Glückliche Menschen haben keine Geschichte - was denkt ihr darüber und warum?

Das Ergebnis basiert auf 27 Abstimmungen

Stimme nicht zu 89%
Stimme zu 11%

13 Antworten

Von Experte kami1a, UserMod Light bestätigt
Stimme nicht zu

Jeder Mensch hat eine Geschichte.

Wenn jemand vor mir steht, dann ist jawohl irgendetwas passiert, dieser Mensch wurde mal geboren und hat gelebt und nun steht der Mensch vor mir. Der hätte sich ja garnicht entwickeln können, wenn in all der Zeit nichts passiert wäre.

Ist doch schön, wenn ein Mensch eine "normale" Geschichte erlebt hat und glücklich sein kann. Das wünscht man sich doch für jeden.

Die Leute verwechseln das mit schlechten Erfahrungen. Nicht jeder muss unbedingt das schlimmste erleben. Reicht doch schon, wenn ein paar Menschen eine düstere Geschichte haben, um andere davor zu bewahren indem man seine Erfahrungen teilt.

LG 🙏🌹🌅

Stimme zu

Frei übersetzt: Der beste Weg zum Ziel ist selten gerade - und unter der Prämisse kann ich dem schon zustimmen. Hier ist zum Thema auch ein Lied: "Wer nie verliert, hat den Sieg nicht verdient" von Udo Jürgens.

https://www.youtube.com/watch?v=rn-hBo-IU1w

Ich sage es mal so: Wer immer nur Glück hat, immer nur lacht, immer nur Erfolge hat, kein Leid und keinen Tiefschlag erlebt und bei dem alles stromlinienförmig läuft, der hat keine interessante Biographie, weil es keine Brüche gibt und keine prägenden Ereignisse, sondern einfach nur einen langen ruhigen Fluss, der immer gleichmäßig strömt(e) und keinerlei Überraschungen zu bieten hat. Die interessantesten Zeitgenossen sind die, bei denen nicht immer alles rund läuft und die was zu erzählen haben, Erfahrungen sammelten und weitergeben können, was ggf. anderen helfen kann und inspiriert.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
NurEineFrage42  25.02.2024, 12:56

Kann es verstehen und stimme sogar zu, doch es geht darum überhaupt eine Geschichte zu haben. Warum geht jeder davon aus, dass Erfahrungen Düster sein müssen?

Ich bin oft fröhlich und nett, weil ich die Scheisse mit mir alleine ausmache. Meistens sogar bin ich die albernste Person von allen. Und doch kriegen manche Leute Magenkrämpfe, wenn ich denen nur Bruchteile meiner Vergangenheit erzähle (manchmal versehentlich) und dann kann es auch mal vorkommen, dass die Leute das Thema erstmal verdauen müssen und zu mir sowas sagen wie "Das tut mir sehr leid" oder "Mensch, sowas kannst du mir doch nicht erzählen, ich wein gleich".

Tja.. Man kann in niemanden hineim sehen und nur weil jemand viel Lacht und albern ist, heisst das noch lange nicht, dass der nichts erlebt hat.

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rotesand  25.02.2024, 13:10
@NurEineFrage42

Ich bin auch ein ausgeglichener, geselliger und positiver Mensch, der gern Witze macht und lustig ist, singt und lacht; ich werde übereinstimmend als eher sympathisch wahrgenommen - aber es gab viele Probleme in der Familie, bei denen ich in der Regel auch allein war und es mit mir ausmachen musste. Man macht was mit und so was prägt.

Das wissen nicht viele in meinem Umfeld, weil manches auch sehr verworren und beklemmend ist; es sind Sachen, die man nicht jedem einfach so berichtet, weil man dann ggf. untendurch wäre, wenn man darüber spricht und die Leute ein total falsches Bild von einem haben. Nur so viel: Ich hatte Lehrer, die sich einen Spaß draus machten, meine nicht sehr soliden Familienverhältnisse vor der ganzen Klasse breit zu treten - und eine Erzieherin gab es auch schon, die das für total witzig hielt.

Und jemand wie ich hatte andere Vorstellungen: Ich glaube dass typische erfolgreiche Jugendliche aus der Einfamilienhausfamilie mit christlich orientierter Vorzeigefamilie, soliden Berufschancen und mit "solidem" Leben, die geliebt und geschätzt werden und arriviert sind und keine Sorgen haben und wo der Vater ihnen eine Lehrstelle sowieso organisiert und wo immer alles klappt, gar nicht wissen, wie so was ist und wie ein Leben sein kann, wenn es nicht optimal läuft. Die träumen eher von Studium, Beamtentum oder großes Haus auf der grünen Wiese und eigenem Pferd auf der Koppel und drei Kinder, die auch alle bestimmt mal Abi machen werden und tolle Partner anschleppen aus vergleichbar soliden Familien - aber sie haben keine Ahnung davon, wie es woanders laufen kann und/oder kennen das nur aus Fernsehreportagen oder eventuell irgendwelchen Leuten, die sie als "unseriös" abtun und subtil auslachen.

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rotesand  25.02.2024, 13:14
@rotesand

Und ganz ehrlich: Solche Leute, die immer nur Glück haben und eine Superfamilie usw., haben nix zu erzählen außer dass alles immer schon gut war und man in seinem eigenen Paradies lebt und alles prima und spitzenmäßig ist. Und so jemand hat meiner Meinung nach auch keine Berechtigung dazu, einem anderen irgendwas zu erklären, weil ihm Erfahrungen, Aspekte und Ansichten völlig fehlen!

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NurEineFrage42  25.02.2024, 13:19
@rotesand

Ja das ist echt kompliziert, weil man solche Themen einfach 0-Komma-garnicht pauschalisieren kann. Menschen sind so unterschiedlich wie ihre Geschichten. Und jeder Mensch hat eine.

Wie du schon sagst, man kann nicht alles jedem erzählen und umso mehr ist es eine Schande, wenn vermeintliche Vertrauenspersonen dann so etwas tun wie du beschrieben hast.

Z.B. geht es niemanden etwas an, wenn der Betroffene damit nicht einverstanden ist. Dinge, die Menschen nicht verstehen werden verurteilt. So ist das leider.

Das ist der Grund warum viele Opfer von gewissen Dingen wie Gewalt oder Missbrauch sich nicht outen weil einem dann unterstellt wird, dass man lügt.

Ist mir auch schon passiert mit 16. Ich weiss nicht was schlimmer war: Das was passiert ist oder das was danach passiert ist (sozial gesehen). Ich war alleine damit. Und niemand hat mir geglaubt. Doch etwa 10 Jahre später hat mir eine (!) einzige Person geschrieben ganz plötzlich, dass es ihr leid tat, dass sie mir nicht geglaubt hatte. Dabei wusste ich nichteinmal davon. Sie hat sich quasi geoutet als einer dieser Menschen die damals über mich herzogen. Und sich dafür entschuldigt. Für mich war es ok. Ich habe ihr geholfen ihr Gewissen zu bereinigen.

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NurEineFrage42  25.02.2024, 13:21
@rotesand

Ja ich verstehe das und empfinde manchmal ähnlich, doch behalte im Hinterkopf, dass diese Menschen es nur gut meinen. Und versuchen zu helfen. Es ist eines dieser typischen Beispiele für: Gut gemeint, schlecht umgesetzt.

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rotesand  25.02.2024, 13:28
@NurEineFrage42

Bei mir gab es schon mit 11/12 Jahren verstörende Vorfälle, im Grunde schon im Kindergarten; Grundschule war in Ordnung. Ich frage mich manchmal, wie ich das alles überlebt habe. Als Kind erduldet man so was halt, weil man weiß, es bringt nix und man hat keine andere Wahl und es glaubt einem sowieso keiner - mir hat eigentlich nur mein Onkel immer geglaubt und wusste, was los ist, alle anderen haben es zwar gewusst, aber entweder nix gemacht oder erst richtig draufgetreten, weil sie es einfach gekonnt haben. Hätte ich was gesagt, hätte man mir nicht geglaubt oder alles rumgedreht, um die Schuld mir anzulasten; einmal wollte ich mich öffnen, da hieß es dann, ich sei ja sicherlich selber schuld an der Lage und seitdem habe ich es als besser erachtet, stillschweigend zu bleiben nach dem Motto ... es wird eines Tages wieder besser. Wurde es dann ja auch, aber es hinterlässt alles Spuren.

Ich habe gewissen Leuten noch nicht mal über den Tod hinaus verzeihen können und stehe auch dazu und werde es auch nicht mehr anstreben ihnen zu verzeihen - weil einfach zu viel vorgefallen ist und da auch ganz viel Doppelmoral und Scheinheiligkeit eine Rolle spielt. Ich habe auch bei einer Entschuldigung (ein Lehrer, der kurz danach starb und mich einlud) gesagt, dass ich die Entschuldigung nicht annehmen kann, die Sache aber für mich "erledigt" sei, was sie zu dem Zeitpunkt nicht war. Meinen Cousin hat er auch eingeladen, der war zu dem Zeitpunkt psychisch gar nicht in der Lage, dem Mann gegenüber zu treten und mein Großonkel schrieb einen bösen Brief - ob man einem Sterbenskranken so was schreiben muss ist die andere Sache, aber im Kern hatte er Recht.

Ich bin froh, dass ich eine Freundin habe, die es gut meint und mit der ich in der selben musikalischen Subkultur unterwegs bin - das federt ganz viel ab. Trotzdem muss ich manchmal allein sein und brauche das auch.

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rotesand  25.02.2024, 13:31
@NurEineFrage42

Mit mir hat es selten einer gut gemeint - und wenn doch, dann hat er es nicht gesagt, aber man hat es gespürt mit jeder Geste, jedem Wort und jedem Blick. Wenn jemand sagte "er meint es gut" zeichnete das eher das andere Bild und wollte er gut Wetter machen, nahm mich eher als leichtes Opfer oder als den bildungsfernen Loser wahr, den er plattdrücken konnte.

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NurEineFrage42  25.02.2024, 13:47
@rotesand

Ja kann mir vorstellen was du für einen Scheiss mit dir selber ausmachen musstest. Ach so oft ist doch das Opfer "selber Schuld". 🥲

Weil ein Opfer von egal was auch immer in einem Abhängigkeitsverhältnis gefangen ist. Der Täter hat immer 2 Gesichter für ein Kind z.B.. Auf der einen Seite die geliebte Person, doch in anderen Momenten "Der böse Mann" oder "Die böse Frau" je nachdem. Also auch Erwachsene Opfer haben das, aber mit einer anderen Wahrnehmung dazu. Das eben der Täter 2 Gesichter hat. Und eines davon liebt man ja meistens. Davon muss man sich lösen.

Mein Erzeuger starb auch weg, ohne dass ich ihn je zur Rechenschaft ziehen konnte. Doch mir gab niemand die Schuld es war eher, dass niemand es wahrhaben wollte, doch er wurde erwischt. Mir gab man eher die Schuld, dass ich von Geburt an schwierig war und wurde als schwer erziehbar eingestuft und all sowas.

Er z.B. konnte diese unschuldige Rolle gut spielen. Aber wurde vom Schicksal bestraft, denn er starb alleine in einer runtergekommenen Bude und wurde erst nach Tagen entdeckt wegen dem Geruch. Die Polizei stand vor meiner Tür, um mir das zu berichten und um ein paar Fragen zu stellen. Daher hatte ich einige Infos also von denen hauptsächlich. Bei mir fing das Übel auch früh an. War immer schon die komische oder die nervige Person. Macht nichts. Ist mal so. Ich kann auch glücklich sein trotz allem. 🙏🌹

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Stimme nicht zu

Stimme ich absolut nicht zu, ich selber bezeichne mich als glücklichen Menschen und in meinem bisher 65 jährigen Leben hat sich jede Menge ereignet, es gab Tiefpunkte, aber auch sehr viel mehr positive Höhepunkte, unterm Strich war mein Leben bisher eine sehr spannende Geschichte, und wahrscheinlich bin ich ja auch gerade wegen meiner Geschichte glücklich

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Stimme nicht zu

Denke Glück kann man erst schätzen lernen, wenn man ne harte Geschichte überstanden hat. Das Glücksgefühl davor ist ein naives unreifes, dass danach ist ein ekstatisches erwachsenes.

Binesgmx85  25.02.2024, 12:19

Genauso sehe ich das auch.

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NurEineFrage42  25.02.2024, 12:50

Kann es verstehe aber bin anderer Meinung. Dennoch find ich es nicht zwingend nötig, etwas schlechtes zu erleben. Ich würde niemals jemandem meine Geschichte wünsch und dabei gibts noch viel schlimmere. Schlimmer geht immer. Besser aber auch.

Wenn man kein ignoranter Mensch ist, kann man auch am Leid von anderen erkennen was Glück ist und es schätzen lernen.

Es gibt Menschen, denen es nie großartig schlecht erging und doch haben sie ein Helfer Syndrom und Spenden z.B. viel und gerne und haben Empathie. Also es ist eine Frage der Ansicht, der Einstellung und des Charakters. Nicht Zwangsläufig ist es eine Frage des Erlebtem.

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Stimme nicht zu

Ist eine sehr vereinfachte Darstellung der Meinung, dass unglückliche Menschen eine tragische Geschichte hätten, während glücklichen Menschen wohl nie etwas erwähnenswert tragisches widerfahren wäre. Denn wie könnten sie sonst glücklich sein?

Nicht alle Zitate die man irgendwo finden kann, sind von intelligenten, bzw. weisen Leuten aufgestellt worden. Oder gehen auf intelligente oder weise Gedankengänge zurück.