Tschernobyl: Wäre die Explosion weiterhin die normale Folge, wäre der Graphit-Anteil des Steuerstabs nach hinten versetzt gewesen?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Nach vorherigen Wissenstand hätte das nicht möglich sein sollen.

Bekannt wars schon, dass das passieren kann.

Wäre die Explosion nun, mit diesen experimentellen Steuerstäben noch möglich gewesen?

Grundsätzlich ja da das Problem des positiven Dampfblasenkoeffizients weiter bleibt.

Hätte das Bor eine Schwächung soweit möglich gemacht um das Graphit quasi wirkungslos werden zu lassen, in dem Moment wo es den kern trifft?

Damit das Graphit wirkungslos wäre hätte man es auch einfach entfernen können.

Der Grund warum da überhaupt Graphit ist, ist nicht nur dass der Reaktor angefahren wird, sondern es verbessert das Regelverhalten von Niederlast in Volllast indem es eine Xenonvergiftung des Reaktors beseitigt wenn dieser mehr Leistung liefern soll.

Das Stand natürlich auch überall beschrieben und die Erforderliche Mindestleistung des RBMK kommt nicht von irgendwo sondern eben genau aus dieser Xenonvergiftung. Es wurde beim Experiment, welches Unfall verursachte, lediglich nicht darauf geachtet, dass der Reaktor niemals unter einer gewissen Leistungsgrenze betrieben werden darf.

Wäre ein Starten des Reaktor´s mit diesen experimentellen Steuerstäben generell noch möglich?

Ich denke mal ja. Auch wenn ich jetzt nicht so tief in der Materie stecke sollte man den Reaktor auch so anfahren können, allerdings langsamer.

Markus1409 
Fragesteller
 31.08.2023, 09:42

Ich habe mir überlegt hierfür auch U235 wegzulassen und zu ignorieren, aber dann hätte es eh keinen Sinn mehr gemacht. Die Xenonvergiftung hatte ich dennoch berücksichtigt.

Ein korrektes Kräfteverhältnis im Beispiel vorherzusagen wäre eh nicht möglich gewesen, also war die frage für die Katz.

Die Frage stand lange im Raum wie das passieren konnte bei einem RBMK-Reaktor. Keine Kernschmelze.

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Kelec  31.08.2023, 09:50
@Markus1409

Ganz ohne U235 gehts meist nicht.

Was soll ein perfektes Kräfteverhältnis sein? Wenn der Reaktor stabil läuft hast du das ja auch in einem RBMK.

Die Frage stand lange im Raum wie das passieren konnte bei einem RBMK-Reaktor. Keine Kernschmelze.

Ich denke hier gehts eher um den genauen Vorgang, denn es hätte im Normalbetrieb nicht passieren dürfen. Dass der Reaktor einen positiven Dampfblasenkoeffizient hat wusste man schon, zumal sich das schon Jahre vorher in einem RBMK Versuchsreaktor gezeigt hat.

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Markus1409 
Fragesteller
 31.08.2023, 09:51
@Kelec

Nicht "perfekt". Ich meinte mehr halbwegs konkrete Leistungsangaben.
Aber da dies alles sowieso nur ein Beispiel ist, ist die Frage sowieso umsonst weil man es nicht schätzen kann.
Kein Plan wie ich darauf kam.

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Hallo Markus, super Bilder hast du das beigefügt.

Die Steuerstäbe sind Pillepalle im Vergleich zu der Tatsache dass der Schichtleiter alle Kühlpumpen verbotener Weise hart abgeschaltet hat um gegen den Reaktorschutz verbotener Weise anzukämpfen.

Da der militärische Reaktor graphitmoderiert ist (3400 Tonnen Graphit!) lief die Reaktion noch jahrelang nach der Havarie weiter - bei uns kann das nicht passieren, da wir wassermoderierte sichere Reaktoren haben, die zudem noch zweifach druckdicht eingehaust sind.

Es ist die ewig quälende Frage des Spezialisten, der so tief in der Technik steckt, dass er das Gesamtbild nicht mehr sehen kann: wenn wir nur dieses oder jenes Detail geändert hätten, wäre alles sicher gewesen? Wäre es nicht - ein System, in dem es positive Rückkopplungsprozesse geben kann, ist niemals sicher; wenn man einen Weg zum Desaster versperrt, findet es einen anderen. Allein die Graphitmoderation beim RBMK ist ein Ticket für die Hölle, zum Glück waren die Reaktoren in Deutschland wenigstens wassermoderiert. Die Nachzerfallswärme wäre das nächste Feature, das auszumerzen wäre, dann wäre man einen Schritt weiter.

maxthe3rd  01.09.2023, 01:09

Also die Frage selber kann ich nicht beantworten, aber ein RBMK Reaktor wäre wahrscheinlich früher oder später sicher in die Luft gegangen (in der damaligen Bauweise), einfach da dieser Reaktor so schwierig kontrollierbar war (siehe in Leningrad, wo der Reaktor auch einen sehr kritischen Bereich erreicht hat)

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