Wie war die Zeit vor dem Internet?

55 Antworten

Als ich aufwuchs, in den 1960 er und 1970 er Jahren, gab es kein Internet. Zeitungen hatten damals mehr Informationen und mussten dafür nicht so viel Werbung schalten. Die war auch teurer, weil es nur wenige noch teurere Alternativen gab.
Musik konnte man nicht einfach runterladen oder streamen sondern wurde auf Schallplatten, später CDs verkauft. In einer Preisliste von IBM vom Anfang der 70 er Jahre kostete eine Floppydisk, also diese wabbeligen 5,25 Zoll Dinger über 3000 DM.
Speicherplatz gab es digital kaum. Und Windows 98 kam zur Installation auf bis zu 80 Disketten. Das war aber schon in den 1990ern. Ich erinnere mich als ich zu Weihnachten meinen ersten Radiorecorder erhielt. Die einzige Möglichkeit , Musil aus dem Radio auf Kassetten aufzunehmen. Das war ein Meilenstein. In der Schule hatte ich , ganz fortschrittlich, 1981 einen EDV Kurs. Die Computer waren dammals schon Kisten mit einem kleinen Monochrombildschirm und einem dicken Schacht für sogenannte Datasetten, also ein klobige Art von Kassetten. Allerdings kostete so ein Ding immer noch mehrere hundert D-Mark und deshalb gab es die in der Schule nicht.
Wir lernten einfache Programme in einer Art Basic zu schreiben. Eingabefenster definieren, Formel hinterlegen, Ausgabe definieren. Und wenn die Stunde um war hast du die Kiste ausgeknipst und alles war weg. 1988 hatte ich einen Studentenjob bei Siemens und durfte an eine der ersten Mac 2 von Apple ran. Noch besser war dass dabei ein Laserdrucker stand, der damals schlappe 5000 DM kostete.
Internet gab es damals noch nicht. Aber Siemens versuchte sich damals an einem eigenen Betriebssystem und eines dieser Testobjekte stand auch in meiner Abteilung Damals gab es immernhin schon Tetris. In den 1990 ern hatte ich eine kleine Medienfirma mit der ich hauptsächlich Flugblätter und ähnliches erstellte. auf einem 286 er Computer, noch ohne WYSIWYG. Internet bekam ich im Jahr 2000. Ab 2002 stieg ich auf Linux um, das ich heute noch nutze. Sonst könnte ich das gar nicht schreiben. Früher hatte man viel mehr Zeit zum nachdenken, lesen (Bücher waren noch lange die zentrale Informationsquelle. Erst mit den Diensten von Google und Co änderte sich das, da man dann die Synergieeffekte des Internet erst richtig nutzen konnte. Ich sehe heute die Gefahr, dass, wenn das Internet mal weg ist, ich nichts mehr komplexes tun kann, weil ich mich so daran gewöhnt habe, die Lösung für technische oder andee Probleme im Netz zu finden, dass ich mir solche sachen kaum noch merke. Ich bin also schlicht doofer geworden als noch in den 1990-ern.

yuan145  18.05.2019, 15:38

Wir sind nicht doofer geworden , aber bequemer.

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scoredelia  19.05.2019, 08:18
@yuan145

Das eine schließt das andere nicht aus und wenn dein Netz mal ausfällt wirst du merken wie sehr dich das einschränkt. Ich habe den Vergleich zu früher, wo ich Lösungen selbst durchdacht habe und auch umsetzen konnte, ohne erst mal eine Anleitung zu googeln. Und jetzt muss ich meinen Denkapparat erst einmal anwerfen, weil er nicht mehr gewohnt ist, Dinge, die in die Realität passen, zu produzieren.

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XAntares  21.05.2019, 20:32

Kenn ich auch: wenn bei uns auf Arbeit das Netz ausfällt, dann kann niemand mehr arbeiten.

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Man las Zeitungen, Zeitschriften, Journalisten recherchierten persönlich am Ort des Geschehens.

Die Bevölkerung war ebenfalls in Bibliotheken anwesend.

Man hatte ja bereits schon Informationsmedien und Unterhaltungsmedien wie Telefon, Walkman, Discman, Schallplatten oder Kino und Fernsehen bzw. Theater. Alles war bedeutungsvoller und tiefgründiger, da man man nicht diese Massen hatte. Heutzutage kann man den Film mit einem Klick wegdrücken und schaut einen anderen. Das Angebot war damals nicht riesig. An Wochenenden waren Menschen vergleichsweiser öfter beisammen.

Man hat seine Zeit anders genutzt. Kann man sich auch vorstellen. Diese bewusste Langeweile hat man nicht mehr wie früher. Wer schaut sich nach dem Aufwachen die Decke an und denkt über zahlreiche Dinge nach? Wir greifen sofort zum Handy.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ich kann mich noch ein wenig an folgendes erinnern:

Ältere Menschen hatten Weisheiten, die sie durch ihre Lebenserfahrung auch anderen mitteilen konnten. Mutti rief man wegen eines Rezeptes beim Kochen an. Man langweilte sich - und das war auch okay. Das Telefonieren ging entweder von Zuhause oder von der Telefonzelle aus. Gute Filme konnte man noch abends zellebrieren, da diese nicht so oft kamen. Wetten Dass? wurde in der Schule noch sehr heiß diskutiert. Verabredungen klappten auch schon ohne WhatsApp. Eltern unterhielten sich mehr bei einem Spielplatz, heute schauen die meisten fast nur auf ihrem Handy. Häuser und Wohnungen waren noch bezahlbar. Es reichte ein Telefonanschluß bei einem Umzug und - fertig. Man bekam noch Zinsen für sein Geld von der Bank. Es reichte, wenn nur einer arbeiten ging für die ganze Familie zum Leben völlig aus. Bücher und Zeitungen waren DIE Wissensquelle überhaupt. Zeit wurde nicht so eng gesehen, die Leute ließen sich mehr Zeit bei allem was sie taten. Auch die Sorgen / Angst war nicht so groß, da die Medien nicht so eine große Reichweite hatten. Ein Foto wurde mit Bedacht geschossen, da man ja nur einen begrenzten Film im Fotoapparat hatte. Das Entwickeln der Bilder war spannend, da man nie genau wusste, ob die Fotos gelungen waren. Ein Auto musste nur fahren und hatte keine Technik im Motorraum drinn. Bei einem Defekt brachte man das Auto auch mal zu einem Bekannten, der das Problem schnell in den Griff bekam. Das Auto war vollgestopft mit Stadt- und Landkarten. Wir gingen noch auf die Straßen bei Protesten und lösten Regierungen ab. Wir hinterfragten viel mehr und ließen uns nicht so leicht von den Medien / der Politik bestimmen. Rückenschmerzen bekam man wenn man alt war und nicht schon in jungen Jahren. Das Wort "Burnout" hatte ich damals nie gehört. Es gab mehr Macher und weniger Studenten. Es wurde mehr angepackt und mitgeholfen, wenn Hilfe gebraucht wurde. Es wurde kaum Wert auf "Alles muss Perfekt sein" gelegt. Viele waren noch sehr Stolz auf ihre Arbeit. Man schlenderte stundenlang durch Videotheken für einen guten Film. Oder durchstöbere Plattenläden. Informationen wurden generell viel mehr von Mensch zu Mensch gefragt (Wo komme ich da und da hin?, Wann kommt der nächste Zug? Wie spät ist es?)

So habe ich die Zeit noch vor dem Internet in Erinnerung.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
HeavyMetalNerd  02.12.2019, 10:48

Keine Technik im Motorraum? War das ein Feuersteinauto?😄

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XAntares  16.12.2019, 09:36
@HeavyMetalNerd

Mit keine Technik ist eher die Technik von heute gemeint: Navi, Blackbox usw.

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und Fernsehn, Radio und Zeitung waren große Informationsquellen

Und auch Lexika und die örtlichen Büchereien wie die Stadtbibliothek und die Bibliothek der Uni in der Nachbarstadt.

Ich bin deutlich über 50 Jahre alt und ich kann mich gut an eine Kindheit ohne Gameboy und Handy erinnern. Mir hat nichts gefehlt. Und heute? Da liegt mein Handy oftmals wochenlang in irgend einer Schublade und mir fehlt es immer noch nicht. Und "Serien"? Die lese ich - genauso wie vor 45 Jahren. Auf Blödsinn wie DSDS, Dschungelcamp und schrilles Nachmittagsprogramm bei RTL & Co. kann ich sowieso verzichten.

Tasha  26.04.2019, 08:15

In den 80ern, 90ern und sicher vorher schon gab es jede Menge unsinniger Klamauksendungen. Und seit Eltern sich das erlauben konnten, gab es immer auch unsinnige, komische Kinderspiele oder Spielzeuge. Auch Kinderspiele, mit denen die Erwachsenen absolut nichts anfangen konnten.

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Auch ich habe die Zeit vor Internet und Handy erlebt. Beide Sachen muss man differenziert sehen. Kommunikation war damals viel komplizierter, da man eben auf Festnetz und Telefonzellen angewiesen war. Diese permanante Erreichbarkeit war damals technisch nicht gegeben. Was heute blitzschnell mit Mail geht, musste damals mit der Post verschickt werden.

Und statt WhatApp hat man telefoniert oder sogar auf dem Schulhof geredet.

Man musste sich noch regelrecht beim Shoppen die Hacken ablaufen, um was bestimmtes zu bekommen. Also früher ging alles viel gemütlicher aber auch zähflüssiger.

Früher war die Informationsbeschaffung wesentlich komplizierter,. Man musste sogenannte Bücher lesen und wenn man ein Buch nicht hatte, musste man es kaufen oder aus Bücherei ausleihen. Ich hätte damals viel gegeben, eine bestimmte Information für Schule und Studium auf Knopfdruck zu bekommen.

Woher ich das weiß:Hobby – Sehe sehr gerne Geschichtsdokus
Tasha  26.04.2019, 08:10
  • Und wenn der Buchhändler sagte, "das Buch gibt es nicht", gab es das einfach nicht, auch wenn man den Titel in einer Bibliografie oder so gelesen hatte. Man hat das dann einfach akzeptiert.
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