Emilia Galotti was war gut?

4 Antworten

Hey Teenamy,

"Emilia Galotti" ist ein sehr tiefgründiges, gesellschaftskritisches Werk. Wenn du es unnötig und langweilig findest, hast du es schlicht und ergreifend nicht verstanden.

JustinKoma75 hat dir bereits wertvolle Tipps gegeben. Mehr möchte ich dazu auch nicht mehr sagen, denn du sollst ja selbst darüber nachdenken. Überlege dir genau, wie Lessings Kritik an der damaligen Gesellschaft auf unsere heutigen Strukturen und Lebensweisen umzulegen und anzuwenden wäre. Darin findest du alle benötigten Antworten. Wenn dir gar nichts dazu einfällt, dann erkläre einfach mit guten Argumenten, warum das Stück für Dich "unnötig und langweilig" ist.

Gutes Gelingen! (Keine Ironie, sondern ernst gemeint!)

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
JustinKoma75  04.02.2020, 10:00

Liebe Tanzistleben, so sehr ich Deinen Namen und Deine Zustimmung schätze, möchte ich doch höflichst und in aller Liebe widersprechen ;-) Drama ist Kunst. Kunst kann zu uns sprechen oder auch nicht. Das ist ein SenderEmpfänger-Ding. Wenn man nun Emilia Galotti langweilig findet, spricht das Stück nicht zu einem. Und das finde ich okay. Ich hätte da auch durchaus einige Kritikpunkte, die Dramaturgie betreffend und halte es nicht für Lessings bestes Stück, um es vorsichtig zu formulieren. Ich fände es wichtig, dass Teenamy genau darlegt, was sie so langweilt und würde das als Lehrer sehr schätzen. In anderen Worten: Am Ende einer Auseinandersetzung mit einem Stück darf für mich auch Ablehnung stehen! Und mal ganz ehrlich: Wenn Emilia Galotti nicht von tollen Darstellern gegeben wird, schlafe auch ich dabei ein ;-)

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Tanzistleben  04.02.2020, 11:52
@JustinKoma75

Lieber JustinKoma75, ich würde fast jedem Deiner Worte zustimmen, wenn, ja wenn wir von einem erwachsenen Literaturfreund sprächen. Was mich so sehr stört, ist die Haltung unserer lieben Teenager, von denen, zum Glück nicht alle, aber der Großteil, über jede Form von Literatur drüberfahren und nur selten bereit sind, sich damit auseinanderzusetzen.

Ich sehe gerade, Du bist erst seit 22 Tagen Mitglied unserer Community - Herzlich willkommen! - und ahnst wahrscheinlich noch nicht, was man hier so alles erlebt. Bei mir sind es schon über vier Jahre, die ich mich mit Teenies dieser Art herumschlagen und glaube ganz gut zu wissen, wie sie ticken. Anfangs dachte ich auch noch wie Du und versuchte, sie wie junge Erwachsene zu behandeln. Leider bin ich damit meistens eingefahren und habe oft noch freche Antworten geerntet. Von meinen eigenen Söhnen (15 und 18) kannte ich so ein Verhalten nicht. Beide sind ausgesprochene Leseratten, mehrsprachig aufgewachsen und vielseitig interessiert. Der Große hat letztes Jahr an der International School maturiert (ja, ich bin Wienerin) und davor freiwillig drei Jahre lang Kurse für spanische und französische Literatur besucht. Der Kleine wird zuhause nach dem französischen Schulsystem unterrichtet und brennt für französische und deutsche Literatur. In meiner grenzenlosen Naivität dachte ich damals, das sei ganz normal und es gäbe viele Jugendliche mit diesen Interessen.

Meine besondere Affinität zu "Emilia Galotti" verzeihe mir bitte. Ich hatte das große Glück, Ende der 70er Jahre in einer Produktion des Wiener Burgtheaters beschäftigt gewesen zu sein. Hans Hollmanns Regie war zwar für damalige Verhältnisse etwas seltsam (Ich war in meiner Profession als Tänzerin engagiert!), heute würde man ihm dafür wahrscheinlich die Füße küssen. 😉 Den Prinzen gab damals Klaus Maria Brandauer, Emilia wu

rde von Brigitta Furgler verkörpert und auch sonst waren nur erstklassige Burgschauspieler, u.a. Elisabeth Orth, beschäftigt. Da meine Kollegin und ich von Anfang bis Ende durch das Drama geisterten, hatten wir die Gelegenheit, sehr tief in das Stück einzudringen, viele Diskussionen um Verständnis und Interpretation zu vefolgen, was fast zwangsläufig die eigene Einstellung dazu verändert.

Selbstverständlich steht es jedem frei, ein Stück schlecht zu finden und abzulehnen, wenn er es denn verstanden hat und nicht schon aus Prinzip "dagegen" ist. Vor kurzem hatten wir ein Teenie-Mädchen, das sich gleich von Haus aus fragte, warum es sich "diesen altmodischen Sch***", es ging um "Nathan, der Weise", antun müsse und ob sie das verweigern dürfe. Da sehe ich ziemlich rot und mit meinem Verständnis ist es vorbei.

Das sollte nicht so ein langer Text werden, aber nachdem Du so nett geschrieben hast, wollte ich meine etwas harsche Antwort doch etwas ausführlicher begründen.

Viele liebe Grüße

Lilly "Tanzistleben"

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JustinKoma75  04.02.2020, 12:10
@Tanzistleben

Danke für die ausführliche Antwort. Ich habe andererseits auch viel zu oft erlebt, wie Chancen, vertan wurden, vermeintliche Lesefaule zu Lesern/innen zu machen. Ich versuche also eher positiv zu motivieren und Schlüssel anzubieten. Nicht jede/r kommt aus einem bildungs- oder kunstnahen Elternhaus.

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Tanzistleben  04.02.2020, 13:11
@JustinKoma75

Da hast Du natürlich vollkommen recht, nur werden wir das über dieses Portal leider nicht erreichen. Ich habe mich vor vielen Jahren, eine Zeitlang ehrenamtlich als Lesepate in einer Volksschule (Grundschule) betätigt. Leider war es auch dort nur sehr eingeschränkt möglich, Kindern aus bildungsfernen Familien das Lesen näherzubringen. Sie waren vielmehr an Zuneigung, kuscheln, etc. interessiert, als an den vorgelesenen Texten. Während der regelmäßigen Supervision, haben wir Lesepaten gelernt, dass die Kinder viel größere Defizite haben, als mangelndes Interesse an Büchern und dem Lesen. Das war teilweise schon sehr bedrückend.

Auch hier ist es oft erschreckend zu erfahren, was für unglaublich arme Kinder, nicht pekuniärer Art, es gibt. Lass Dich überraschen....

Trotzdem danke für das nette Gespräch, auch das ist nicht alltäglich hier, und schönen Nachmittag!

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Teenamy 
Fragesteller
 04.02.2020, 17:44
@Tanzistleben

Hallo Tanzistleben (dem kann ich übrigens nur zustimmen😊). Ja, ich gebe zu, ich bin 15 und einer dieser "Teenies", von denen du in deinem Kommentar sprichst. Ich interessiere mich null für Literatur. Zumindest nicht für die Art von Literatur, die wir (leider inzwischen nur noch) im Deutschunterricht lesen. Was nicht heißt, dass ich diese Werke von Beginn an verurteile!"Der Besuch der alten Dame", aber vor allem "Romeo und Julia" fand ich zum Beispiel sehr interessant, obwohl ich mir die Reklam-Heftchen wohl niemals freiwillig gegeben hätte, wenn es nicht Pflicht gewesen wäre. "Emilia Galotti" fand ich deshalb nicht so gut, weil mir im Gegensatz zu den anderen beiden Beispielen die Charaktere absolut unsympathisch waren.😅 in "Romeo und Julia" fand ich die Charaktere interessant, nachvollziehbar und sogar echt lustig (im Falle Mercutios). Natürlich könnte man argumentieren, dass die Entscheidungen des Prinzen in "Emilia Galotti" auch nachvollziehbar waren, aber irgendwie hat mir die ganze Thematik überhaupt nicht zugesagt. Zum Beispiel die Liebesgeschichte zwischen Romeo und Julia hat sich erst langsam und für den Leser nachvollziehbar entwickelt. Der Prinz in Lessings Werk hingegen ist bereits zu Beginn der Handlung, man könnte beinahe schon sagen, besessen von Emilia und das nur wegen ihrem Aussehen. Wie oberflächlich ist das denn bitte? Ich muss gestehen, dass ich mich auch nicht sonderlich gut mit dem Werk auseinandergesetzt habe und erst heute im Unterrichtsgespräch die Intention und Kritik des Autors verstanden habe. Trotzdem gibt es meiner Meinung nach eindeutig bessere Werke😉

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JustinKoma75  04.02.2020, 20:16
@Teenamy

Und Shakespeare ist tatsächlich der Beste, was gute Charaktere angeht. Deswegen ist er auch heute noch der meistverfilmte Drehbuchautor aller Zeiten, während Lessing... Also gut gesehen, würde ich sagen ;-)

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An deiner Stelle würde ich ausführlich begründen, warum du das Stück unnötig und langweilig findest. Darüber kommst du dann vielleicht zu der Frage, warum es überhaupt geschrieben worden ist und worum es eigentlich geht. Wenn ich mich recht entsinne, ist es ein emotionales Plädoyer gegen die Willkür und Macht einer herrschenden Schicht, in dem Fall des Adels, oder? Findest du es nicht wichtig, wenn Autoren die Leiden der unteren Schichten fühlbar machen? Darüber könntest du zu dem Gedanken kommen, wie das Stück heute aussehen müsste, wenn es dich interessieren sollte. Und zu der Frage, warum solche Stücke nicht existieren oder jedenfalls nicht in der Schule gelesen werden. Soweit meine Gedanken dazu. Falls zu kompliziert: Schreib auf, warum langweilig. Ergänze: Gut, dass es sich gegen Willkürherrschaft stellt und Partei für die Bürger ergreift ;-)

gutifragerno  04.02.2020, 09:23

Ich würde noch einen Schritt weitergehen und überlegen, wie man das damals sehr wichtige und sinnvolle Anliegen des Stückes in die heutige Zeit übertragen kann. Damit zeigst du zugleich auch, dass du nicht oberflächlich Nur deine schlechten Gefühle beim Lesen raushaust, sondern gute Gründe hast, es langweilig zu finden, weil du eine Idee hast, wie man das besser machen könnte.

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Weiß irgendwer hier auch was der Autor gut umgesetzt hat?

Dazu gibt es bereits genug Literatur.

Warum sollten wir das Rad neu erfinden?

https://duckduckgo.com/?q=++Emilia+Galotti++kritik+&t=h_&ia=images Lessing, G. E. - Emilia Galotti - Eine Kritik am ...

https://m.grin.com/document/99870

Lessing, G. E. - Emilia Galotti - Eine Kritik am Absolutismus? - Florian Haidacher - Referat / Aufsatz (Schule) - Didaktik - Deutsch - Literatur, Werke - Arbeiten publizieren: Bachelorarbeit, Masterarbeit, Hausarbeit oder Dissertation

Kritik | Emilia Galotti - Lektürehilfe.de

https://lektuerehilfe.de/.../emilia-galotti/analyse/kritik

Lessing impliziert in seinem bürgerlichen Trauerspiel „Emilia Galotti" eine Kritik am Hof und an den dort lebenden Menschen. So sind die adligen Handelnden im Stück (der Prinz und Marinelli) von politischen Idealen bestimmt und richten sich nach diesen aus.

Die Gesellschaftskritik in Emilia Galotti bearbeitet am ...

https://m.grin.com/document/107068

Die Gesellschaftskritik in Emilia Galotti bearbeitet am Beispiel des Adels - Christiane Wöstefeld - Seminararbeit - Germanistik - Neuere Deutsche Literatur - Arbeiten publizieren: Bachelorarbeit, Masterarbeit, Hausarbeit oder Dissertation

"Nathan der Weise", bis heute aktuell.

raubkatze  04.02.2020, 07:13

gefiel mir auch besser-war aber vermutlich nicht die Frage...

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Tanzistleben  04.02.2020, 09:03

Das ist überhaupt eines der zeitlosesten Werke und heute aktueller denn je. Leider hat die FS aber nichts von dieser Erkenntnis.

Ich schätze allerdings auch "Emilia Galotti" sehr.

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