Wie können Ebbe und Flut durch den Mond entstehen?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

das ist weil die meisten menschen nicht verstehen was gezeitenkräfte sind. es geht NICHT um die stärke der gravitationskraft des mondes (oder der sonne) auf die erde. es geht um den UNTERSCHIED der gravitationskraft des mondes (oder der sonne) auf die unterschiedlichen seiten der erde.

zum vergleich. die gezeitenwirkung des mondes auf die erde ist ca. doppelt so groß wie jene der sonne auf die erde. aber, wenn du dir die gravitationsbeschleunigung ansiehst die mond und sonne auf die erde ausüben.

 und für M und R jeweisl masse mond oder sonne und für R den abstand erde zu mond oder sonne einsetzt, wirst du sehen dass die gravitationskraft der sonne auf die erde ca. 200 größer ist als jene des mondes auf die erde. wie kann das also sein dass der mond stärkere gezeitenwirkung hervorruft als die sonne? weil es eben NICHT um die stärke der gravitationskraft geht, sondern um den unterschied an den gegenüberliegenden seiten der erde.

der abstand R in obiger rechung war der abstand zum zentrum der erde. aber der abstand des mondes (oder sonne) zur ihm zugewandten seiten der erde ist (R-r), und jener zur ihm abgewandten seite ist (R+r), wobei r der radius der erde ist. die seite der erde die dem mond zugewandt ist wird also stärker von diesem angezogen (weil sie näher ist), als die dem mond abgewandte seite. und dieser unterschied der anziehungskräfte nennt man gezeitenkraft.

die beschleunigungswirkung der gezeitenkraft, also um was die der dem mond zugewandte seite stärker in richtung mond beschleunigt wird als die dem mond abgewandte seite, beträgt also

 ist also linear im durchmesser der erde (darum siehst du auch keine gezeitenkräfte in deiner badewanne, die ist nämlich zu klein), und invers zur dritten(!) potenz des abstandes erde-mond. dritte potenz, nicht zweite wie bei der gravitationskraft. und wenn du in diese formel die massen und abstände für sonne und mond einsetzt, dann erhältst du das resultat dass die gezeitenwirkung des mondes auf die erde in etwa doppelt so stark ist wie jene der sonne auf die erde.

die eine seite der erde wird ein klein wenig stärker zum mond hingezogen als die andere seite der erde, und dadurch wird die erde ein klein wenig in die länge gezogen. das resultat kennen wir als ebbe und flut.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Physiker (Teilchenphysik)
Hansens7234 
Fragesteller
 14.07.2023, 12:59

Vielen Dank für die Erklärung, das macht sehr viel Sinn!

0

Würde das Wasser an allen Stellen gleichmäßig von der Erde angezogen, würde es sich als völlig ebene Schicht um die Erde legen. Schon das ist nicht der Fall, genaue Messungen haben gezeigt, dass durch Abweichungen der Gravitation (unterschiedliche Gesteinsdichten im Untergrund) das Meer Beulen und Dellen hat. Die Höhenunterschiede sind natürlich vergleichsweise klein. Wird nun aber durch die Masse des Mondes die Gravitation an einer Stelle geschwächt, fließt Wasser zu diesem Punkt hin. Es ist also keine resultierende Kraft in Richtung des Mondes erforderlich, lediglich eine Kraft-Differenz.

Die andere Seite der Flut, also auf der mondabgewandten Seite, kennst Du auch? Diese entsteht dadurch, dass sich die Erde gar nicht um ihren Mittelpunkt dreht, sondern um den gemeinsamen Schwerpunkt des Systemes Erde-Mond.

Hansens7234 
Fragesteller
 14.07.2023, 00:11

Vielen Dank, das ergibt Sinn :)
Die andere Seite kannte ich, ja, aber ich dachte, das wäre ein Ergebnis von Rotation.

0
spelman  14.07.2023, 00:17
@Hansens7234

Das ist ja auch so. Wichtig dabei ist aber eben, dass der Drehpunkt nicht im Schwerpunkt der Erde liegt, sondern in Richtung des Mondes verschoben ist.

0
Hansens7234 
Fragesteller
 14.07.2023, 00:21
@spelman

Moment, ich glaube, du verstehst mich vielleicht falsch - Ich meinte Rotation der Erde um ihre eigene Achse.

0
spelman  14.07.2023, 00:32
@Hansens7234

Nun, durch Rotation um den Masseschwerpunkt der Erde würde ja keine Flutwelle entstehen. Das Wasser rotiert einfach mit derselben Geschwindigkeit mit. Nun rotiert ja aber der Mond um die Erde, und die beiden Massen ziehen sich an. Infolge dessen drehen sich eigentlich beide Himmelskörper um den gemeinsamen Schwerpunkt. Dadurch entsteht auf der Mond-abgewandten Seite eine Zentrifugalkraft, welche die Flutwelle auf dieser Seite bewirkt.

@evtldocha hat noch die Sonne mit ins Spiel gebracht, und tatsächlich bewirkt auch die Anziehung der Sonne eine weitere Kraft. Deshalb sind die Flutwellen nicht immer gleich hoch, man spricht von Springtide und Nipptide. Springtide, also eine höhre Flut, haben wir, wenn Sonne und Mond annähernd in einer Linie stehen, also bei Neumond oder Vollmond. Bei Halbmond, wenn also der Mond rechtwinklig zur Sonne steht, haben wir Nipptide.

0
Hansens7234 
Fragesteller
 14.07.2023, 13:00
@spelman

Ahhh, das macht Sinn - Vielen Dank für die geduldige Erklärung :)

0

das resultierende Potential aus Gravitation und Fliehkräften des Erde-Mond-Systems (rotierend um einen Schwerpunkt innerhalb der Erde, aber außerhalb des Erdmittelpunkts) hat an zwei Punkten der Erdoberfläche ein Minimum, auf der mondzugewandten Seite und der mondabgewandten. Das Meerwasser fließt immer jeweils in Richtung dieser Minima, wodurch die Gezeitenströme und die Flutberge entstehen.

Hansens7234 
Fragesteller
 14.07.2023, 12:59

Vielen Dank!

0

Was soll man dazu sagen, außer dass es typisch für solche Leute ist, nur die halbe Erklärung von Ebbe und Flut zu nehmen, die dann anzuzweifeln, weil sie in der Tat falsch ist und dann einen abstrusen Schluss zu ziehen.

Die Gezeiten entstehen im Zusammenwirken von Mond- und Sonnengravitation sowie der Rotation der Erde und dann reicht es nicht nur Kraftpfeile zwischen Mond und Erde zu betrachten.

Hansens7234 
Fragesteller
 14.07.2023, 00:19

Ja, diese zu starken Vereinfachungen ziehen sich zusammen mit Unverständnis grundlegender Physik und Mathematik durch seinen ganzen Text😅
Vielen Dank für die Erklärung!

0