Warum hat ein Körper eine größere Gravitation wenn er kleiner wird?

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Warum hat ein Körper eine größere Gravitation, wenn er kleiner wird?

Er hat eine stärkere Gravitation an der Oberfläche, weil die kleiner wird.

Du kannst Dir das Gravitationsfeld - wie andere (Vektor-)Felder auch - durch Feldlinien veranschaulichen. Je dichter sie stehen, desto stärker ist es. 

Graviationsfeldlinen „entspringen“ in Massen. Je mehr Masse in einem gewissen Volumen drin ist, desto mehr Feldlinien verlaufen durch dessen Grenzfläche.

Eine solche Grenzfläche ist die Oberfläche eines Körpers, außerhalb derer keine neuen Feldlinien entspringen. Schrumpft der auf halben Durchmesser, dann schrumpft die Oberfläche auf ein Viertel, und die Feldlinien konzentrieren sich auf diese kleinere Oberfläche; das Feld wird vier mal so stark.

Zudem wird es inhomogener, dass heißt, die Dichte der Feldlinien nimmt nach außen hin schneller ab.

In einer festgelegten Entfernung r außerhalb des Körpers ändert sich jedoch nichts. Eine Kugelfläche vom Radius r bleibt ja 4πr², die Feldlinien werden dort nicht dichter.

 …wenn da ein Doppelsternsystem (ein Stern, ein Neutronenstern) ist, warum kann der Neutronenstern durch seine enorme Gravitationskraft dann den Stern einfach anziehen und nicht anders rum?

Beide ziehen sich gegenseitig an und werden dabei in Abhängigkeit von ihrer Ausdehnung eiförmig in die Länge gezogen. Auf den Neutronenstern wirkt sich das kaum aus, denn er ist nur so groß wie eine Stadt. Der Stern hingegen hat die millionenfache Ausdehnung und wird entsprechend stärker verzerrt.

Dabei fällt Gas aus den äußeren Schichten bildlich gesprochen über die Klippe. Das Bild ist dabei das von zwei Seen mit etwa gleich viel Wasser, einer groß und flach, der andere kleiner und viel tiefer, und vor allem auch mit tiefer liegendem Wasserspiegel.

Ach und ich hab mal gehört, dass wenn wir die Sonne durch ein schwarzes Loch mit gleicher Masse austauschen würden, sich die Umlaufbahn der Erde nicht ändern würde.

Würde sie auch nicht. Die Gravitation in einer fest gelegten Entfernung r ändert sich ja nicht.

Nach dem Ereignishorizont wird die Anziehungskraft aber dann nochmal größer!

Theoretisch sogar unendlich groß, obgleich die Fläche eine endliche Ausdehnung hat. In tiefen Gravitationstrichtern weicht die Geometrie der Raumzeit extrem von der gewohnten euklidischen Geometrie ab, was zum Beispiel dazu führt, dass die Oberfläche eines Neutronensterns kleiner ist, als sie vom Volumen her eigentlich sein müsste. Bei Schwarzen Löchern ist das gleichsam auf die Spitze getrieben. Der Ereignishorizont ist eine gedachte Fläche, wo von außen betrachtet die Lichtgeschwindigkeit null wird, weil dort - ebenfalls von außen betrachtet - die Zeit stehen bleibt.

Deshalb ist es übrigens auch schwarz. Wo für uns als entfernte Beobachter die Zeit stehen bleibt, sehen wir nicht etwa ein Standbild, sondern gar nichts mehr, denn Licht ist Schwingung, und die braucht Zeit.

Andi1111111 
Fragesteller
 18.10.2017, 09:47

Danke , aber das mit dem Stillstand der Zeit verstehe ich nicht. Ich dachte immer nach dem Ereignishorizont vergeht die Zeit einfach viiiiel langsamer und der Raum wird sehr stark gekrümmt, erst die Singularität lasse die Zeit stehen, da es dort keine Raumzeit gibt. Verstehe ich da was falsch? 

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SlowPhil  19.10.2017, 10:36
Ich dachte immer,… erst die Singularität lasse die Zeit stehen,…. Verstehe ich da was falsch?

Jein. An der Singularität - nach dem klassischen ART-Modell von Karl Schwarzschild - würde die Zeit enden. Am Ereignishorizont bleibt nicht die Zeit an sich stehen, wohl aber aus der Sicht eines entfernten Beobachters. Dies allerdings asymptotisch, denn wenn er eine Uhr in ein SL hineinwürfe, würde diese Uhr den EH für ihn nie erreichen und auch nicht wirklich stehen bleiben.

Ein - natürlich hinkender - Vergleich ist der mit zwei Autofahrern, von denen der eine eine Kurve fährt, und der andere „geradeaus“ - wobei hier allerdings der Kurvenfahrer dem entfernten Beobachter entspricht. Der Geradeausfahrer fährt dabei nicht langsamer, sondern nur immer langsamer vorwärts, bezogen auf den Kurvenfahrer. Der Winkel zu dessen Fahrtrichtung wird immer größer.

In der Raumzeit ist das etwas anders, weil die Differenz statt der Summe der Quadrate von zeitlicher und räumlicher Strecke invariant ist. Was sich „schräg“ zu mir durch die Raumzeit bewegt, bewegt sich also schneller zeitlich vorwärts, d.h. er braucht weniger Eigenzeit Δτ, um die gleiche Koordinatenzeit Δt meines Ruhesystems zurückzulegen.

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Hallo Andi1111111,

das sind ja gleich mehrere Fragen. Ich versuche sie alle mal der Reihe nach und möglichst einfach zu erklären, ja?

Warum hat ein Körper eine größere Gravitation wenn er kleiner wird?

Das ist

nicht

so.

Die Gravitation (Schwerkraft), die ein Körper auf einen anderen ausübt, ist proportional zu seiner Masse (M) und umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes (r)  von ihm

∼ M * 1/r²

Was bedeutet das?

Wenn wir die Sonne durch eine doppelt so schwere Masse ersetzen, sie aber aus demselben Abstand betrachten (zum Beispiel der Erdbahn), dann wird die auf uns ausgeübte Schwerkraft doppelt so stark sein (wegen der doppelten Masse)

Aber auch unsere Sonne mit ihrer jetzigen Masse zieht einen Körper, der ihr näher ist als wir es sind, stärker an, weil dessen Abstand zu ihr kleiner ist. Ein (nicht vorhandener) Planet mit dem halben Erdabstand würde eine viermal so starke Schwerkraft von der Sonne spüren (wegen des um die Hälfte geringeren Abstandes).

Das ist auch schon der ganze Trick:

Ich meine wenn da ein Doppelsternsystem (ein Stern, ein Neutronenstern)
ist, warum kann der Neutronenstern durch seine enorme Gravitationskraft
dann den Stern einfach anziehen und nicht anders rum?

Zunächst einmal wieder: Das ist

nicht

so.

In einem Doppelsternsystem ziehen sich immer(!) beide Körper an. Der Neutronenstern wird eine Schwerkraft (aufgrund seiner Masse und des gemeinsamen Abstandes) auf den Stern ausüben...

und

der Stern eine Schwerkraft (resultierend wiederum aus seiner Masse und dem gemeinsamen Abstand) auf den Neutronenstern. Beide Sterne sind also durch die Kräftesumme aneinander gebunden und umrunden den gemeinsamen Schwerpunkt.

Nun sind Neutronensterne aber oft massereiche Objekte. Und vor allem sehr kompakt. Der Begleitstern kann einem Neutronenstern also recht nahe kommen, ohne seine Oberfläche zu berühren. Wir haben oben aber gesehen, dass die Stärke der Schwerkraftanziehung etwas mit dem Abstand zu tun hat.

Gasteilchen aus den äußeren Schichten des Begleitsterns können deshalb bei einem engen solchen Doppelsternsystem eben schon eine stärkere Anziehung zum Neutronenstern hin spüren. Die Berechnung ist nicht ganz einfach, weil man nicht nur obige Formel betrachten darf, sondern auch die Zentrifugalkräfte durch die Drehbewegungen nicht vernachlässigt werden dürfen.

Aus der Summe aller Kräfte ergeben sich die sogenannten Roche-Volumina, das ist die maximale Größe, die ein Stern in einem Doppelsternsystem einnehmen darf, ohne dass ihm sein Begleiter Material von der Oberfläche abknüpft.

http://www.spektrum.de/lexikon/astronomie/roche-volumen/413

Weil in einem System aus Neutronenstern und normalem Stern der Neutronenstern das kompaktere Objekt ist, ist zu erwarten, dass der andere Stern ein erheblich größeres Risiko hat, sein Roche-Volumen zu überschreiten, besonders dann, wenn es sich um ein enges Doppelsternsystem handelt.

und ich hab mal gehört, dass wenn wir die Sonne durch ein schwarzes Lochmit gleicher Masse austauschen würden, sich die Umlaufbahn der Erde nicht ändern würde.

Das ist

richtig.

Und eigentlich ganz leicht mit obiger Formel zu verstehen. Wenn Du die Sonne durch ein massegleiches Schwarzes Loch ersetzt und nach wie vor vom Abstand der Erde hier betrachtest, dann haben sich BEIDE für die Größe der Schwerkraft verantwortlichen Parameter nicht verändert.

Genau deshalb übt ein Schwarzes Loch mit der Masse 1 Sonnenmasse von uns aus betrachtet exakt dieselbe Schwerkraft auf uns aus. Es ändert sich nichts.... außer dem Anblick und der Tatsache, dass wir erfrieren würden.

Nach dem Ereignishorizont wird die Anziehungskraft aber dann nochmal größer !

Nicht erst nach dem Ereignishorizont, sondern schon auch bis zum Ereignishorizont.

Weil wir hier eigentlich relativistisch rechnen müssen, gilt obige Formel zwar nicht mehr in dieser Weise, für eine prinzipielle Überlegung taugt sie aber durchaus:

Du darfst hier nicht vergessen, dass die Sonne einen Durchmesser von knapp 1,4 Millionen Kilometern hat. Ersetzen wir sie durch ein Schwarzes Loch gleicher Masse, dann reden wir von einem Ereignishorizont, der nur noch etwa 6 Kilometer Durchmesser hat. Innerhalb dieser 6 Kilometer befindet sich aber immer noch die gesamte Masse, die vorher in den 1,4 Millionen Kilometern unserer Sonne Platz hatte.

Selbst wenn wir das also nicht ganz korrekt "klassisch" betrachten, wird klar, dass die Schwerkraft in einem derart verringerten Abstand (wir haben r um einen Faktor von über 230 000 verkleinert - und der Abstand geht immerhin selbst klassisch quadratisch in die Stärke der Schwerkraft ein) sehr, SEHR viel stärker ist, als auf der jetzigen Sonnenoberfläche.

Ungefähr klar?

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU

Die Gravitation ist laut Allgemeiner Relativitätstheorie (ART) nur eine Scheinkraft.

Ein Schwarzes Loch verzerrt wie alles mit einer Masse die Raumzeit. Das macht es (und alle anderen massebehafteten Objekte) unabhängig davon, ob da noch ein anderes Objekt mit Masse ist oder nicht. Die Bewegung von Objekten (auch solcher wie Lichtteilchen, die ja masselos sind) durch die Raumzeit wird wiederum durch die Verzerrung der Raumzeit bestimmt, solange keine Kräfte wirken.

Genau genommen ist es so, dass die Gravitation nicht allein durch die Masse erzeugt wird, sondern durch alles im sogenannten Energie-Impuls-Tensor, der ein Term in der Gleichung der ART ist, die die Gravitation beschreibt. Da ist eigentlich die Energiedichte drin (Masse ist quasi eine andere Erscheinungsfom von Energie), außerdem wohl auch sowas wie der Impuls, Druck und mechanische Spannung.

Bei eher kleinen Massen, auch noch bei der Erde, spielt aber wohl alles außer der Masse keine bedeutende Rolle, so dass in diesen Fällen auch Newtons Gravitationsgesetz ausreichend gute Ergebnisse liefert. Wenn die Massen aber deutlich größer sind, spielt wohl alles andere auch eine wesentliche Rolle, so dass bei einem Objekt wie einem Schwarzen Loch auch die Dichte im Vergleich zu einem Objekt mit gleicher Masse, aber niedrigerer Dichte, einen Unterschied ausmacht und es zumindest in der unmittelbaren Umgebung eine stärkere Gravitation als zum Beispiel ein Stern mit der gleichen Masse hat. Aber übrigens fängt das schon bei Massen wie der der Sonne an, denn die Merkurbahn kann mit Newtons Gravitationsgesetz nicht ganz richtig berechnet werden.

SlowPhil  17.10.2017, 08:55

Die Gravitation ist laut Allgemeiner Relativitätstheorie (ART) nur eine Scheinkraft.

Das ist zwar richtig (wobei ich das Wort „Scheinkraft“ für zu abtuend halte), aber zumindest für die Beantwortung der ersten Frage irrelevant. Mit „echten“ Kräften wie der elektrostatischen Anziehung/Abstoßung funktioniert das auch. Dieselbe Ladung auf kleinerem Körper übt an dessen Oberfläche mehr Kraft aus.

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Janeko85  17.10.2017, 12:52
@SlowPhil

Ja, danke. Das habe ich inzwischen selbst bemerkt, als ich es nochmal darüber nachgedacht habe.

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Statt mit viel Worten drumherum zu reden, reicht das Verständnis des Naturgesetzes:

https://de.wikipedia.org/wiki/Gravitation#Gravitation_in_der_klassischen_Mechanik

F = G * m1 * m2 / r²

Kraft = direkt proportional zu den beiden Massen und indirekt proportional zum Quadrat des Abstandes.

Damit wird Dein "...mal gehört, dass wenn wir die Sonne durch ein schwarzes Loch mit gleicher Masse austauschen würden, sich die Umlaufbahn der Erde nicht ändern"

logisch, denn wir haben kein Parameter verändert.

Was jetzt so besonders an Schwarzen Löchern & Neutronensternen ist: die Dichte -> also die Möglichkeit, den Abstand r zur Oberfläche kleiner zu machen, als bei "normalen Körpern"!

Unsere Erde hat folgenden Verlauf der Schwerkraft:

https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:EarthGravityPREM.svg

Blaue Kurve hat etwa an der Oberfläche (oder etwas tiefer je nach Dichteverteilung) ihr Maximum. Dringt man tiefer in die Erde ein, hat man auch Masse "hinter sich", die also in entgegengesetzte Richtung zieht.

1 Meter vor dem Zentrum hat man 0 Gravitations-Kräfte, weil die komplette Erdmasse nach allen Seiten zieht -> Gesamtkraft hebt sich auf.

Die komplette Erdmasse mit der Dichte eines Schwarzen Loches wäre so groß wie ein Tischtennisball -> und den 1 m vor Dir würde also mit

Kraft = G * Erdmasse * {Deine Masse} / 1

unvorstellbar gewaltige Kräfte ausüben, die kein Material (auch Diamant nicht) aushalten kann!

Nun zum Bild:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/3d/EXO_0748-676.jpg

was viele nicht verstehen.

Egal ob Neutronenstern oder Schwarzes Loch: das im Bild dargestellte blaue Objekt hätte bei der gewaltigen Dichte eine extrem hohe Masse!

(Menschen denken leider linear und schätzen größere Objekte schwerer ein)
Die Dichte von Sternen an der Oberfläche ist wegen Summe vieler Faktoren (Plasma, Gase, Strahlungsdruck,...) extrem klein. Außerdem werden ständig zig Teilchen ausgestoßen (Ute hat das gut mit dem LINK zum roche-volumen beschrieben).

Schau Dir die Oberfläche der Sonne mal genauer an

https://de.wikipedia.org/wiki/Protuberanz#/media/File:Earth_and_the_Sun.jpg

So etwas instabiles lässt sich leicht von kompakten Objekten mit hoher Dichte anziehen.

BBoyD  17.10.2017, 16:56

Die Masse "hinter einem" beim Eindringen in einen kleinen Tunnel durch die Erde zieht nicht wirklich zurück. Im Inneren einer Kugelschale heben sich alle Gravitationskräfte auf zu Null

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Da die Distanz der Schwerpunkte sich nicht ändert, bleibt die Gravitation (Schwerkraft) gleich.

Nur bezogen auf geringeren Abstand der Außenhülle zum Schwerpunkt steigt sie.