Kann man Erlebnisse und Geschehnisse aus der Kleinkindzeit irgendwie in Erinnerung bringen?

10 Antworten

Das Gehirn merkt sich (speichert) eher ausnahmsweise konkrete Erinnerungen - diese dann auf der je erreichten kognitiven Ebene. Da können womöglich vorgeburtliche Erinnerungen noch bestehen - aber 'bewusst' (also so, wie 'wir' heute unterwegs sind) nicht mehr fassbar; schon, weil das durch Erfahrung gewonnene Wissen fehlte, in das vorgeburtliche Erfahrungen eingeordnet werden könnten. Dass es solch Erinnerungen gibt, lässt sich nachweisen. Wenn z.B. Mama viel und oft im Chor oder solo auf der Bühne sang - reagiert Baby und Kleinkind auf eben diese Musik, z.B. Bach (etwa im Radio). Die Gehirnforschung (Gerald Hüther) geht davon aus, dass jeder Mensch (so lange es eine Mutter gibt) mit zwei tief verankerten Grunderfahrungen auf die Welt kommt: verbunden zu sein und zu wachsen. - Was nun 'wachsen' anbelangt: irgend wann wurde es ja ziemlich eng - dann durch den Geburtskanal gepresst (eben geborenes Baby kann ja gar nicht wissen .. fühlt aber 'eng' und 'Druck' ... dann gleißedes Licht, aber unscharf (scharf sehen kommt später - die Lichteindrücke zuordnen noch später .. dazu Geräusche, Kälte, .. Was Baby kennt, ist Mamas Herzschlag ..): muss ein ziemlicher Schock sein (vielleicht auch eine Grunderfahrung, weil, geht danach ja weiter). Im übertragenen Sinn 'stirbt' der Fötus - und wird zugleich als 'Mensch' neu geboren: offenbar auch eine Grunderfahrung, denn Religionen wie Heilslehren greifen diese Grunderfahrung auf - aber weniger als physischen Tod (= Ende), sondern wie auf der sprichwörtlichen Ebene des 'ist für mich gestorben': was Trennung meint. Möflich, das Traumsymbolik auf solch nicht_intellektuell gemachte Lebenserfahrungen zugreift.

Manche konkrete Erfahrungen sind vielleicht im meditativen Zustand zugänglich. (Ich erzählte einer Kollegin, dass ich mal Zen-Meditation nach einem Buch geübt hatte und in diesem Zustand Träume erinnerte, die dem Alltagsbewusstsein unzugänglich waren - physikalisch könnte das mit Gehirnwellenmustern und dazu passenden Assoziationen zu tun haben (wie ja auch Besoffene sich manchmal gut an Dinge erinnern, die geschahen, als sie vorher besoffen waren: gibt es!) - Daraufhin erzählte selbige Kollegin mir, dass sie im meditativen Zustand es geschafft habe, an ein frühkindliches Erlebnis heran zu kommen (und es dann auflösen konnte).

Aus dieser Zeit erinnerte konkrete Situationen müssen (emotional) sehr star besetzt sein - belastend oder glücklich. Einzelerlebnisse können eine Erfahreun ein für alle Mal festhalten.

'Normal'erweise aber arbeitet das Gehirn anders: es stellt aus der Summe gemachter Erfahrungen allgemeine Regeln auf - weshalb Kleinkinder mit der Sprache zugleich die Grammatik lernen (vorausgesetzt, die Eltern sprechen korrekt). - Auch lernt ein Baby laufen "von Fall zu Fall" - also wo es hinplumpst, klappte da etwas nicht .. Und wenn es dann laufen kann, hat es intuitativ die Gravitationskonstante gelernt und noch eine Menge anderer Dinge - welche, das können vieleicht Entwickler sagen, die Robotern das Laufen beibringen, und zwar beim Ungleichgewicht (Affen setzen ihre Füße unter ihren Schwerpunkt - Menschen daneben).

eisn89  13.05.2013, 18:17

Eine schöne Antwort aber sei vorsichtig mit Gerald Hüther.

Der entwickelt sich immer mehr von einer Koryphäe der Hirnforschung zu einem Populärwissenschaftler, der ein Buch nach dem anderen veröffentlicht und die akribische, wissenschaftliche Arbeit vernachlässigt.

Was natürlich nicht bedeuten soll, dass alles, was er von sich gibt falsch ist. Ganz und gar nicht. Man sollte es nur mit etwas Skepsis betrachten.

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Nein, das ist hirnphysiologisch nicht möglich, da es bestimmte Fähigkeiten voraussetzt, die das Gehirn erst relativ spät leisten kann. Davor geht man von impliziten Inhalten aus (also solche, die nicht als bildhafte oder sprachliche Erinnerungen vorliegen, sondern "nur" als gespeichertes Beziehungswissen vorliegt, das nicht symbolisierbar oder versprachlicht werden kann).

Erinnerungen, die zB als Bilder aus der Säuglingszeit/Kleinkindzeit auftauchen, insbes. in Hypnose, sind nach heutigem Wissensstand der Neurowissenschaften sog. False Memories.

Also einen vollständigen, tief vergrabenen Kindheitsfilm in uns, das gibt es ganz sicher nicht. Es ist normal, dass Menschen Dinge vergessen, und zwar komplett, nirgends mehr Speicherabbilddateien :). Bis zum 3. Lebensjahr können wir uns nicht erinnern, weil wir keine Sprache, kein Ich-Gefühl und nicht genug entwickelte Nervenzellen haben.

Danach geht es sehr selektiv vorwärts, wir erinnern uns an emotional prägende Momente, an Gerüche, Farben, Musik usw. Dadurch können schon Erinnerungen wach gerufen werden, doch es gibt auch das false-memory-syndrom... das heißt, wir glauben uns selbst an Dinge zu erinnern, die eigentlich andere uns erzählt haben, und falsche von echten Erinnerungen zu unterscheiden, ist sehr schwer bis unmöglich, da das Gehirn nunmal kein Wahr-Falsch-PC-Speicher ist, sondern vor allem sehr kreativ, selbstillusionierend und wandelbar.

Hypnose kann durchaus falsche Erinnerungen hervorrufen, und luzides Träumen ist ebenso unzuverlässig. Es kann ebenso funktionieren wie auch nicht, aber man kann eigentlich schwer beweisen, ob diese Erinnerungen echte Erinnerungen sind oder nicht.

JonasKamm83  27.09.2020, 20:41

Doch kann man, indem man einen verlorenen Gegenstand dadurch wider findet.

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Hmm Kindergarten zeit geht alles davor nicht.

Also ich kann mich an die Zeit noch gut erinnern. Zwar bestimmt nicht an alles aber so prägende erlebnise sind da sowohl gute als auch schlechte erinnerungen

Ja, natürlich haben wir diese Erinnerungen: wenn wir uns nicht erinnern würden, wie der Schliessmuskel funktioniert würden wir ja wieder in die Windeln machen und wenn wir uns nicht erinnern würden, wie man geht, müssten wir wieder kriechen, wenn wir uns an die Lautbildung, die wir als Kleinkinder gelernt haben, nich terinnern könnten, könnten wir nicht sprechen, und wenn wir uns an die Wörter nicht erinnern könnten, könnten wir auch nicht reden.

Aber vor einem gewissen alter (so ca. 2-3 Jahre) hat man normalerweise kein "Anekdotisches Gedächtnis", d.h. man kann sich normalerweise nicht an "Begebenheiten" erinnern. Manchmal kann man sich an Gefühle oder Eindrücke aus der Kleinkinderzeit erinnern, besonders wenn sie sehr, sehr markant waren, aber oft ist es schwer, diese zuzuordnen.

aber wenn man in dieser Zeit etwas lernt, z.B durch negative Erfahrungen (z.B. nach dem Wort "Nein" kommen Schläge), dann kann es sein, dass man da eine reaktion einübt, die auch später noch bleibt, ohne dass man selber weiss warum man diese Reaktion hat.

Ob die ERinnerungen an 18 Stunden schlaf pro TAg, volle Windeln, trinken an der Mutterbrust so wahnsinnig interessant sind? Ich würde mich eher auf die Familie verlassen, die Anekdoten erzählt...