Warum werden Weinflaschen und Konservengläser von der Industrie nicht zuerst wiederverwendet bevor sie recycelt werden?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Es ist einfach ein enormer Aufwands- und Kostenfaktor. Der Betrieb, der sich dazu entschließen würde, müsste sowohl die Investitionskosten als auch die zusätzlichen laufenden Kosten auf den Preis aufschlagen. Dadurch würden die Preise für seine Produkte erheblich über denen der Mitbewerber liegen. Daraus folgt widerum, dass er weniger verkauft, somit nicht mal die laufenden Kosten decken kann und am Ende die Firma dicht macht.

Man sieht das sehr deutlich im Getränkebereich, dass Mehrweg oftmals deutlich teurer ist als das gleiche Produkt in Einweg, eben weil es so kostenintensiv ist.

Und nein, es ist nicht unstrittig, dass Mehrweg pauschal deutlich besser für die Umwelt sein soll als Einweg. Es ist von verschiedenen Faktoren welche Verpackungsart umweltfreundlicher ist. Die pauschale Aussage "Mehrweg = gut - Einweg = schlecht" ist schon lange nicht mehr haltbar. Denn während Einweg in den letzten Jahrzehnten ökologisch immer mehr verbessert hat (weniger Material, weniger Energie usw.), hat sich bei Mehrweg gar nichts getan, bzw. es hat sich sogar in den letzten Jahren stetig verschlechtert.

Zudem spielt die Transportentfernung eine entscheidende Rolle. Werden die Produkte regional vertrieben, so ist Mehrweg die umweltfreundlichere Variante, aber je weiter es weg geht, desto mehr verschwimmt die Grenze. Ab einer Entfernung von etwas 400 km sind Getränkedosen umweltfreundlicher als Mehrweg. Ganz einfach, weil sie vor Ort recycelt werden und nicht den ganzen Weg wieder zurück müssen. Und genau das trifft eben auch auf Weine und Konserven zu, die i.d.R. nicht nur regional vertrieben werden, sondern bundesweit oder gar europa- und weltweit (insbesondere Weine).

Mit anderen Worten: Es wäre ein enormer Aufwand von dem niemand profitieren würde. Weder der Hersteller, noch der Kunde und erst recht nicht die Umwelt.

Zum diesem Thema sei übrigens noch gesagt, dass es bis heute keine authentische Ökobilanz gibt die auf realen Daten basiert. Denn die Ökobilanz, die als Grundlage für die Einführung des Einwegpfandes diente, wurden zugunsten des Mehrwegs die Ergebnisse schöngerechnet. So hat man beispielsweise mit der maximal möglichen Umlaufzahl von Mehrwegflaschen gerechnet, obwohl diese in der Realität kaum erreicht werden. Bei Getränkedosen wurde mit veralteten Daten gerechnet, obwohl sich die Dose in der Zwischenzeit schon deutlich verbessert hatte.

PS: Recycling ist auch Wiederverwendung, nur in einer anderen Form. Recyclingmaterial ist kein Müll oder Abfall, sondern es sind wertvolle Rohstoffe.

Orgrim 
Fragesteller
 17.08.2017, 12:05

Danke für die ausführliche und sehr aufschlussreiche Antwort.

Dein Punkt, dass Mehrweg teurer als Einweg ist und so nur wenige Menschen Mehrweg kaufen, stimmt zwar. Dies liegt aber ganz einfach an einer falschen Politik.

Umweltschädliche Produkte sollten, falls es eine vergleichbare umweltfreundliche Alternative gibt, mit so einer Art Öko-Steuer besteuert werden. Denn niemand hat ein Recht die Umwelt mehr zu belasten als unbedingt nötig. Und wer dies tun möchte, muss halt dafür zahlen, um dann sozusagen für die Schäden aufzukommen.

Genau dieselbe Diskrepanz ist doch mit den Fernbussen und Zügen. Jedes Unternehmen, das Züge auf die Schienen bringt, muss eine Gebühr für die Schienennutzung zahlen, da diese ja schließlich regelmäßig erneuert werden müssen. Busse müssen aber für die Nutzung der Straßen, die ja schließlich auch erneuert werden müssen, nichts bezahlen. Dass da die umweltschädlichen Busse deutlich billiger sein können als die umweltfreundlichen Züge, ist dann kein Wunder.

Und dein letzter Punkt, dass Recyclingmaterial kein Müll ist stimmt. Aber Wiederverwenden ist in der Regel immer noch deutlich umweltfreundlicher als recyceln.

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Cokedose  17.08.2017, 20:12
@Orgrim

Mit falscher Politik hat das nicht viel zu tun. Ich persönlich bin auch aus rein persönlichen Gründen kein Freund von Mehrweg. Ganz einfach aus dem simplen Grund, dass ich keine Verpackungen möchte an denen schon andere Menschen vor mir rumgenuckelt haben. Sicherlich sind diese lebensmittelhygienisch sauber, aber der Gedanke allein reicht mir schon. Dann lieber eine kühle jungfräuliche Dose.

Gegen eine Umweltsteuer hätte damals niemand etwas einzuwenden gehabt. Aber die grünen Damen und Herren wollten lieber das Pfand. Mit einer Umweltsteuer hätte man viele Umweltschutzprojekte fördern können, doch stattdessen hat man ein Pfandsystem geschaffen, das einen wirtschaftlichen Schaden in Milliardenhöhe angerichtet hat, zzgl. laufender Kosten.

Aber du hast es auch schon richtig gesagt: "wenn es eine vergleichbare umweltfreundliche Alternative gibt". Aber komischerweise wurde damals von den Pfandbefürwortern ganz besonders auf den Getränkedosen herum gehackt, wodurch auch der Begriff "Dosenpfand" geprägt wurde. Und das war ja auch der Grund und das Ziel des Pfandes eine Lenkungswirkung hin zu Mehrweg zu erzielen. Bei Einwegflaschen kein Problem. Doch wie soll das bei Dosen funktionen??? Es gibt gar keine Mehrwegdosen!!! Und Flaschen sind keine Alternative zu Dosen. Es sind grundverschiedene Verpackungsarten die auf unterschiedliche Verwenderbedürfnisse zugeschnitten sind. Somit hat, meiner Anscht nach, jede Verpackung ihre Daseinsberechtigung.

Beim letztem Punkt stimme ich nur bedingt zu. Das kann man nicht pauschalisieren. Es kommt immer auf den jeweiligen Fall an. Eben auch aus den eingangs aufgeführten Gründen. Bei Glasflaschen ist die Wiedervendung noch nachvollziehbar, da bei Glas das Problem besteht, dass man neue Flaschen nicht komplett aus Recyclingmaterial herstellen kann, sondern stets auch Neumaterial zugeführt werden muss. Ähnlich sieht es bei PET aus. Hier gibt es zwar bereits von Coca-Cola Flaschen aus 100% Recyclingmaterial, aber es kann nicht endlos immerwieder dasselbe Material wiederverwendet werden.

Deshalb ist meiner Ansicht nach, längerfristig betrachtet, die Geträkedose die umweltfreundlichste Verpackung. Denn Metall ist ein permanentes Material. Es kann unendlich oft ohne Qualitätsverlust recycelt werden. Das heißt, dass man im Grunde aus einer heutigen Getränkedose bis in alle Ewigkeit immer wieder neue Dosen herstellen kann. Oder andere Metallprodukte (Autoteile, Fahrräder usw.) und nach deren Lebenszyclus wieder Dosen. Das geht mit keinem anderen Verpackungsmaterial.

Die Lösung ist hier einfach eine sauberere Energiegewinnung. Denn der Energieverbrauch ist der einzige ökologische Nachteil der Dose.

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Ich denke, der Putzaufwand wäre zu hoch.

Orgrim 
Fragesteller
 16.08.2017, 14:20

Warum soll der Putzaufwand bei Weinflaschen größer sein als bei Bierflaschen?

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ProRatione  16.08.2017, 14:41
@Orgrim

An sich wäre der Putzaufwand natürlich nicht höher, für kleine bis mittlere Winzerbetriebe wäre aber eine aufwändige Reinigungsanlage, wie schon gesagt mit Geruchssensoren gar nicht stemmbar, während große Abfüllbetriebe oder Winzergenossenschaften das natürlich könnten. 

Im Übrigen ist das beim Bier genauso. Wohl die meisten der verbliebenen Kleinbrauereien haben auch nur Einwegflaschen.

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Es dürfte hoffentlich unstrittig sein

Nein, es ist sehr wohl strittig. Ich trinke gelegentlich Rotweine aus Chile oder Australien - und ich habe keine Ahnung, wie die Ökobilanz aussehen würde, wenn man die leeren Flaschen um die halbe Welt schippern müßte.

Zudem dürften die Umlaufspuren besonders bei hochpreisigem Wein, Sekt oder Champagner nicht gerade absatzfördernd sein.

Orgrim 
Fragesteller
 16.08.2017, 14:34

Bist du dir sicher, dass der Wein aus z.B. Chile auch dort abgefüllt wird? Wenn ja ist dies einfach nur dämlich.

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GanMar  16.08.2017, 14:43
@Orgrim

Ja, es handelt sich nämlich um Erzeugerabfüllungen. Der Winzer selbst entscheidet, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, den Wein auf die Flasche zu ziehen - nicht ein Groß- oder Einzelhändler. Nur so kann der Winzer auch eine gewisse Qualität garantieren. Wein wird nun mal nicht wie beispielsweise Cola als Sirup geliefert und dann im Empfängerland mit Wasser verdünnt.

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Es dürfte hoffentlich unstrittig sein, dass Mehrwegflaschen oder generell Mehrwegbehältnisse für die Umwelt deutlich besser sind, als Einwegbehältnisse.

Das ist aber durchaus strittig, da sie mit aggressiven Chemikalien gereinigt werden müssen. Danach werden sie mit einer Vielzahl von Geruchssensoren auf Reste unzulässiger Befüllungen (z.B. Benzin) überprüft woraufhin ein großer Teil aus dem Verkehr gezogen werden muss.

Orgrim 
Fragesteller
 16.08.2017, 14:26

Das habe ich mich auch schon gefragt, ob das ganze Reinigen nicht umweltschädlicher ist, als das Glas einfach wieder einzuschmelzen. Klar kostet das Einschmelzen viel Energie. Wenn diese aber umweltfreundlich erzeugt würde, wäre dies meiner Meinung nach der bessere Weg.

Aber offizielle Seiten von Behörden und so besagen halt, dass Wiederverwenden trotz des Reinigens umweltfreundlicher als das Recyceln ist.

Bin mir da selbst nicht ganz sicher.

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Die Transportkosten, Reinigungskosten und das Verhältnis der unversehrten zu beschädigten Behälter schein zu hohe Kosten zu verursachen, dazu kommt, dass Einweg-Glaswaren weniger dick sind, als wiederbefüllbare.

Orgrim 
Fragesteller
 16.08.2017, 14:29

Sind also Weinflaschen wirklich dünner als Bierflaschen?

Kann zwar gut sein, aber so direkt aufgefallen ist mir dies bisher nicht wirklich.

Die Transportkosten fallen auch beim Recyceln an.

Und anstelle der Reinigungskosten müsste das Glas eingeschmolzen werden, was ebenfalls nicht gerade billig sein dürfte.

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Novos  16.08.2017, 14:31
@Orgrim

Ein Container Altglas benötigt weniger Laderaum als die selbe Menge ganzer Flaschen in Kisten, ist also teurer.

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Novos  16.08.2017, 14:33
@Orgrim

Hast Du schon mal das Gewicht einer wiederverwendbare Glasflasche mit dem einer gleichen Einwegflasche verglichen?

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