Warum nicht auch mal den Mut haben und auf Beerdigungen farbige Kleidung tragen oder?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich glaube, das kommt ein wenig an auf die Gesellschaft, da braucht es Fingerspitzengefühl. Nicht jedem ist nach bunt, wenn noch Wert gelegt wird auf traditionelle Trauerkultur. Die wandelt sich aber gerade gewaltig und insofern wird sich das sehr bald auch ändern.

Auf der Trauerfeier meiner Mam war von schwarz gedeckt bis girlie bunt jedes Kleidungsstück und jede Farbe vertreten. Ich habe mich über alle gefreut, die da waren. Und meine Mam ganz sicher auch. Die Trauerkarte, die ich selbst gestaltet habe, war ja ebenfalls bunt. Ich hasse diese fürchterlich nichtssagenden unpersönlichen Standardtrankarten! Vielleicht hatte das sogar einen ganz erheblichen Einfluss auf die Kleidungsfarben der Trauergäste. Auch die Kapelle habe ich gezielt ausgesucht nach Lichtverhältnissen, Leichtigkeit und Wärme. Bloß nichts eibenumzäuntes düster Drückendes. Und so umgab die stilvolle neugotische Kapelle ein ganz zauberhaftes, fast mediterranes Ambiente aus lichten Korkeichen. Der Tod gehört ins Leben, ist auch eine Form von Leichtigkeit, und dieser Ort hat die Message perfekt transportiert.

Meine Mam hatte ohnehin anscheinend ihre ganz eigenen Vorstellungen von dieser Veranstaltung - technische Pannen ohne Ende, ein komplett zerhacktes Ave Maria, (ich sagte nach diversen seltsamen Vorkommnissen elektronischer Art im Vorfeld der Trauerfeier noch im Auto zu den Mitfahrern: "hoffentlich lässt Mutti die Finger von der Stereoanlage), eine geniale Trauerrednerin, die das mit dezentem Humor zu überspielen wusste, und ein am Ende verzweifelt peinlich berührter Bestatter, den ich erst einmal "trösten" musste. Dafür lief die Multimediapräsentation mit Bildern aus ihrem Leben ohne jedes Problem glatt durch. Du merkst schon, es war keine Trauerfeier der gewöhnlichen Art.

Trotzdem, oder vielleicht auch gerade deshalb, war es eine sehr schöne und sehr würdige Feier. Ich war erst ein wenig besorgt wegen der vielen älteren Menschen, bei denen weiß man ja nie, aber alle zeigten sich zu meiner großen Erleichterung sehr angetan und berührt.

Ja, ich denke, ihr "bunter" Abschied hat meiner Mam sehr gut gefallen.

Und jedem Abschied wohnt ein Zauber inne ... - (Menschen, Kleidung, Tod)
aurata  25.05.2012, 00:55

Eine Beerdigung ohne Pannen lässt sich kaum ertragen!

Das hört sich so schön an... ich hoffe, du weißt wie ich es meine.

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holodeck  25.05.2012, 01:18
@aurata

Oh ja, danke.
Du hast das ganz richtig verstanden und gemeint ...

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Entdeckung  25.05.2012, 07:34
@holodeck

wow ... beeindruckend ... und ... echt !

danke für deine Worte, sie tun mir gut, auch wenn ich nicht der Fragesteller bin.

e

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veritas55  28.05.2012, 22:19

Ein wunderschönes und sehr tröstliches Bild :)!

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8rosinchen  31.05.2012, 16:43

@holodeck, dein beitrag hat mich angenehm berührt...

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K2Dragon  27.06.2016, 12:37

Wie diese Karte ist verdämmt schön geworden😍
Mir kam gerade eine Träne weil mich dein Text mit dieser Karte so gerührt hat 😢😍

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Vor nicht allzu langer Zeit war ich auf einer Beerdigung und hab mir dabei reichlich wenig Gedanken darüber gemacht, was ich anziehen soll/muss. Stattdessen habe ich mich so gekleidet, wie ich es immer tue. Es war mir letztlich egal, was ich anhabe. Es ging ja mehr darum, dem Verstorbenem die letzte Ehre zu erweisen. Und an sich dachte ich mir, eigentlich müsste es den Trauernden ebenfalls ziemlich egal sein, wie ich gekleidet bin, denn sind da um jemanden zu verabschieden. Nicht um darauf zu achten, was angebracht ist und was nicht.

Zu meinem Pech hatten doch tatsächlich allesamt dunkle, nicht besonders farbenfrohe Kleidung an. Genau in diesem Moment fiel mir auf, dass ich etwas Knallrotes angezogen hatte. Also wäre ich ein deutlicher Farbtupfer in tristen Farbsuppe gewesen und ich hätte dabei nicht gerade ein angenehmes Gefühl gehabt. Mein Glück war dann wiederum, dass es in der Kirche so kalt war, dass wir unsere Jacken anbehalten konnten. Da meine dunkelbraun war, fiel ich nicht ganz so aus dem Farbspektrum und war somit doch recht passabel gekleidet. Kaum vorstellbar, wie froh ich darüber war.

Ich bin eigentlich recht zufrieden mit meiner Denkweise an dem Tag. Und wenn ich bedenke, dass das Hauptaugenmerk darauf liegen sollte, entsprechende Person zu verabschieden, sogar noch zufriedener. Dennoch... Sollte ich noch einmal an so einem Trauerfest teilnehmen, werde ich zwar nicht in Schwarz kommen, aber gewiss darauf achten, möglichst angepasst zu erscheinen. Schon allein, weil es (je nach Trauergemeinde) ziemlich nach hinten losgehen kann, dies nicht zu tun.

Wenn du gerne mal farbig zu einer Beerdigung erscheinen möchtest, würde ich dir empfehlen, es nur dann zu tun, wenn es erwünscht ist oder du dir zumindest sicher sein kannst, dass die Trauergemeinde es toleriert. Damit fährst du besser, als Mut beweisen zu müssen, der dann wahrscheinlich sogar noch recht entbehrlich ist. ;-)

Es ist die kulturelle Norm, eine Tradition, in schwarz oder dunkel zu kommen. So wie die Braut an ihrer Hochzei t weiß trägt. So was ändert sich auch: Die alten Römerinnen trugen einen roten Schleier. Im Mittelalter war weiß die Trauerfarbe, wie heute noch in Asien. Ich finde es eleganter und pietätvoller, einer alten Tradition zu folgen.

Im 14.Jahrhundert war es üblich das Freunde des Verstorbenen zum Leichenbegängnis goldbestickte Stoffe oder Kerzen mitbrachten (heute Blumen). Man war damals in Rot, Grün oder Blau gekleidet zu Ehren des Toten. Seltsam fand man es im 12. Jahrhundert das die Spanier beim Tode ihrer Angehörigen sich schwarz kleideten. Eine feierlich-schwarze Trauerkleidung wird zum ersten Mal am englischen Hof beim Tode Johannes des Guten erwähnt. Ludwig XII. Kleidete sich beim Tode Annes von England schwarz, sein Hofstaat war verpflichtet es ihm nachzutun.... Im 16. Jahrhundert war Schwarz als Trauerfarbe weit verbreitet, so war es damals doch noch nicht für die Könige selbst und ebenso wenig für die Würdenträger der Kirche verbindlich.

Es hat zwei Bedeutungen: es bezeichnet das düstere Wesen des Todes, wie es sich mit der makaberen Ikonographie entwickelt und die alte Ritualisierung der Trauer. Die schwarze Trauerkleidung entbindet aber auch von einer persönlichen Gebärdensprache und sie zeigt allen deutlich das getrauert wird.....

aus http://www.rowane.de/html/trauer.htm

ES ist schon so, dass es in der Tradition verhaftet ist, das Schwarz.

Meine Mutter ist Anfang Mai gestorben und ich tage jetzt noch überwiegend scharz. Mir ist einfach nicht nach schreienden Farben. Ich mag zur Zeit keine bunten Farben anziehen. Auch im Alltag nicht.

Sicher kann man seine Trauer auch anders ausdrücken, aber man sollte auf die Gefühle der Angehörigen Rücksicht nehmen.

Wer keine schwarze Kleidung hat, kann sich dunkel kleiden, neue Sachen braucht man sich nicht kaufen, wenn es nur für die Beerdigung sein sollte, aber es sollten meiner Meinung nach doch schon gedeckte Farben sein um die Traurigkeit der Angehörigen nicht zu "stören".

veritas55  12.06.2012, 23:20

Bunt steht eben für Lebensfreude und das empfinden viele Angehörige als unpassend weil für sie der Tod im Mittelpunkt steht mit dem sie sich gedanklich und gefühlsmäßig auseinandersetzen müssen.

Ich hab einfach das angezogen wovon ich dachte, dass es meinem Mann am besten gefallen würde und das war ganz sicher nicht schwarz, grau oder braun ;) - ein einziger seiner Freunde erschien tatsächlich in einem dunkelgrauen Anzug, sah total fremd und komisch aus - er meinte nur ganz trocken, dsss er seinem Kumpel nochmal einen herzhaften Lacher gönnen würde....

Es kommt also ganz darauf an, wie weit man den Traditionen verhaftet ist und was der Mensch von dem man sich verabschiedet für eine Persönlichkeit war und nicht zuletzt darauf, wie man den Tod empfindet und sich damit auseinandersetzt.

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snowlana 
Fragesteller
 12.06.2012, 23:44
@veritas55

genau das stimmt, das ist das Wichtigste :-) Hast du schön geschrieben :-) Und es ist immer wieder auch gut Erfahrungswerte hier zu lesen :-)

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du hast recht. es gibt länder, da wird eine beerdigung mit musik und tanz begleitet. bei uns ist es nicht so üblich und man sollte immer die lebensform und wünsche der hinterbliebenen achten. Sollte die familie es anders und farbenfroher wünschen, dann geben sie es bestimmt bekannt.