Existiert das Konzept "Himmel und Hölle" im Judentum?

5 Antworten

Auch Juden haben eine Vorstellung von Himmel und Hölle. Sie glauben, dass es das Totenreich gibt. Dieses ist aber ein unterteiltes Reich, denn es gibt demnach einen Bereich, in den die vor Gott gerechten Menschen kommen und einen Bereich, in den die anderen, die ungläubigen Menschen bzw vor Gott nicht gerechten Menschen kommen.

Deutlich wird diese Vorstellung beispielsweise in Lukas 16, wo es um den reichen Mann und den armen Lazarus geht. Lazarus glaubte wohl an Gott und der reiche Mann nicht. Der reiche zeigte keine Barmherzigkeit etc. Beide starben und Lazarus kam in "Abrahams Schoß", was ein Begriff für diesen positiven Bereich ist. ("Paradies" ist in einer seiner drei Bedeutungen ein anderer Begriff dafür.)

Du kannst das in Lukas 16,19-31 nachlesen.

Die Vorstellung ist eigentlich sehr ähnlich der christlichen Vorstellung, aber es gibt einen deutlichen Unterschied: Die Christen glauben, dass Jesus der Messias ist, die Juden glauben das nicht.

Seit Jesus am Kreuz gestorben ist und den Tod und die Sünde besiegt hat, ist dieser positive Bereich geleert. Diese Menschen sind in den Himmel - also in Gottes Himmelreich gekommen und sind nicht mehr im Totenreich. Die Juden glauben das natürlich so nicht, da Jesus ihrer Meinung nach nicht der Messias ist.

Nun will ich noch auf einen weiteren Punkt aufmerksam machen:

Der Mensch ist nicht nur der Körper, sondern Körper, Geist und Seele.

Der Leib verrottet, wenn man gestorben ist. Erst wenn die Entrückung ist, werden die an Jesus gläubigen Menschen auferstehen und zwar mit einem erneuerten prinzipiell anderem Körper. Dazu kannst Du etwas in 1. Thess 4 (ab Vers 18, denke ich) lesen oder auch in 1. Kor. 15.

Trotzdem ist ihr Geist schon vorher bei Jesus.

Jesus war gestorben und während sein lebloser Körper ins Grab gelegt wurde und dort "wartete", war Jesus - nicht der irdische Leib - im Reich des Todes. Wo genau? Da er gerecht vor Gott war, war er in diesem positiven Bereich des Todes. Dann ist er am dritten Tage auferstanden und zwar zu einem Leben, von dem er nicht mehr sterben wird. In diesem Sinne ist er der erste der Auferstandenen. Jesus hatte vorher zwar Menschen vom Tode wieder auferweckt, allerdings zum normalen irdischen Leben. Diese Menschen mussten wieder sterben. Jesus muss nach seiner Auferstehung nicht mehr sterben. Und die Christen werden auch nicht wieder sterben nach ihrer Auferstehung, denn sie werden wie Christus vor ihnen, zu ewigem Leben auferstehen.

Im Buch Genesis wird der Tod (noch) nicht mit dem Übergehen in eine andere Dimension oder in einen anderen Bewusstseinszustand in Verbindung gebracht, das Gegenteil ist der Fall.

Ok, im Buch Genesis werden viele theologische Zusammenhänge noch nicht so eindeutig formuliert. Allerdings werden sie mitunter schon angedeutet. Beispiel: Auch im Buch Genesis ist schon vom Retter die Rede. Im Verlaufe der Bibel spitzt sich die Frage, wer das denn genau sei, immer mehr auf Jesus zu.

Zurück zur Vorstellung vom Tod:

1Mo 2,17 aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm isst, musst du des Todes sterben.
1.Mose 3,2 Da sprach die Frau zu der Schlange: Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten; 3 aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esset nicht davon, rühret sie auch nicht an, dass ihr nicht sterbet! 4 Da sprach die Schlange zur Frau: Ihr werdet keineswegs des Todes sterben, 5 sondern Gott weiß: an dem Tage, da ihr davon esst, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.

Gott hatte also gesagt, wenn sie von der Frucht essen werden sie an demselben Tag sterben! Sie sind aber nicht sofort tot umgefallen. Hatte nun die Schlange recht oder Gott?

Auch die Juden glauben, dass Gott nicht lügt, also auch an dieser Stelle nicht gelogen hat. Wie ist das dann zu verstehen?

Ab dem Zeitpunkt der Sünde waren die Menschen geistlich tot, waren also gestorben! Und der Körper muss seit dem auch sterben - nur zeitlich verzögert.

So sieht man schon in der Genesis, dass es nicht einfach nur um den körperlichen Tod geht! Da gab es schon eine differenzierte Sichtweise.

"Denn Staub bist du, und zum Staub kehrst du zurück."

Das bezieht sich eindeutig auf den Körper, nicht auf den Geist des Menschen.

Erinnere Dich, wie Gott den Menschen geschaffen hatte:

1 Mo 2,7 Da machte Gott der HERR den Menschen aus Staub von der Erde und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen.

Es gab also zwei Bestandteile: Da wurde der Körper aus Staub geformt. Das reichte aber nicht, sondern Gott blies ihm den Odem des Lebens in die Nase (Da bekam der Mensch seinen Geist?). So wurde der Mensch ein lebendiges Wesen!

Interpretiere ich es falsch, wenn ich behaupte, dass das Konzept der Hölle basierend auf den christlichen Vorstellungen mit diesen Zitaten nicht vereinbar ist?

Obwohl es dort noch nicht explizit genannt ist, würde ich nicht sagen, dass es unvereinbar sei.

Wie kann es sein, dass in der Hölle niemand schlussendlich stirbt und zu Staub zerfällt?

Weil dort niemand mit seinem irdischen leiblichen Körper ist. Der Körper zerfällt dann tatsächlich auf der Erde. Aber der Mensch besteht ja nicht nur aus seinem Körper!

Hat Gott nicht gerade deswegen die Menschheit davor bewahrt, vom Baum des Lebens zu essen?

Wer vom Baum des Lebens isst, hat ewiges Leben. Das bedeutet nicht ewiges Leben hier auf der Erde so wie wir es natürlicherweise kennen, sondern es bedeutet ewige Gemeinschaft mit Gott. Wegen der Sünde wollte Gott genau das nicht. Daher hat er den Menschen daran gehindert vom Baum des Lebens zu essen.

Gott möchte aber ewige Gemeinschaft mit dem Menschen - nur eben ohne Sünde. Daher hat er Jesus geschickt, damit wir durch ihn Rettung erfahren können, indem wir im Glauben annehmen, dass Jesus für uns gestorben ist und wenn wir ihm unsere Sünden bekennen und ihn um Vergebung bitten. Durch diesen Glauben werden wir gerettet und bekommen neues Leben! Nicht ein neues oder zweites irdisches Leben, sondern ein neues geistliches und ewiges Leben - nämlich genau so ein Leben wie das, das wir durch die Sünde verloren hatten!

"Denn Staub bist du, und zum Staub kehrst du zurück."

Ich beziehe das Zitat auf den jetzigen fleischlichen Leib. (unabhängig was nach dem Tod passiert, also Auferstehung zum Gericht oder Auferstehung zum ewigen Leben).

Ob im Judentum das Konzept "Himmel und Hölle" existiert, weiß ich nicht. Ich weiß jedoch, dass dieses Konzept laut jüdischen Schriften bzw. dem alten Testament existieren müsste.

Ein Vers, der auf die Hölle hindeutet, wäre z.B. der folgende, den auch Jesus ab Markus 9:43 aufgreift (ich zitiere die Bibel):

Und man wird hinausgehen und die Leichname der Leute anschauen, die von mir abgefallen sind; denn ihr Wurm wird nicht sterben und ihr Feuer nicht erlöschen; und sie werden ein Abscheu sein für alles Fleisch. Jesaja 66:24

In diesem Kapitel geht es um das noch bevorstehende richterliche Handeln Gottes durch Jesus Christus. In dem vorigen Kapitel 65 (ab Vers 17) geht es übrigens um die neue Erde und den neuen Himmel, die Gott noch erschaffen wird (also schon Jesaja nimmt Bezug auf Offenbarung 21:1).

Zuletzt habe ich noch einen Beispielvers für dich rausgesucht, der auf das ewige Leben hindeutet (ich zitiere):

Denn der Herr hat das Recht lieb und verlässt seine Getreuen nicht; sie werden ewiglich bewahrt, aber der Same der Gottlosen wird ausgerottet. Psalmen 37:28

Liebe Grüße und Gottes Segen!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bibelstudium, pers. Beziehung mit Gott, freievang. Gemeinde
Existiert das Konzept "Himmel und Hölle" im Judentum?

Nur teilweise in manchen Strömungen, und da nur abgeschwächt. Der bekannteste Text dazu findet sich jedoch interessanterweise im Evangelium nach Lukas, in der Beschreibung des Hades (Totenreichs) im Gleichnis von Lazarus und dem reichen Mann.

In jüdisch-apokalyptischer Literatur, aber auch in weiteren Apokryphen (zB 2Makk) wurden diese Vorstellungen zwar weiter ausgebaut und ausgeführt, jedoch vom rabbinischen Judentum Ende des 1.Jhdt‘s bewusst abgelehnt und jene Schriften nicht in den Kanon aufgenommen (oder wie im Fall des 2Makk aus dem Kanon herausgenommen).

Dieses Konzept hat sich meiner bisherigen Auffassung nach erst im Laufe der Geschehnisse in der Bibel immer weiter entwickelt und wird erst im neuen Testament sehr deutlich.

Da stimme ich zu.

Interpretiere ich es falsch, wenn ich behaupte, dass das Konzept der Hölle basierend auf den christlichen Vorstellungen mit diesen Zitaten nicht vereinbar ist?

Nein, das siehst Du richtig. Es ist überhaupt mit keinerlei Jenseitsvorstellung vereinbar, weder einem Himmel, noch einer anderen Art von ewigem Leben.

Im Tanach, also im Alten Testament der Bibel, auf jeden Fall:

  • "Und viele von denen, die im Staub der Erde schlafen, werden aufwachen; die einen zum ewigen Leben, die anderen zur ewigen Schmach und Schande" (Daniel 12,2).
xxScarface1990  15.11.2021, 19:20

Top Vers! 👍 da hätte ich mir meinen ganzen Text ja sparen können ^^

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chrisbyrd  15.11.2021, 19:21
@xxScarface1990

Finde ich auch - also nicht, dass du dir deinen Text sparen solltest, sondern, dass Dan 12,2 ein "Top-Vers" ist... ;-)

Daniel bezeugt mit einer einzigen Aussage, dass es auch schon im Alten Testament die Lehre von "Himmel und Hölle" gibt...

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xxScarface1990  15.11.2021, 19:24
@chrisbyrd
Finde ich auch -also nicht, dass du dir deinen Text sparen solltest, sondern, dass Dan 12,2 ein "Top-Vers" ist... ;-)

Danke :)

Daniel bezeugt mit einer einzigen Aussage, dass es auch schon im Alten Testament die Lehre von "Himmel und Hölle" gibt...

Du sagst es 👍

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Im Judentum wurde zwar der Himmel als Sitz oder Thron Gottes verstanden, obwohl auch in gewisser Weise der Tempel die Anwesenheit Gottes darstellte. Die Vorstellung, dass Menschen in den Himmel aufgenommen würden, war nur wenigen Propheten bekannt. Darunter auch König David! (Psalm 110:1) - Die Hölle als Ort der Qual war ihnen völlig fremd, weil Gottes Gericht zu ihren Lebzeiten stattfand, nicht nach dem Tod Einzelner!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung