Versuche zum Chemischen Gleichgewicht?


16.04.2020, 19:10

Chemieauftrag

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo Anna16772

Eine kurze Vorbemerkung:

Ich finde es blamabel, dass Lehrer zu bequem oder nicht in der Lage sind, Aufgaben zu stellen, die nicht einen Versuch mit einer Beobachtung und deren Auswertung voraussetzen, wie dies hier der Fall ist. Und ein Einzelfall ist dies auch nicht - leider. Nur nützt dir meine Empörung nichts, du musst halt trotz allem mit der Aufgabe fertig werden.

Eigentlich hat diese Aufgabe zwei Teile, verbunden durch die gemeinsame Gleichgewichtsreaktion:

FeCl₃ + 3 KSCN ⇌ Fe(SCN)₃ + 3 KCl

Hierfür soll zunächst das Massenwirkungsgesetz MWG aufgestellt werden.

Das MWG besagt, dass bei einer Gleichgewichtsreaktion der Quotient aus dem Produkt der Konzentrationen (eigentlich Aktivitäten) der End-Produkte und dem Produkte der Konzentrationen der Ausgangsstoffe eine Konstante ist, abhängig von Druck und Temperatur.

Für die gegebene Reaktion sieht das MWG so aus

Kc = [FeCl₃]*[KSCN]*[KSCN]*[KSCN] / [Fe(SCN)₃]*[KCl]*[KCl]*[KCl]

bzw

Kc = [FeCl₃]*[KSCN]³ / [Fe(SCN)₃]*[KCl]³

Der zweite Teil basiert darauf, dass die Gleichgewichtskonstante auch Gültigkeit hat, wenn ich Konzentrationen verändere, denn dann stellt sich eine neue Gleichgewichtslage ein, ohne dass die Konstante verändert wird. Hier kommt das Prinzip von Le Chatelier ins Spiel: Ein Gleichgewichtssystem, auf das man einen Zwang ausübt, versucht diesem Zwang auszuweichen.

Dieses Prinzip wird durch den Versuch mit den 6 Reagenzgläsern verdeutlicht.

Da ich nicht weiß, welche Färbung das 6 Reagenzglas als Referenz hat, - ein Problem von uns beiden - kann ich nur vermuten, dass die Lösung ein moderates 'Blutrot' hat.

Beim Hinzufügen von FeCl₃ weicht das System so aus, dass mehr Fe(SCN)₃ und KCl gebildet wird und eine Farbvertiefung eintritt. Das Gleichgewicht verschiebt sich nach rechts.

Den gleichen Effekt hat das Hinzufügen von wenig KSCN. Auch hier kommt es zu einer Farbvertiefung durch mehr Fe(SCN)₃.

Beim dritten Reagenzglas widersprechen sich obendrein auch noch die Tabelle und die Versuchsvorschrift, indem einmal von KCl und dann von KSCN die Rede ist.

Die Zugabe von KCl erscheint aber vom Konzept her die sinnvollere Variante. Fügt man KCl hinzu, so verschiebt man das Gleichgewicht auf die linke Seite, es wird FeCl₃ zurückgebildet, die Lösung hellt sich auf und wird vermutlich bräunlich werden.

Bleibt noch die Sache mit der Reaktionsenthalpie. ΔH ist negativ angegeben und das bedeutet, dass die Reaktion exotherm ist und Energie frei wird. Welche Auswirkungen eine Temperaturerhöhung bzw. -Erniedrigung hat, kann man sich wieder an der Reaktionsgleichung klarmachen.

Hierzu setze ich die Energie als entstehendes Produkt mit in die Gleichung ein:

FeCl₃ + 3 KSCN ⇌ Fe(SCN)₃ + 3 KCl + Energie

Wenn ich jetzt Energie zuführe, indem ich erwärme, verschiebt sich das Gleichgewicht nach links, es wird mehr FeCl₃ zurückgebildet, die Farbe wird sich aufhellen und wahrscheinlich auf bräunlich wechseln. Der gleiche Effekt, den ich schon durch dir Erhöhung der KCl-Menge erreicht habe.

Der umgekehrten Effekt hat es, wenn ich abkühle, also Energie entziehen. Hier verlagere ich das Gleichgewicht auf die rechte Seite, mehr Fe(SCN)₃ wird gebildet und die Farbe intensiviert sich.

Ob diese 'Vermutungen' der Wahrheit entsprechen, werden wir beide leider nicht in der Praxis bestätigt oder widerlegt bekommen.

Ich hoffe, das meine Ausführungen verständlich waren.

LG


Anna16772 
Fragesteller
 16.04.2020, 23:47

Wow, vielen vielen Dank! Mein Lehrer hätte es mir nicht besser erklären können. Sie haben mir sehr geholfen. Dankeschön!

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Zwergbiber50  17.04.2020, 00:38

Bei Durchsicht ist mir ein Fehler aufgefallen, den ich hiermit korrigieren möchte:

Für das MWG gilt und so hab ich es auch geschrieben:

Kc = Produkt der Konz. der Produkte / Produkt der Konz. der Edukte

In der Gleichung habe ich aber Zähler und Nenner vertauscht, so dass es richtig heißen muss:

Kc = [Fe(SCN)₃]*[KCl]³ / [FeCl₃]*[KSCN]³

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Zwergbiber50  24.04.2020, 18:33

Vielen Dank fürs Sternchen :)

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Ein Gleichgewicht ist wie eine Katze:

Wenn du einer Katze auf den Schwanz trittst, haut sie ab, um dem Schmerz auszuweichen.

Wenn du ein Gleichgewicht störst/ärgerst, wird es auch so reagieren, dass es der Veränderung entgegenwirkt, quasi der Schmerz nachlässt:

Gibst du Edukt rein, baut es Edukt ab.

Gibst du Wärmeenergie rein, baut es Wärme ab.

Holst du einen Stoff raus, bildet er sich nach.

....

Probier es mal...

LG

PS: Ja, liebe Tierfreunde. Das ist kein Aufruf, sondern nur ein hypothetisches, einprägsames und dadurch pädagogisch wertvolles BEISPIEL! :)

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Anna16772 
Fragesteller
 16.04.2020, 23:48

Danke für Ihre Antwort

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Beim MWG gilt, dass ein System/eine Reaktion versucht dem Zwang auszuweichen, wenn Du also die Konzentration von Eisen erhöhst, wird es versuchen diese auszugleichen in dem es mehr Rhodanid bildet. Ähnlich gehst Du bei den anderen Beispielen vor - es ist das Prinzip des kleinsten Zwangs (Le Chatelier)

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – MSc in Biochemie

Anna16772 
Fragesteller
 16.04.2020, 19:33

Erstmal vielen Dank für deine Antwort! Und wie wirkt sich der Zusatz dieser Stoffe (bzw. das Erwärmen und Abkühlen) auf die Veränderung der Farbe aus?

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MeisterRuelps, UserMod Light  16.04.2020, 19:34
@Anna16772

Das sollst Du selbst herausfinden, wenn ich Dir das vorsagen würde, würdest Du es nicht verstehen und nichts lernen. Mit meinem Ansatz oben, solltest Du die Aufgabe problemlos lösen können.

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Miraculix84  16.04.2020, 23:55
@Anna16772

Es gibt bei Gleichgewichten ja nur drei Möglichkeiten:

a) Es verschiebt sich nach rechts =>

b) Es verschiebt sich nach links <=

c) Es passiert nichts (selten)

Und die Farben stehen ja oben unter der Reaktionsgleichung.

Was wäre denn dein Vorschlag?

LG

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Anna16772 
Fragesteller
 11.05.2020, 22:23
@Miraculix84

Habe den Auftrag schon erledigt uünd abgegeben

Ich bin Ihnen aber auf jeden Fall sehr dankbar!

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