Niedersachsen sprechen reinstes Hochdeutsch. Wieso sind Sachsen so gestraft mit ihrer Mundart?

7 Antworten

In Niedersachsen gibt es traditionelle Dialekte. Diese wurden allerdings an vielen Stellen vom Standarddeutschen überlagert oder verdrängt. Im Raum Hannover war diese Verdrängung besonders erfolgreich. Standarddeutsch setzte sich nur allmählich durch, an den Rändern Deutschlands weniger als in zentraleren Regionen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Standarddeutsch#Normung

Normungen setzten ein, nicht nur Luthers Bibelübersetzung war wichtig, sondern auch Leute wie Schottelius (übrigens in Süd-Niedersachsen geboren) und Theodor Siebs (geboren in Bremen), welcher ein Buch über die deutsche Aussprache schrieb.

Zunächst begann man, in der Oberschicht Standarddeutsch zu sprechen (und "Hochdeutsch" hat somit eine zusätzliche Bedeutung bekommen als "gehobene" Sprache). Erst später schlossen sich auch andere Schichten an. Erwähnenswert ist auch der Begriff "Kanzleisprache", welcher verdeutlicht, dass dies damals primär eine Sprachform der Ämter (Kanzleien) war.

Ich erwähne gerne die alten Inschriften in der Altstadt von Hameln/Weser (gar nicht so weit weg von Hannover).

"Wer sine Tunge nicht tömen kann,
Un Oebel red’t von Allemann,
Deselbe weete tau aller Frist
Dat öhne min Hus versparret is." (1554)

Damals sprach man dort noch Niederdeutsch (ohne die hochdeutsche Lautverschiebung, t statt des späteren z, tömen > zähmen, Tunge > Zunge). Heute gehört auch Hameln wie Hannover zum zentralen Standarddeutsch-Gebiet. Aber bis heute haben sich "hannoverdeutsche" Begriffe gehalten, etwa "ramenten" und der "Ramenteköster".

Die Randlage Sachsens und vor allem des Erzgebirges begünstigte den Erhalt der lokalen Dialekte. Aber auch am Westrand (z.B. Saarland) und am Südrand (z.B. Bayern) Deutschlands sind Dialekte noch recht aktiv.

In den Städten (wie Hamburg) hört man nur noch selten Plattdeutsch.

Aber es gibt immer noch abgelegene Regionen im Norden, die sprachliche Besonderheiten haben. Im Seelterlound (Saterland) wird noch die lokale saterfriesische Sprache gepflegt, heute eine Rarität.

https://de.wikipedia.org/wiki/Saterfriesische_Sprache#/media/Datei:Sk%C3%A4ddel_Seelterlound.jpg

OlliBjoern  10.09.2020, 20:16

Vergleich alter Weserdialekt/Schwedisch/Deutsch

tunge/tunga/Zunge
tömen/tämja/zähmen
weeten/veta/wissen
tau/-/zu ("tau" entspricht dem englischen "to")
dat/det/das
min/min/mein
Hus/hus/Haus

t- wird (im Anlaut) im Hochdeutschen regelmäßig zu z- in diesen Fällen
-t wird (im Auslaut) im Hochdeutschen regelmäßig zu -s (-ss)

Hochdeutsch verwendet Diphthonge (ei, au), an beiden Stellen nutzen Schwedisch/Weserdialekt einen Monophthong.

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An sich sind Dialekte etwas sehr Schönes - wenn sie schön klingen - , da liegt in Sachsen Freud und Leid sehr eng beieinander befürchte ich.

Natürlich ist der Raum Hannover als dialektfrei verschrieen, aber dass sie reinstes Hochdeutsch sprechen würden halte ich für ein Gerücht. Erstens weil sie einen ziemlich norddeutschen Einschlag haben, den man beispielsweise in Bayern sofort in die Region Westfalen/Niedersachsen zuordnen kann und zweitens weil in der Gegend ja eigentlich Platt gesprochen wird, nur dass das eben keiner mehr macht.

das ist halt auch Geschmackssache. Goethe, der ja in Weimar lebte, war immer traurig, dass er den (damals) schicken sächsischen Akzent nicht hinbekam, sondern nur hessisch babbeln konnte.

Wenn mein Vater sächsisch hörte kamen Worte aus seinem Mund die nicht zitierfähig sind.

Altes Kriegsleiden: Im WK II stand seine aus Rheinländern bestehende Einheit neben einer aus Sachsen und die haßten einander mehr als den gemeinsamen Feind.

Ich finde, die Sachsen sind gesegnet mit ihrer Mundart.

Von den Schwaben würde ich das nicht behaupten, aber das ist natürlich Geschmackssache.