Sind Dorfmenschen anders als Stadtmenschen vom Charakter oder ist das nur ein Gerücht?

Ich habe jahrelang auf Dörfern gearbeitet (ich habe als Mediaberater einer Tageszeitung gewerbliche Anzeigen verkauft, d.h. Anzeigen an Firmenkunden, die breit gestreut waren von Autohäusern über Gaststätten bis hin zu mobilen Pflegediensten und Zahnarztpraxen, die auch als juristische Person und Gewerbe liefen, und hier hatte ich kleine Gemeinden zu betreuen sowie Dörfer und vereinzelt auch Aussiedlerhöfe, wo Bauern lebten, die eine Art Hofladen usw. besaßen und in der Zeitung auf sich aufmerksam machen wollten). Es war eine Gegend, in der Leute beim Stammtisch vom "Dorfsheriff" Tipps erhielten, wie und wo man nachts in Ruhe besoffen heimfahren könne, ohne dass es jemand sieht und ahndet. Ich denke, das sagt schon viel aus.

Hierzu muss ich sagen: Grundsätzlich gibt es schon Unterschiede selbst im Vergleich kleiner Dörfer gegenüber mittelgroßer Gemeinden, die betreffen aber nicht den Charakter, sondern die Mentalität. Ich würde es mal so beschreiben: Man kommt mit den Leuten auf dem Dorf bestens klar, solange man in die Vereine geht, tratscht und schwatzt, gesellig ist, gern viel Fleisch isst, überwiegend Schlager hört, sonntags in die Kirche und dann zum Fußball geht und am besten noch im Handwerk arbeitet ... aber wer irgendwas anders macht, ist untendurch und kriegt das auch zu spüren, ist dann der Leo für alle und hat es entsprechend schwer. Das ist leider exakt so meine Erfahrung auch durch jahrelanges Arbeiten auf dem Dorf - ich kam auch deswegen nicht richtig mit den Leuten klar, weil ich keiner von ihnen war: Ich hätte denen um akzeptiert zu werden einen volkstümlichen Dialektschwätzer vorspielen müssen, der sich wie irgendein Bauernlümmel aufführt, auch mal halb-besoffen zur Arbeit kommt, am Wochenende reihum die Bauernmädchen flachlegt und mit älteren Männern von der Volksbank im Hinterzimmer vulgärste Witze über Frauen oder Sex reißt, es toll findet dass der Mazdahändler mit Feile und Hammer Hagelschäden fingiert/fragt ob man das beim eigenen Auto auch mal machen kann und Beifall klatscht, wenn der Malermeister bei der Drückjagd den Größten geschossen hat und sich schmieren und kaufen lässt (ich habe solche Sachen eindeutig angeboten bekommen und stets abgelehnt), aber das bin ich nicht und ich verkaufe meine Seele nicht!

Auf dem Dorf/Land lernt man erst richtig, wie geflucht und gepöbelt wird, wie Vetterleswirtschaft und Kungelei und schmutzigste Tricks sowie die systematische Demontage eines Menschen aus nichtigen Gründen, auch in Deutschland Bestechung und Korruption funktionieren, wie auf infamste Weise gelogen wird und wie man diverse Dinge zu seinen eigenen Gunsten oder den Gunsten des Clans verdreht, um einer anderen Person Schaden zuzufügen und sich gleichsam als naive, freundliche, doch nur alles gut meinende und christliche "Unschuld vom Lande" und "Dorfkind" zu inszenieren.

Zusammenhalt gibt es oft keinen, wenn dann ist er aufgesetzt - ich würde sagen, bei uns in der Vorstadt (da wohne ich aber auch nicht mehr) war er größer bzw. ehrlicher. Es hat bei uns durchaus mal gerumpelt, aber dann war es auch wieder gut.

Je ländlicher, süddeutscher und eventuell katholischer das Milieu ist, umso engstirniger und intoleranter sind die Leute auch. Jeder kennt jeden, aber der eine hat den anderen noch nie gesehen, wenn es drauf ankommt und man wirklich Hilfe braucht oder auf Worte Taten folgen sollten. Das ist vielleicht nicht allerorten so, aber meine Erfahrung.

Hallo poppedelfoppe!

Ich lebe in der Stadt, bin aber in einem großen Dorf aufgewachsen

Das jeweilige Leben ist völlig unterschiedlich und das formt auch die Menschen. Auf dem Dorf kennt man sich, die Hilfsbereitschaft ist groß - und das Leben ist entschleunigt.

Dafür haben wir in der Stadt viel Anonymität und Isolation. Die Zeit rast und die Menschen hasten mit

Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag

Hi poppedelfoppe.

Der Charakter hat natürlich überhaupt nichts damit zutun, ob jemand in der Stadt oder auf dem Land lebt.

Ein Charakter ist nämlich angeboren. Erziehung macht auch nur einen sehr geringen Teil des Charakters aus.

Das ist Quatsch. Die einzigen, die sich krass unterscheiden, sind die, die ihr Leben lang im Elternhaus leben

Ich denke Menschen vom Dorf sind anspruchsloser und gehen besser mit ihren Mitmenschen um, dass sind zumindest meine Erfahrungen zu diesem Thema.