Lernt man im Informatik Studium überhaupt programmieren?

7 Antworten

Das kommt drauf an, welchen Studiengang der Informatik du wählst und an welcher Hochschulform.

Ich studiere Informatik mit der Ausrichtung praktische Informatik. Das ist zum einen ziemlich allgemein, zum anderen geht es hier am Ende klar drum, dass du Softwareentwicklung, aber eben auch viele andere Dinge kannst. Ich studiere an einer Fachhochschule, weil dies deutlich praxisorientierter und weniger theorielastig ist. Das heißt am Ende auch ganz klar: Mehr programmieren, weniger Mathematik. Deswegen hab ich mich ganz bewusst für die FH und gegen die Universität entschieden, auch wenn ich jetzt keine große Angst vor der Mathematik hatte. Aber das brauche ich nicht. Ich lerne definitiv Programmieren und natürlich in mehreren Programmiersprachen. Am Ende meines Studiums soll ich klar dazu in der Lage sein, Softwareentwickler zu sein. Und das bin ich bereits während meines Studiums als Werkstudent.

Arbeitskollegen von mir machen den gleichen Studiengang (heißt bei ihnen dann angewandte Informatik) an einer Universität. Wir haben viele viele Module, die genau gleich benannt sind. Z.B. ist das Modul "Theoretische Informatik" bei mir ein Modul im 1. Semester gewesen. Es war viel zu lernen, von der Komplexität ging es, mittelmäßig vielleicht. Bei ihnen ist das ein Modul im 5. Semester und das schwierigste im ganzen Studiengang. Über 60% Durchfallquote. Es ist größtenteils komplexe Mathematik. Bei mir hatte das Modul nur wenig mit Mathematik zu tun.

Solche Vergleiche haben wir schon oft gemacht und er musste auch einsehen, dass es für ihn nicht unbedingt die schlauste Entscheidung war, an die Uni zu gehen. Wir machen schließlich beide aktuell Softwareentwicklung. Aber wer weiß, wo die Wege noch hinführen ;)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Idbd82beie 
Fragesteller
 15.12.2020, 20:31

Hat ein Studium an einer FH Nachteile, wie beispielsweise niedrigeres Gehalt oder ähnliches?

0
TechnikSpezi  15.12.2020, 20:38
@Idbd82beie

Ja, ein Hochschulabschluss ist grundsätzlich (nicht bezogen auf die Informatik) an einer Universität höher angesehen als an einer Fachhochschule.

Hierzu muss man klar sagen, dass das in der Informatik nicht so zu sehen ist wie für die meisten anderen Bereiche. Wie an meinem Beispiel gut zu sehen habe ich mich da ja ganz bewusst für entschieden, weil ich mehr Praxis haben möchte und diese auch eindeutig mehr im Studium bekomme. Ich habe die FH nicht gewählt, weil ich der Meinung war, dass ich die Uni nicht schaffen würde.

Wie genau der Arbeitgeber das nun sieht, hängt zum einen vom genauen IT-Bereich ab, zum anderen natürlich davon, wie er das generell sieht. Manche Arbeitgeber finden das Abitur an einem Gymnasium sicherlich auch wertvoller als an einer Gesamtschule, viele wiederum werden das nicht so sehen. Hängt immer von den eigenen Erfahrungen auch ab.

Klar ist aber vor allem: In der Informatik sind schon 2019 über 100.000 offene Stellen gewesen. Ein Kollege hat letzte Woche gekündigt und sich vorher nicht mal eine neue Stelle gesucht. Er weiß einfach, dass er sowieso schnell einen neuen Job bekommt. Auch in der Coronazeit kein Problem. Da musst du dir um den Punkt Uni/FH am Ende wegen deinem Gehalt eigentlich keine Gedanken machen. Es zählt vor allem die Note und deine Erfahrung. Wenn du ein paar Jahre z.B. als Softwareentwickler gemacht hast, fragt zumindest in der IT keiner mehr nach deiner Hochschulform (ja, man kann sie auf dem Abschluss sehen, klar. Ich will damit einfach sagen, dass das dann id.R. keinen Gehaltsunterschied mehr machen wird).

0
Abdurrahman65  01.02.2022, 10:13

Hey ich wollte fragen was du mittlerweile machst (also Job, Master etc.) und ob du rückblickend auch wieder an einer FH gegangen wärst.

1
TechnikSpezi  01.02.2022, 11:22
@Abdurrahman65

Hey :)

Mein Bachelor ist in den letzten Zügen, nächstes Semester werde ich voraussichtlich fertig sein (und hätte es auch dieses Semester schon problemlos schaffen können, aber ich hab mich für den ruhigen Weg entschieden :D ).

Nach wie vor arbeite ich als Softwareentwickler. Das wird auch erstmal mein zukünftiger Weg sein.

Die Entscheidung an die FH zu gehen war für mich auch jetzt am Ende betrachtet definitiv richtig. Die Beispiele die ich genannt hatte sind nach wie vor gültig. Die Entscheidung fiel mir auch damals schon leicht, wo ich nicht mal genau wusste, was ich danach als Beruf machen werde. Spätestens jetzt, wo ich weiß, dass ich erstmal Softwareentwickler bin und bleiben möchte, ist klar, dass die Praxis hier für mich definitiv wichtiger ist.

Jemand, der vielleicht eine Navigationsapp entwickelt und mit komplexen Algorithmen arbeitet, für den sieht das vielleicht anders aus. Aber solche Systeme entwickeln wir nicht und das ist auch nicht der Normalfall.

Vermutlich werde ich jedoch keinen Master absolvieren. Gründe:

  1. Er ist wie schon in einem Kommentar erwähnt in der Informatik einfach keineswegs notwendig - vor allem nicht als Softwareentwickler. Letztens gab es noch einen Artikel von Golem mit dem Titel: IT-Studium und Jobaussichten: Hauptsache "was mit Informatik". Schon der Titel allein beschreibt ganz gut die aktuelle Situation. Mein Chef hat mir von sich aus mehr Geld angeboten, obwohl ich schon letztes Jahr meinen Stundenlohn um 50% steigern konnte. In diesem Jahr wurde ich zudem von einem Konkurrenten angeworben, aber die Programmiersprachen und Tools waren nicht so ganz mein Fall, weswegen hier nicht viel mehr passierte. Mir hat das noch einmal deutlich gezeigt, wie gefragt man schon ist, bevor man überhaupt einen Bachelor hat. Entsprechend sehe ich es als keineswegs notwendig an, einen Master zu machen, wie das in anderen Bereichen ist.
  2. Ich habe keinen optimalen Masterstudiengang für mich gefunden. Ich hätte gerne etwas gemacht wie "Software Engineering", also einen Master, der sich hauptsächlich um die Softwareentwicklung dreht, um meine Fähigkeiten eben speziell darauf auszurichten. Das ist natürlich auch ein Aushängeschild bei Bewerbungen. Doch leider habe ich in meiner Nähe nichts passendes gefunden - besonders an Fachhochschulen überhaupt nicht. Wie beschrieben mag ich aber sowieso nicht gern an eine Universität gehen - aber selbst dort gibt es nur ähnliches, wo wieder viel Mathematik etc drin ist. An meiner FH gibt es ebenfalls die allgemeine Informatik als Master. D.h. aber auch, dass ich mich keineswegs auf die Softwareentwicklung spezialisieren kann. Genau das ist für mich aber der Sinn eines Masters. Ich habe im Bachelor die Basics über Datenbanken, IT-Sicherheit, Netzwerke usw. gelernt und eben Programmieren. Ich brauche keinen Master, der mir genau das alles weiter vertieft. Ich will einen Master speziell für Softwareentwicklung. Aber wie gesagt: Ich finde nichts passendes. Auf Module wie "Compilerbau" und Mathematik-Kurse habe ich auch einfach keine Lust mehr. Bin froh, dass ich den Kram hinter mir habe.
  3. Häufiger Fehler beim Vergleich von Bachelor und Master ist, sie und die Einstiegsgehälter direkt miteinander zu vergleichen. Der Vergleich ist nur wie folgt fair und real: Master vs. Bachelor + Arbeitserfahrung für die Zeit, die der Master kosten würde, also meist 2,5 Jahre. Innerhalb dieser Zeit steigert man i.d.R. natürlich auch sein Gehalt. Gerade als Softwareentwickler macht man in den ersten 2-3 Jahren schon einen guten Sprung. Außerdem bekommt man durch die Erfahrung eben auch neue Tore geöffnet - nicht nur mit einem Master.
  4. Damit einher geht der Punkt, dass ich gemerkt habe, wie unfassbar viel man durch die Arbeit jede Woche lernt. Das wird mir ein Master keineswegs in der Größe bieten können. Und das weiß auch nicht nur ich, das wissen auch die Arbeitgeber. Auch mein Chef sagte, dass er zwar ggf. am Ende für einen Master mehr bezahlen muss, wirklich mehr Wert ist das für ihn aber i.d.R. nicht. Der Arbeitsmarkt gibt es aber halt nicht anders her, dass er sie ggf. höher bezahlen muss, wobei das immer eine sehr individuelle Sache ist.
  5. Der Mangel an Informatikern führt auch in meiner Firma dazu, dass Personen zu Projektleitern werden, die dafür eig. gar keine Qualifikation haben. Bei mir war es z.B. ein Datenbankexperte, der auf einmal Projektleiter für unser gesamtes System wurde, obwohl er davon eig. keine Ahnung hat - teils weniger als ich nach 2 Jahren. Das zeigt eben, dass man keinen Master benötigt, nur um Projektleiter oder sowas zu werden.
  6. Ich habe nicht vor im öffentlichen Dienst zu arbeiten, wo ein Master hingegen ganz klar mehr Gehalt bedeutet. Es gibt auch nicht gerade viele Stellen beim ÖD im Vergleich zur freien Wirtschaft.

Fazit: Als Softwareentwickler brauche ich absolut keinen Master. Der Arbeitsmarkt in der Informatik ist ein feuchter Traum für Arbeitnehmer in dem Bereich.

0
TechnikSpezi  01.02.2022, 11:38
@Abdurrahman65

Noch ein Nachtrag: Gerade habe ich über mein XING-Profil eine Einladung zu einem Meeting erhalten, wo Firmen wie falschenpost, TEDi und auch regionale Firmen mit Transparenz und guten Aussichten Mitarbeiter anwerben möchten - auch ich bin eben eingeladen. Kurzer Auszug aus der Einladung:

"Bei unserem Event pitchen die Lead Developer & IT-Verantwortlichen der 11 teilnehmenden Unternehmen und bewerben sich bei Dir! Es ist somit KEINE typische HR und Recruiting-Veranstaltung!"

As I said: Es ist ein feuchter Traum für Arbeitnehmer! :D

Ich bin schon während meines Studiums gefragt und da ich bald fertig bin, ist so ein Event natürlich auch für mich gar nicht so uninteressant.

0
Abdurrahman65  01.02.2022, 12:35
@TechnikSpezi

Ohh Wow vielen Dank für deine sehr ausführliche Antwort :)

Ich überlege zur Zeit selbst einen Fachrichtungswechsel von BWL zu Informatik insbesondere, weil der Trend ganz klar in Richtung IT geht und wie du aus deinen Erfahrungen gezeigt hast die Unternehmen für Informatiker quasi den Roten Teppich rausrollen, aber auch weil mir programmieren in der Schule spaß gemacht hat und ich mich für Logik begeistern kann.

Und deshalb überlege ich mich an der HTW Berlin für angewandte Informatik einzuschreiben, weiß aber nicht so genau ob das ein solider Informatik Studiengang ist (also von den angebotenen Schwerpunkten und Modulen).

Wäre es vielleicht möglich, dass du einen Blick drauf wirfst und dazu was sagen könntest?

Angewandte Informatik (htw-berlin.de)

Weiß halt nicht ob ich mir mit dem Studiengang nicht etwas verbaue, da ich mich nicht damit auskenne.

Würdest du grundsätzlich auch empfehlen Informatik (FH) zu studieren, wenn man sich für IT Themen und Programmierung begeistern kann, aber nicht unbedingt dafür brennt oder schon seit der Kindheit programmiert hat? Mir scheint die Softwareentwicklung als interessanter Bereich, aber würde für den Fall der Falle mir versuchen vieles offen zu halten.

Wäre dir echt dankbar für einen Rat :D

1
TechnikSpezi  01.02.2022, 12:53
@Abdurrahman65

Der Studiengang an sich sieht gut aus. Wenn ich das richtig verstehe, musst du bei der Einschreibung dann aber einen der Schwerpunkte wählen. Das war bei mir auch so. Der Studiengang heißt "Informatik", die wählbaren Spezialisierungen waren "Technische Informatik" und "Praktische Informatik", wobei die technische eher Richtung Elektrotechnik geht. In deinem Fall kannst du ja sogar "Software Engineering" wählen. Genau sowas suchte ich für meinen Master, aber leider wie gesagt nichts passendes in meiner Nähe gefunden. Die Module an sich finde ich auch ansprechend, erstmal egal, welche Richtung, aber das müsstest du natürlich für dich entscheiden.

Würdest du grundsätzlich auch empfehlen Informatik (FH) zu studieren, wenn man sich für IT Themen und Programmierung begeistern kann, aber nicht unbedingt dafür brennt oder schon seit der Kindheit programmiert hat? Mir scheint die Softwareentwicklung als interessanter Bereich, aber würde für den Fall der Falle mir versuchen vieles offen zu halten.

Hast du mal überlegt Wirtschaftsinformatik zu studieren? Du bist bereits im BWL Studium und hast Lust auf Informatik, besonders wegen den Aussichten. Das wäre die perfekte Mischung. Wirtschaftsinformatik ist auch sehr beliebt. Außerdem kannst du dir Kurse anrechnen lassen und müsstest nicht ganz bei 0 anfangen.

Der Projektleiter, der letztens seine "Beförderung" bekommen hat, hat auch Wirtschaftsinformatik im Bachelor studiert. Damit hast du auch viele Möglichkeiten. Das passt dann vielleicht besser zu dir, als die reine Informatik. Idealerweise hast du dann nämlich genau solch einen Job wie der Projektleiter bei uns: Mit Kunden Verträge schließen, deren Anforderungen sortieren, Pflichtenhefte schreiben und kontrollieren und eben auch die Möglichkeit, die Dinge selbst zu programmieren und Aufwände abzuschätzen, weil du gleichzeitig ja auch ITler bist.

Ansonsten musst du dennoch keine großen Bedenken haben. Du kannst auch ohne großes Vorwissen einsteigen und musst kein Nerd der ersten Stunde sein. Auch ich bin keiner, der mit 12 irgendwelche Cheats in C programmiert hat. Ich hab sicherlich mehr mit PCs gemacht als andere, indem ich irgendwie mit Videoschnitt etc früh angefangen habe und Informatik in der Schule hatte und solche Dinge, aber viel mehr auch nicht.

0
Abdurrahman65  01.02.2022, 13:36
@TechnikSpezi

Einen Schwerpunkt muss man nicht vorab wählen, man kann im Laufe des Studiums Module aus den Schwerpunkten wählen.

Ich habe zwar überlegt zu Wirtschaftsinformatik an der HWR zu wechseln (da ich zurzeit BWL an der HWR studiere) aber es fehlt in dem Studiengang massiv an Informatikmodulen und die Vertiefungsmöglichkeiten gehen auch eher so in Richtung "Soziologische und rechtliche Aspekte der IT" oder "Management von Anwendungssystemen" also nicht unbedingt Informatik-nah nach meinem empfinden und viele Grundlagen wären vernachlässigt.

Detail | HWR Berlin (hwr-berlin.de) (Studienprofil HWR Wirtschaftsinformatik)

Lerngebiet (hwr-berlin.de) (Musterstudienplan von Winfo an der HWR)

An BWL hab ich auch das Interesse verloren, deshalb ein kompletter Fachrichtungswechsel.

Vielen Dank für deine Tipps und deine Einschätzung sehr nett von dir!

1
TechnikSpezi  01.02.2022, 14:50
@Abdurrahman65

Dann schau dir den Informatikstudiengang mal genauer an. Könnte wirklich was für dich sein. Viel Erfolg und bitteschön! :)

0

Also ich studiere Informatik an der Uni und programmieren musste man sich selber beibringen. Es gab 1 Modul wo explizit Programmiergrundlagen gelehrt wurden (also ca. 5% des Studiums) und dann wurde vorausgesetzt das man programmieren kann.

TechnikSpezi  15.12.2020, 20:30

Welchen Studiengang hast du genau bzw. welche Ausrichtung/Vertiefung?

0
Gurkenhaft  15.12.2020, 23:19
@TechnikSpezi

Informatik. Gibt keine Ausrichtung im Bachelor, da man da erst die Grundlagen lernt. Falls du das Nebenfach meinst (was bei uns 20 CP sind): Wirtschaftswissenschaften (3 Module)

0
TechnikSpezi  15.12.2020, 23:20
@Gurkenhaft

Okay. Ich kenne das immer nur mit Vertiefungen. Dann ist es bei dir aber offenbar die Allgemeine Informatik.

0

Kommt vielleicht auch auf die Uni/Hochschule an.

Ich musste im Studium in einigen Fächern Programmieren und es wurden auch mehrere Programmiersprachen gelernt. C, C++, Java, Python und JavaScript. Des weiteren auch noch ein paar weitere Computersprachen wie HTML, CSS und SQL.

Nein, würde ich sagen. Genauso wenig, wie man im Musikstudium ein Instrument oder zu singen lernt. Man bringt diese Fähigkeiten zum jeweiligen Studium mit.

Gruß Matti

Im ersten Semester lernt man bei uns Java, im 2. oder dritten assembler und c. Aber es ist tatsächlich mehr Mathe als programmieren.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Informatikstudium