Jemand, der krank ist, aber kein Krankenwagen will?

RedPanther  02.05.2021, 09:33

"keinen Krankenwagen geruft werden möchte" -> Bitte was?

Tomlee22 
Fragesteller
 02.05.2021, 10:52

Sorry sollte heißen, dass die auch nicht will, dass jemand anderes einen Krankenwagen für sie ruft.

16 Antworten

Hi,

Was haltet ihr davon, dass jemand, dem es sehr schlecht geht keinen Krankenwagen rufen oder geruft werden möchte?

Im Prinzip das gleiche wie von demjenigen, der mit dem eingerissenen Zehnagel auf einen Transport besteht - unvernünftig und ein Zeichen mangelnder Gesundheitskompetenz.

Dabei ist es egal ob "harmlose" Situationen über- oder lebensbedrohliche Situationen unterschätzt werden.

Der Wille des Patienten ist sein Himmelreich.

So, wie jeder einen Anspruch auf eine angemessene medizinische Versorgung hat, so besteht auch das "Recht auf die eigene Krankheit" mit allen daraus resultierenden Konsequenzen.

Für den medizinischen Laien als Ersthelfer ist es aus juristischer Sicht relativ bequem - Hilfe wurde angeboten, Hilfe wurde abgelehnt, eine Beurteilung der Einwilligungsfähigkeit ist weder möglich, noch wird sie erwartet. § 323c StGB (Unterlassene Hilfeleistung) greift hier demnach nicht.

Aus moralischer Sicht: wenn sich jemand in einer augenscheinlichen Notlage befindet und die Tragweite seiner Entscheidung nicht erfassen kann (z.B. aufgrund Angst, Überforderung oder schlichter Unkenntnis), dann sollte man definitiv professionelle Hilfe in Anspruch nehmen - das kann situativ der Rettungsdienst sein (Notruf 112), der Hausarzt oder der ärztliche Bereitschaftsdienst (Tel. 116117, ohne Vorwahl).

Wie RedPanther schon erwähnt hat: die meisten sind durchaus froh darüber, wenn die Hilfe erfolgt ist.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent

Ich will seit den letzten Malen eigentlich nie einen. Trotzdem wurde vor kurzem einer gerufen und musste mich von den Sanitätern beleidigen und auslachen lassen. (Bin bei denen bekannt. Die denken, dass ich simuliere, tu ich aber nicht.)

Jede volljährige und einwilligungsfähige Person, darf selber über ihre Gesundheit verfügen, es kommt gar nicht mal so selten vor, dass Patienten auch gegenüber dem Rettungsdienst eine Hilfeleistung und/ oder einen Transport verweigern, obwohl es medizinisch gesehen erforderlich wäre. Der Wille des Patienten ist hier rechtlich bindend, niemand darf gegen seinen ausdrücklichen, freien Willen einer medizinischen Behandlung unterzogen werden. Im Gegensatz zum Fachpersonal, wird von einem medizinischen Laien nicht erwartet, dass er die Einwilligungsfähigkeit des Patienten einschätzt und eine Aufklärung über die möglichen gesundheitlichen Konsequenzen der Verweigerung betreibt, von daher entfällt seine Verpflichtung zur Hilfeleistung mit der Aussage des Patienten, keine medizinische Hilfe in Anspruch nehmen zu möchten. Sofern möglich, sollte man sich dass jedoch immer schriftlich geben lassen oder zumindest einen oder mehrere Zeugen hinzuziehen. Der Schriftform bedarf es jedoch für die rechtliche Gültigkeit nicht, es genügt der mündlich geäußerste Wille des Patienten, das Schriftstück, ist jedoch für eine eventuell notwendige Beweisbarkeit des Patientenwillens sehr ratsam.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.
Von Experte SaniOnTheRoad bestätigt

Prinzipiell ist es sein Leben. Er entscheidet, was mit ihm geschehen soll und wohin er gehen möchte. Auch in gesundheitlichen Dingen. Das gilt zumindest mal so lange, wie der Mensch bei klarem Verstand ist und über seine Situation im Bilde ist. Er sich der Tragweite seiner Entscheidung im Klaren ist.

Das ist leider der Knackpunkt: Ein normaler Mensch, der z.B. mit starken Brustschmerzen und Herzrasen im Sofa hängt, ist über seine Situation nicht ausreichend im Bilde. Er weiß nicht, was das medizinische Problem sein könnte und welche Konsequenz es womöglich hat, eine Behandlung zu verweigern. Er denkt ggf. nur daran, dass vor X Jahren mal irgendein Bekannter im Krankenhaus verstorben ist und hat deshalb panische Angst vor allem, was mit Krankenhäusern zu tun hat. Ist ja irgendwo auch verständlich, denn die meisten Menschen haben mit Medizin nichts zu tun und haben auch nur eine sehr vage Vorstellung, was da eigentlich passiert.

Aufgrund dessen kann es sein, dass dieser Mensch gerade nicht in der Lage ist, eine sinnvolle Entscheidung zu treffen. Die allermeisten sind später dann froh, wenn ihnen jemand die Entscheidung abgenommen und sie ein Bisschen zu ihrem Glück gezwungen hat.

Ich persönlich verstehe es, wenn jemand Angst vor dem Unbekannten hat. Allerdings ist Angst ein schlechter Ratgeber und ich finde, dass man in solchen Situationen zumindest akzeptieren sollte, dass jemand anderes einen besseren Überblick hat und es gut meint.

Jeder Mensch hat das Recht, über seine Gesundheit selbst zu verfügen, also wer keine Hilfe will, dem kann man auch keine aufzwingen.

Und nein, Rettungsdienstler können einen Patienten nicht einfach so "mitnehmen", nur weil irgendwer meint, der MUSS ins Krankenhaus. Eine Zwangsbehandlung ist nur unter ganz eng umrissenen Grenzen möglich.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung