Löslichkeitsprodukt und übersättigte Lösung/ Verständnis von mol/l?

4 Antworten

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Ich denke, dass man das Lösungsgleichgewicht ähnlich wie das Massenwirkungsgesetz betrachten muss. Das Massenwirkungsgesetz liefert

K = [Ag+].[Cl-]/[AgCl]

Sofern ein Bodenkörper von ungelöstem AgCl vorhanden ist, liegt eine gesättigte Lösung vor. Da K eine Konstante ist, ergibt sich aus dem Zusammenhang, dass jeglicher Zusatz von Cl⁻- oder Ag⁺-Ionen (gleichioniger Zusatz) den Anteil an festem AgCl erhöhen muss.

Als Plausibilitätserklärung kann man anführen, dass durch die Erhöhung der Konzentration egal welchen Ions, die Wahrscheinlichkeit einer Interaktion zwischen den Ionen erhöht wird. Wenn z.B. Cl⁻-Ionen zugefügt werden, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ag⁺-Ionen auf diese treffen höher.

yakari1982 
Fragesteller
 21.11.2023, 16:27

Danke. Falls ich das richtig verstanden habe, dann lag mein Denkfehler darin, dass das AgCl nur als Festkörper vorhanden ist und gelöst nur als Cl und/oder Ag da ist. In dem Fall ist die elektrische Neutralität der Lösung dann wohl nebensächlich.

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Picus48  21.11.2023, 16:42
@yakari1982

In gelöster Form sind es natürlich die Ionen Ag⁺ und Cl⁻. Elektrische Neutralität wird durch einen gleichionigen Zusatz nicht verletzt. Man kann ja nicht einen Löffel isolierter Cl⁻-Ionen zufügen, die Kationen kommen mit in die Suppe,

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TomRichter  22.11.2023, 00:20

> Sofern ein Bodenkörper von ungelöstem AgCl vorhanden ist

... ist dessen Menge für das Gleichgewicht irrelevant und die Konzentration des Bodenkörpers ist per Definition 1 (ohne Einheit).

Ohne diese Definition fällt es schwer, aus dem MWG auf das Löslichkeitsprodukt zu kommen.

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Picus48  22.11.2023, 02:16
@TomRichter

Das ist zutreffend. Ich hatte daher auch "ähnlich" in meiner Antwort formuliert. Denn letztlich liegt auch hier ein dynamisches Gleichgewicht vor. Ionen treten aus der festen Phase in die flüssige über und umgekehrt. Nur gibt es halt für die Konzentration eines Festkörpers keinen sinnvollen Wert außer 1.

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TomRichter  22.11.2023, 22:49
@Picus48
Ich hatte daher auch "ähnlich" in meiner Antwort formuliert

Ich hatte keinen Zweifel daran, dass Dir der Zusammenhang bewusst ist. Ich habe ihn für die Schüler, die hier etwas lernen wollen, versucht klarer zu formulieren.

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die Ag-Kationen und die Cl-Anionen in gleicher Anzahl vorhanden sein müssen, damit die Lösung elektrisch neutral ist, sind in der Lösung also jeweils 10^(-5) mol/l sowohl von Ag, wie auch von Cl .

Korrekt. Wobei das "in gleicher Anzahl" für Ag⁺ und Cl⁻ nur dann gilt, wenn die Ionen ausschließlich aus der Auflösung von AgCl stammen. Gilt nicht mehr, wenn weitere Salze zugegeben werden.

Wenn man dieser Lösung nun Cl-Anionen zusetzt bis zu einer Konzentration [Cl] =10^-2 mol/l, dann fällt solange AgCl aus bis [Ag]=10^(-8) beträgt.

Korrekt. Bis auf diese Korrekturen: ... bis [Ag]=10^(-8) mol/l

Solange Ag⁺ und Cl⁻ und AgCl vorhanden sind, ist das Produkt aus [Ag⁺] und [Cl⁻] konstant.

Da [Ag] am Anfang ja 10^(-5) mol/l betrug, warum, passiert nicht eine Reaktion, wo soviel AgCl ausfällt

Wenn AgCl ausfällt (das tut es bei dem Versuch ja wirklich), nimmt [Ag] ab (das ist der relevante Teil) und auch [Cl⁻] (aber es kann ja nur soviel ausfallen wie Agvorhanden ist, und das ist viel viel weniger als die zugegebenen 10⁻² mol/l)

und Ag wieder gelöst wird
bis die Lösung wieder 10^(-5) mol/l sowohl für [Ag] wie auch für [Cl] beträgt?

Wenn AgCl gelöst wird, dann gehen gleiche Mengen Ag⁺ und Cl⁻ in Lösung. Es kann daher aus den 10⁻⁵ mol/l gelöstes AgCl nicht mehr als 10⁻⁵ mol/l Ag⁺ wieder ausfallen, an den 10⁻² mol/l Cl⁻ ändert das nur unmessbar wenig.

Und da das Löslichkeitsprodukt von AgCl=10^(-10) mol^2/l^2 beträgt, wie kann die Löslichkeit von Ag oder Cl einzeln dann höher sein, also 10^(-5) resp. 10^(-8) etc?

Nicht die Löslichkeit ist höher, sondern die Konzentration. Es gibt keine Löslichkeit von Ag⁺ oder Cl⁻. Die Konzentration des einen Ions kann höher sein:

  • verursacht durch Zugabe dieses Ions; z.B. NaCl zugeben, erhöht [Cl⁻]
  • bewirkt eine Ausfällung von AgCl und damit Erniedrigung von [Ag⁺] (und auch von [Cl⁻], was sich aber kaum auswirkt) so lange, bis das Produkt der Konzentrationen wieder gleich dem Löslichkeitsprodukt ist.
Ich versteh, dass sqrt10^(-10) = 10^(-5) ist, aber sagt diese Zahl nicht auch etwas aus über die Quantität des Stoffes, welcher in der Lösung gelöst ist?

Ja - so lange sich in der Lösung nur Wasser, festes AgCl und gelöstes AgCl befinden.

Nein, wenn noch was anderes da ist. In Kochsalzlösung ist weniger als 10⁻⁵ mol/l löslich. In Ammoniaklösung mehr, weil der Ammoniak die Ag⁺ wegfängt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
Von Experten Picus48 und indiachinacook bestätigt

Wenn du am Anfang jeweils 10⁻⁵ mol/l an Ag⁺ und Cl⁻ hast, und erhöhst die Cl⁻-Konzentration auf 10⁻², dann fällt ja nur 10⁻⁵ - 10⁻⁸ mol/l AgCl aus.

Du hast also noch 10⁻² - (10⁻⁵ - 10⁻⁸), also praktisch 10⁻² mol/l an Chloridionen. Die halten die Silberionen quasi in Schach, verhindern ein Auflösung, weil die Ag⁺-Konz. nur 10⁻⁸ mol/l sein kann, wenn die Cl⁻-Konz. 10⁻² mol/l ist.

Das ist ja die Kernaussage der Löslichkeitsprodukte. Wenn die das intuitiv nicht einleuchtet, muss du es halt so hinnehmen. Lässt sich wahrscheinlich sogar theoretisch begründen, aber da bin ich raus.

Wenn die Chloridkonzentration im ersten Beispiel 10^-2 mol/l beträgt, kann die ja nicht durch Auflösen von Silberchlorid auf 10^-5 mol/l sinken. Wenn Silberchlorid in Lösung geht, steigen die Konzentrationen beider Ionen. Außerdem enthalten gesättigte Lösungen von Silberchlorid kein gelöstes undissoziiertes AgCl. Das ist ein häufiger Denkfehler. Aber vielleicht verstehe ich die Frage auch falsch.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung