Warum beschleunigt ein Auto von 0 auf 100 schneller als von 100 auf 200?

12 Antworten

Um 200 zu fahren, ist grob gerechnet etwa viermal so viel Energie erforderlich wie für Tempo 100. Diese Energie muss im Zuge der Beschleunigung nach und nach aufgebaut werden - da der größere Teil davon auf den Abschnitt von 100 bis 200 anfällt, dauert es entsprechend länger.

Weil von 0 auf 100 der zu überwindende Wiederstand kleiner ist als von 100 auf 200.

Da spielen insgesamt drei verschiedene Effekte ein Rolle.

1) die Physik:

Das Beschleunigen dient dazu, die Geschwindigkeit zu erhöhen. Dabei erhöht sich zwangsläufig die kinetische Energie des Autos.

Gemäß der Formel Ekin = m/2 * v^2 nimmt die kinetische Energie quadratisch zur Geschwindigkeit zu. Bei 200 km/h hat das Auto damit die 4-fache kinetische Energie wie bei 100 km/h

Um von 100 auf 200 zu beschleunigen, muss man also theoretisch 3-mal soviel Energie zuführen, wie von 0 auf 100 km/h

Es gilt auch die Formel:
Ekin = P * t (Energie ist Leistung mal Zeit)

umgestellt:
t = Ekin / P

die erforderliche Beschleunigungszeit ist also proportional zur kinetischen Energie des Fahrzeuges.

Da die erforderliche kinetische Energie von 100 auf 200 dreimal so groß ist wie von 0 auf 100, muss daher von der reinen Theorie her die Beschleunigungszeit von 100 auf 200 das dreifache betragen gegenüber der von 0 auf 100. Dabei wird davon ausgegangen, dass immer die volle Motorleistung zum Beschleunigen ausgenutzt wird.

Die in der Praxis gemessenen Werte liegen daher alle in der Nähe des theoretischen Wertes von der dreifachen Zeit von 100 auf 200 gegenüber von 0 auf 100.

Es gibt aber gewisse Abweichungen, und die haben mit folgenden beiden Effekten zu tun:

2) Der zunehmende Luftwiderstand

Der Luftwiderstand nimmt mit der dritten Potenz der Geschwindigkeit zu. Speziell bei Autos, die bei 200 schon in den Bereich der Höchstgeschwindigkeit kommen, macht sich der Bremseffekt in der Beschleunigung bemerkbar, weil dann nicht mehr die gesamte Motorleistung in die Beschleunigung gesteckt wird, sondern ein großer Teil für die Überwindung des Luftwiderstandes verloren geht. Daher weicht bei solchen Autos die Beschleunigungszeit von 100 auf 200 vom theoretischen Wert nach oben ab.

Beispiel:

Audi A4 2,4 TDI, 150 PS, Vmax 225 km/h
0 - 100: 9,3 ; 0 - 200: 38,6s, 100 - 200: 29,3 s

29,3 ist das 3,15 -fache von 9,3

3) die Schwierigkeit, die Leistung auf die Straße zu bringen

Bei besonders hohen Leistungen wird es schwierig, beim Anfahren die gesamte Motorleistung auf die Straße zu bringen, ohne dass die Räder durchdrehen. Deswegen kann auf den ersten Metern nicht die gesamte Leistung ausgenutzt werden. Ab 100 spielt das keine Rolle mehr, da kann man mit voller Leistung weiterbeschleunigen.

Bei Autos mit sehr hoher Endgeschwindigkeit aufgrund der hohen Leistung wirkt sich dieser Effekt deutlich stärker aus, als die Bremswirkung durch den zunehmenden Luftwiderstand. Daher ist es in diesem Fall so, dass die Beschleunigung von 0 auf 100 deutlich geringer ausfällt, als es von der Leistung her möglich wäre. Bei solchen Autos ist die Zeit von 100 auf 200 daher etwas weniger als das 3-fache von 0 auf 100.

Beispiel:

Porsche 911 Carrera, 0 - 100: 3,9 s, 0 - 200: 14,1 s, 100 - 200: 10,2 s
10,2 s ist das 2,6-fache von 3,9 s

checkpointarea  30.07.2018, 10:47

Schön geschrieben. Allerdings gibt es weder einen Audi A4 2.4 TDI (der 2,4er war bei Audi immer ein Ottomotor, und der hatte im wohl gemeinten Modell 165 PS), noch ist dieses Modell mit 150 PS (wohl war der 2.5 TDI gemeint) nicht ansatzweise fähig, in 38,6 Sekunden auf 200 km/h zu beschleunigen.

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checkpointarea  30.07.2018, 10:58
@Hamburger02

Ach so, es war nicht der B5, sondern der B8 gemeint? Der schafft mit seinem relativ schlechten cw x A - Wert von 0,65 sowie nur 150 PS allerdings auch keine 39 Sekunden auf 200 km/h. Welche Lufttemperatur hast Du zur Berechnung angesetzt?

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checkpointarea  30.07.2018, 11:16
@Hamburger02

Ach so, ein Youtube - Video. Bei den Geschwindigkeiten wirkt sich bereits ein minimaler Rückenwind oder ein kaum sprübares Gefälle deutlich auf. Ich vertraue den Videos keinen Deut. 39 Sekunden hann man eher für den 2.0 TDI mit 170 oder 177 PS ansetzen.

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Hamburger02  30.07.2018, 11:34
@checkpointarea

Wobei das für den Vergleich beider Geschwindigkeitsbereiche nicht maßgeblich ist, da es ja bei meinen Betrachtungen nicht auf die absoluten Werte sondern nur auf die Verhältnisse ankommt. Und da gilt weitgehend hebt sich gegen hebt sich.

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checkpointarea  30.07.2018, 11:47
@Hamburger02

Genau deswegen. Denn gerade bei Einflüssen verbessert sich gerade die Beschleunigung in höhere Geschwindigkeitsbereiche. Die 9,3 s auf 100 km/h sind nämlich absolut realistisch.

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Hamburger02  30.07.2018, 12:10
@checkpointarea

Letztlich ist der Zusammenhang, der dargestellt werden sollte folgender:
Es gibt Abweichungen von der reinen Theorie (t2/t1 = 3) durch die beiden genannten Einflussfaktoren fehlender Grip auf den ersten Metern und Windwiderstand bei hohen Geschwindigkeiten.

Welcher der beiden Einflussfaktoren sich stärker bemerkbar macht, kann grob in Abhängigkeit dazu gestellt werden, wie weit Vmax über 200 liegt, wobei im Bezug zu Vmax da durchaus auch Wind oder Schräge schon eingepreist sind.

So in etwa bei einer Vmax von um die 230, eben unter den gegebenen Umständen, heben sich beide Einflussfaktoren in etwa auf und man nähert sich im Verhältnis t2/t1 dem theoretischen Wert von 3.

Noch ein extremes Beispiel, wo Vmax nur bei 210 liegt. Da macht sich der Windwiderstand extrem bemerkbar und man kommt auf ein t2/t1 von etwa 6. Daran würde auch Rückenwind oder eine kleine Neigung der Straße vom Prinzip her nichts ändern.

Genauso ist bei Fahrzeugen mit Vmax über 300 das Verhältnis t2/t1 grundsätzlich deutlich kleiner als 3, unabhängig von Wind oder Neigung. Da macht sich allerdings eine feuchte oder nasse Straße zusätzlich enorm bemerkbar.

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Mikkey  30.07.2018, 20:39
@checkpointarea

Trotzdem sind alle Aspekte zur Geltung gekommen, irgendein Auto liefert das genannte Beispiel

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weil der Luftwiderstand mächtig ansteigt

Interessante Frage! Sie wurde bereits (sehr wissenschaftlich) beantwortet, hier die Kurzfassung: Der Luftwiderstand wird ab etwa 80 km/h die mit Abstand dominierende Größe, darunter zählt in erster Linie das Leistungsgewicht, also welche Leistung auf welche Fahrzeugmasse trifft. Das ist auch der Grund, weshalb die Höchstgeschwindigkeit nicht ansatzweise in dem Maß steigt, wie es die Motorleistung tut, genaugenommen braucht man etwa die 8 - fache Leistung für eine einfache Verdoppelung der maximal möglichen Geschwindigkeit. Das sollte klar aufzeigen, wie enorm der Kraftbedarf zum Erreichen hoher Geschwindigkeiten ist.