Was ist für euch der Schlüssel zur Assimilation?
Ich rede von Leuten, die z.B. in ein Land kommen und sagen: Meine Heimat war der Irak, doch nun ist DE meine neue Heimat und meine Kinder, die ich Felix und Jan nenne, werden als deutsche geboren, mit deutschen Werten und Achtung der Menschenrechte.
Ziemlich utopische Vorstellung, Assimilation ist ein Schritt weiter als Integration, er macht den "Ausländer" nicht einfach als isolierten Teil der Gesellschaft der trotzdem noch in 3. Generation schreit "Ich bin aber Araber!", sondern der Ausländer wird ein Deutscher, aus eigenem Antrieb.
Doch was denkt ihr, ist der Schlüssel dazu?
Das Ergebnis basiert auf 24 Abstimmungen
7 Antworten
Für mich bedeutet, wenn man Assimilation fordert, dass man quasi erwartet, dass jemand seine Herkunft leugnet.
Das finde ich auch nicht in Ordnung.
Solange jemand sich an unsere Gesetze hält, sich ausreichend verständlich machen kann und von seiner eigenen Arbeit und nicht durch staatliche Unterstützung lebt, sollte das doch genügen.
Selbst wenn jemand sehr gut integriert oder sogar assimiliert lebt, gibt es Leute, die ihn nicht akzeptieren, zum Beispiel weil er trotzdem "undeutsch" aussieht. Manchmal reicht schon ein nicht-deutscher Vor- oder Nachname.
Letztens hat sich hier auf GF einer darüber aufgeregt, dass es nicht sein dürfe, dass eine Bundesministerin "Nancy" heißt. Mich wundert, dass der sich nicht auch noch über Cem Özdemir ausgelassen hat. Es würde jedenfalls zu so einem geistigen Tiefflieger passen.
Es gibt recht viele Menschen, die liebend gerne wieder in ihrer Heimat leben würden, sich aber bezüglich der immer noch schlechten Situation zuhause gar nicht dorthin trauen.
Würdest Du das diesen Menschen als nicht hinreichende Integration bzw. Assimilation auslegen?
Zum Beispiel traute sich meine ehemalige Chefin nicht mal, zur Beerdigung ihrer Mutter nach Asmara zu reisen. (Sie ist seit etwa den 1980ern eingebürgert.)
Ich glaube, hierbei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung. Wenn ich in ein Land ziehen will bzw. mich dort etablieren will, dann beinhaltet das auch, ein Stück weit Distanz zum bisherigen, sei es Sprache, Kultur etc. aufzubauen. Viele machen das nicht, Stichwort: Parallelgesellschaften, wo teilweise in ganzen Viertel eine bzw. mehrere ausländische Kulturen dominieren -> darunter leidet dann zB auch die Sprachentwicklung der Kinder die zuhause Herkunftssprache sprechen.
Wir zB wollen zum Ende meiner Dienszeit in ca. 4 Jahren nach Schweden auswandern. Wir lernen jetzt schon seit ca. 6 monaten die Sprache, damit wir einafch sprachlich schon mal zurechtkommen, wenn wir da sind. Und dann nicht erst anfagen mit Sprachkursen oder Ähnlichem.
Wir zB wollen zum Ende meiner Dienszeit in ca. 4 Jahren nach Schweden auswandern
wie nett...und eine Bekannte von mir, die vor mehr als 15 Jahren nach Spanien ausgewandert ist, kann immer noch kein Spanisch, geht zum Lidl einkaufen,kocht nur deutsch, guckt dt. Fernsehen, deutsche Zeitungen , und die einzigen Spanier, die sie kennt, sind Handwerker und der Gärtner.
Man kann die Menschen nicht dazu zwingen. Dank moderner Kommunikationstechnik ist es heute einfacher, zur Heimat Kontakt zu halten oder zu erfahren, was dort passiert. Diese Bindung kannst du deinen Kindern weitergeben, was viele auch tun. Vor über 200 Jahren, wenn z.B. jemand nach Amerika ausgewandert ist, war das anders. Außer dem Schreiben von Briefen, die wochenlang per Schiff unterwegs waren, hatte man keinerlei Heimatkontakt. Die nachfolgenden Generationen hatten so keine Bindung mehr zur Heimat.
Prominentes Beispiel ist Friedrich Aly (ca. 1674-1716). Er kam im Zuge des Großen Türkenkriegs als "Siegestrophäe" nach Deutschland. Er wurde sogenannter Kammertürke bei der Frau des Kurfürsten, Sophie Charlotte.
Seine Nachfahren haben sich assimiliert, vielleicht sogar zu sehr, denn zu ihnen zählt u.a. Friedrich Tscharmann (1871-1945), SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS.
So eine Assimilation möchte ich jedenfalls nicht.
Zuerst kommt die Sprache, d.h. das sichere Beherrschen der deutschen Sprache sichert den Zugang zur deutschen Gesellschaft und ermöglicht damit auch Assimilation. Siehe die Erfolgsgeschichte der Hugenotten!
Die Juden in Mitteleuropa vor dem Dritten Reich, waren assimiliert :
- Diese hatten einen emotionalen, identitären Bezug zur "neuen" Heimat, aber die Deutschen hatten keinen zu den Juden. Zion war ein Mythos, eine Idee, und hatte viele Gegner, zu dem Zeitpunkt.
- Es gab mehr als nur ein ernstes Interesse dieser assimilierten Juden an der Sprache, der Kultur, der Geschichte Mitteleuropas.
- Diese assimilierten Juden waren professional hochgradig qualifiziert. So sehr, dass viele Deutschstämmige diesen die Beschäftigung und den Profit neideten.
- Die jüdische Kultur war der mitteleuropäischen Kultur nicht sehr nahe, dort, wo man sich hätte berühren können, weil Jesus Christus in persona beide verband, strebte man in krassem Widerspruch am heftigsten auseinander.
- Säkularismus gilt als Möglichkeit der Assimilation, weil er als die Überwindung der eher konservativen, eher nationalistisch-fundamentalen religiösen Position gilt. Die assimilierten Juden in Mitteleuropa waren zu einigen ihrer Teile säkularisiert.
- Jiddisch oder Hebräisch wurde in Deutschland gesprochen, aber meist bedienten sich die assimilierten Juden des Hochdeutschen.
- Der Autodefätismus dieser assimilierten Juden hat eine lange Tradition. Es gibt Werke, die vom Selbstzweifel dieser Juden erfüllt sind, von der kritischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Jüdischsein, er hat ihnen, wenn wir ehrlich sind, nicht ein bischen geholfen, die schlimmste aller Katastrophen zu überstehen.
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Ich wählte den Punkt "Arbeitsqualifikation", weil eben diese wirklich, und normalerweise, das praktisch die teilweise Assimilation bewirkende Moment ist. So verhält es sich in den USA, und auch in Europa. Wäre Hitler nicht dazwischen geraten, es wäre die fundamentale Integration der mitteleuropäischen Juden in die arbeitsteiligen Prozesse der europäischen Gesellschaften gewesen, die deren Wirken und Wesen auf Dauer ermöglicht hätte :
Arbeitsqualifikation und Beschäftigung bedeuten immer eine Beiderseitigkeit der nutzbringend erfüllten Zwecke.
Genau das ist der Punkt, den ich am schwächsten finde, denn es gibt unzählige Beispiele von Menschen allein in DE, die ganz tolle Qualifikation haben, aber sofort das Land verlassen würden, sofern sie woanders besser bezahlt würden und sich im Traum nicht vorstellen könnten, ein Teil dieser Gesellschaft zu sein. Für sie ist DE nur eine Goldgrube, eine Möglichkeit Cash zu machen, geil zu leben, doch die Kultur, Geschichte, Menschen, Identität ist denen völlig schnuppe, für die ist DE nur Mittel zum Zweck.
Deswegen sind Menschen für mich erst dann assimiliert, wenn sie auch dann hier bleiben und für DE einstehen, wenn die Zeiten schlecht sind, weil sie das Land aus sich heraus toll finden und nicht um "Karriere" zu machen.
Deswegen sind Menschen für mich erst dann assimiliert, wenn sie auch dann hier bleiben und für DE einstehen, wenn die Zeiten schlecht sind, weil sie das Land aus sich heraus toll finden und nicht um "Karriere" zu machen.
Ich zweifle, ob es diesen Menschen, selbst unter Deutschstämmigen, überhaupt gibt.
also ich kenne "biodeutsche" Jungmediziner, die weg aus Deutschland wollen, weil sie anderswo mehr verdienen.
Die Herkunft ist kein Naturgesetz, sondern eine durch andere beeinflusste Entscheidung, vornehmlich der Eltern. Diese Entscheidungen zu revidieren, weil sie falsch sind und weil sie zu Problemen führen, finde ich nicht falsch.
Herkunft ist perse nichts Schützenswertes, sondern etwas Austauschbares, wer bereit ist, seine Herkunft zu verlassen, sollte auch bereit sein, diese abzulegen um in einer neuen Herkunft eine neue anzunehmen. Insbesondere, wenn die eigene Herkunft gar nicht zu der Auserwählten passt.