Sprache erfinden tipps?

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Das was du suchst, ist ein immer populärer werdendes Hobby von einigen Menschen. Es nennt sich Conlang(-ing) ( engl. konstruierte Sprache/Sprachen konstruieren). Einige Menschen machen das sogar teilweise professionell.

Es gibt einige Sachen, die man sich bewusst werden lassen sollte. Zum Beispiel: Was ist dein Ziel? Nach diesem Ziel orientierst du deine Sprache. Wenn die fiktionalen Sprecher einer Sprache Krieger in der Savanne sind, gibt es vielleicht viele Wörter für Waffen, Krieg, Rituale, Dinge in der Savanne und als Krieger ist dann die Sprache wahrscheinlich recht robust aber Bedeutung kann man schnell und unkompliziert aussagen. Eine Sprache richtet sich nach den Bedürfnissen der Sprecher.

Es gibt als grobe Einteilung z.B. artlangs (Kunstsprachen für künstlerische Zwecke wie für eine Geschichte oder ähnliche), loglangs (logische Sprachen z.B. zum Testen von Informationsübertragung in der Sprache oder ähnliches), auxlangs (Hilfssprachen für die einfache Verständigung von verschiedenen Menschen aus verschiedene Sprachräume oder ähnliche), engelangs ("Engineered Languages" eine Sprache für einen bestimmten philosophischen Aspekt. Dahingegen sind natlangs natürliche Sprachen. Du kannst deine Sprache natürlich erscheinen lassen, oder komplizierte Regeln - aber dafür mehr Informationen einführen.

Kommt drauf an, was du vorhast, brauchst du Ausspracheregeln, Regeln zur Verschriftlichung, eine Gebärdensprache, Körpersprache, was für unterschiedliche Ereignisse machen in der Sprache ein Unterschied? Also was für Phoneme gibt es (Laute, die in der Sprache bedeutungsabhängig sind, wie z.B. bei schön/schon), was für Schriftzeichen werden genutzt, nutzt du die lateinische Schrift, eine andere oder erfindest du auch deine eigene? Details zur Kultur, die Sprache und seine Bestandteile im Medium (Schrift, Gebärden, Mündlich, ...) funktonieren vielleicht unterschiedlich. Nach dem du die Regeln hast, wie z.B. Wörter aussehen können, kannst du zur Morphologie übergehen. Z.B. was macht deine Sprache mit den Wörtern? Was macht sie mit unterschiedlichen Wörtern, also was für Auswirkungen gibt es auf die Wortarten? Oft ist es auch der Fall, dass verschiedene Wörter sich gegenseitig beeinflussen. Substantive, welche Lebewesen, Gegenstände, Gedanken und Gefühle usw. beschreiben, können meist grammatische Fälle (Kasus) (z.B. Nominativ, Akkusativ, Ergativ, Dativ, Lokativ, Lativ, usw.) aufweisen, sie können in Klassen oder grammatikalische Geschlechter (Genus) (feminin, maskulin, neutrum, oder animiert, inanimiert usw.) eingeteilt werden, unterschiedliche Anzahl von Objekten kann angezeigt werden (Numerus) (z.B. Singular, Paucal und Plural), TAM bei den Verben (tempus, aspects, moods (Zeitform, Aspekte und Modus), aber auch z.B. Applikative oder die Valenz (z.B. Aktiv, Mediopassiv, Passiv). Überlege dir, was du noch brauchst. Brauchst du Adjektive, Adverbien, Adpositionen? Man kann auch Wege ohne diese Wortarten finden, aber Substantive und Verben sind in den allermeisten Sprachen üblich. Auch interessant ist vielleicht die Inkorporation.

Dann sind die Wörter aufgebaut, dann muss man die Wörter zusammenreihen. Was für einen Satzbau gibt es? SVO, SOV, VSO, VOS, OVS, OSV oder keinen festen Satzbau? Kasus, Genus oder Belebtheit der einzelnen Wörter können den Satzbau freier gestalten. Und innerhalb eines Satzteils, kommen die Adjektive vor oder nach den Substantiven, Artikel und Adpositionen genauso, oder anders? Welche Wörter der gleichen Wortart stehen zu erst, welche danach? Wie entsteht eine Frage, wie kann man einen Nebensatz hinzufügen, gibt es sowas in deiner Sprache überhaupt?

Wenn es eine Sprache sein soll, die natürlich klingen soll, solte man auch Unregelmäßigkeit einfügen. Diese kommen aus frühere Formen der Sprache, die zu einem gewissen Teil in der Sprache verblieben sind.

Wenn dir deine Sprache gefällt, füge Dialekte, Soziolekte oder Regiolekte hinzu. Diese sind meist klar der Sprache zugehörig, haben aber teilweise andere Aussprachen, andere Wörter, anderer Satzbau.

Paar nützliche Links:
Conlang University
Language Creation Society
in Wikipedia
Zompist
Artifexian (YouTube)
Biblaridion
r/conlangs
ConWorkShop

ich hoffe, ich konnte helfen ;)

SePcANiH  14.07.2021, 13:29

Vielen Dank für den Stern :)

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Bei den lebenden Sprachen wie Deutsch bin ich dagegen, diese zu gendern, aber eine Plansprache sollte auf jeden Fall so gemacht sein, dass sie geschlechtsneutral ist. Mit geeigneten Endungen kann man Sternchen etc. vermeiden. Die Endungen sollen dabei immer gleich lang sein.

Beispiel für Endungen:

-e wäre die Neutralform (für beide Geschlechter)

-a wäre die weibliche Endung

-o wäre die männliche Endung

Wenn Du willst könntest Du auch noch eine Endung für Diverse machen - nun ja, Diverse gibt es aber nicht so viele und vielleicht reicht da auch die Neutralform.

Würde man Deutsch entsprechend einer Plansprache umgestalten, dann würde aus dem "Lehrer":

  • Lehrere - Lehrer unabhängig vom Geschlecht, Lehrkraft
  • Lehrera - Lehrerin
  • Lehrero - männlicher Lehrer

wichtig ist halt, dass die Endungen unbedingt gleichlang sein müssen. In Deutsch ist das nicht so: Lehrer ist kürzer als Lehrerin, das ist gegen die Gleichheit.

Die Mehrzahl könnte man stets durch anhängen von s bilden. Entsprechend könnte man auch die Artikel mit le, la, lo machen.

Im Prinzip sind der Fantasie da keine Grenzen gesetzt.

https://wals.info/feature

Dieser Atlas der Sprachstrukturen zeigt exemplarisch auf, wie die Phonetik und Grammatik verschiedener Sprachen in der Welt strukturiert ist. Manche Sprachen haben mehrere verschiedene Vergangenheitsformen (basierend auf der Zeit, die vergangen ist seit dem Ereignis). Andere haben gar keine flektierte Verbform der Vergangenheit (da benutzt man lediglich Zeitangaben, um den Zeitpunkt zu spezifizieren).

Auch beim Futur gibt es Sprachen, die auf ein flektiertes Futur verzichten (Finnisch zum Beispiel).

Manche Sprachen differenzieren - das finde ich besonders faszinierend - ein Ereignis, das tagsüber passiert ist von einem, das nachts passiert ist (an der Verbform). In der Sprache Berik (Neuguinea) gibt es bei "geben" z.B.

gulbanant = gab ihm (einen großen Gegenstand) tagsüber
gulbafant = gab ihm (...) nachts
golbilint = gab ihr (...) tagsüber
golbifint = gab ihr (...) nachts

Dort wird auch das (indirekte) Objekt (bei uns "Dativ") im Verb codiert (ihm oder ihr). Diese "Objektkongruenz" ist bei vielen Sprachen in Neuguinea (und anderswo) üblich. Wir kennen lediglich "Subjektkongruenz" beim Verb.

In Berik gibt es (siehe oben) eine Vergangenheitsform. Die Präsensformen wären gulbana, gulbasa (ihm) und gobili, gobisi (ihr). Berik hat auch Futurformen.

Berik codiert beim direkten Objekt die Anzahl 1, 2 oder 3 der gegebenen Objekte am Verb (auch ungewöhnlich).

gulbanant = gab ihm tagsüber ein...
terbenent = gab ihm tagsüber zwei...
kitulbanant = gab ihm tagsüber drei...

Auch wird unterschieden, ob es sich um einen kleinen Gegenstand oder einen großen handelt. golbifint (großer Gegenstand, s.o.) und golbitent (kleiner Gegenstand).

Aber Berik ist in dieser Hinsicht ungewöhnlich.