft des Adels und wurde von diesem im Gegenzug großzügig belohnt.

Eine gewaltige Macht waren im Mittelalter zum Beispiel die Klöster. Sie waren Schulen, Orte der Spiritualität und Wirtschaftskonzerne in einem und beschäftigten nicht selten auch "klosterfremdes" Personal wie z.B. Bauern, denen man die Tätigkeit im Dienst der Kirche als Freifahrtschein in den "Himmel" aufschwatzte. Manche Klöster wurden durch diese perfide Form der Ausbeutung und durch königliche/kaiserliche Schenkungen so reich, dass sie zu regelrechten Städten heranwuchsen.

Die Macht der Kirche schwand erst ganz allmählich, als mit dem Bürgertum (Händler, Kaufleute, Intellektuelle) eine neue, aufstrebende Gesellschaftsschicht entstand, die sich nicht so leicht unterordnen wollte und im Laufe der Zeit in den Städten eine ganz neue Ordnung etablierte.

Die war überragend. Zum einen tat sie allles für ihre eigen Herrschaft und Privilegien und zum anderen legitimierte sie die Herrschaft des Adles und das Klerus und Adel Hand in Hand das einfache Volk hemmungslos ausbeutete.

Das ganze lässt sich in dem berühmten Spruch zusammenfassen:

Sagt ein Kirchenmann zu einem Adligen betreffs Volk: "Haltet ihr sie arm, dann halten wir sie dumm."

Half als Steigbügelhalter die Macht der Elite zu festigen im Gegenzug für große Privilegien. Wenn man Leuten sagt, dass ihr mieses Schicksal gottgegeben sei und ihnen noch Geld abpresst für das Versprechen des Paradieses, das ist schon kriminell.