Die Entdeckung der Glykolyse?

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Hi,

wenn man Hefezellsaft und Glucoselösung zusammengibt (Ansatz 1) läuft Vergärung des Zuckers ab. Er wird also zum Energiegewinn durch Glykolyse und Gärung abgebaut.

Hefezellsaft ist aber frei von Hefezellen. Aus denen wurde er herausgepresst. Das bedeutet, dass die Glykolyse und Gärung, also die abbauenden Stoffwechselwege nicht unbedingt an lebende Zellen gebunden sind. Sondern die Stoffwechselwege laufen auch außerhalb von lebenden Zellen im Reagenzglas ab.

Das war eine ganz wichtige Entdeckung. Da es dem "vitalistischen Dogma" von Louis Pasteur aus dem 19. Jahrhundert widersprach. Das die Lehrmeinung vertrat, dass Gärung untrennbar mit lebenden Zellen verbunden sei. Pasteur beschrieb die Gärung als "la vie sans l'air" als "Leben ohne Luft". Bis Hans und Eduard Buchner mit eben diesem Experiment (1) bewiesen, dass das nicht stimmt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Eduard_Buchner

Glykolyse und Gärung kommen zwar in lebenden Zellen vor, sind aber für den Ablauf nicht unbedingt an lebende Zellen gebunden.

Wir wissen heute, dass die Stoffwechselreaktionen von Glykolyse und Gärung durch Enzyme (spezielle Proteine) unterstützt werden. Ob die nun in der Zelle oder im Reagenzglas (im Hefezellsaft) vorliegen, spielt keine Rolle.

Der zweite Ansatz zeigt, dass zum Ablauf der Gärung anorganisches Phosphat notwendig ist. Liegt es nicht in ausreichendem Maße vor, ist es ein begrenzender Faktor der Gärung, die dann nicht weiter läuft. Wird es zugegeben, läuft die Gärung wieder weiter. Es gibt also neben den Enzymproteinen auch kleinere anorganische Substanzen, die für den Ablauf der Gärung notwendig sind.

Der dritte Ansatz zeigt, dass Bestandteile des Zellsaftes, die die Gärung unterstützen, offenbar hitzeempfindlich sind. Denn Temperaturen von 50°C machen den Hefezellsaft unbrauchbar. Deutung: Hier werden die Enzyme durch Hitzeeinwirkung (Denaturierung der Proteine) zerstört. Ohne funktionsfähige Enzyme keine Stoffwechselreaktionen mehr.

Eine Auftrennung des Hefezellsaftes mit einem Dialyseschlauch (eine semipermeable Membran) im vierten Ansatz trennt das Gemisch in zwei Fraktionen. Größere Moleküle bleiben innen im Schlauch gefangen, kleinere Moleküle, anorganische Substanzen, Ionen treten durch den Schlauch hindurch in das Wasser.

Rätselhaft bleibt in der Versuchsbeschreibung was nun das "Dialysat" sein soll, was in Ansatz vier in die Glucoselösung kommt. Der durch die Filtermembran getretene Teil mit den kleinen Molekülen und Ionen oder der im Schlauch verbliebene Teil mit den größeren Molekülen (einschließlich der Enzymproteine)? Man könnte der Meinung sein, dass mit Dialysat die äußere Lösung gemeint ist, die durch den Filter hindurchgetreten ist. Denn so wird der Begriff bei der Dialyse verwendet:

Giftstoffe (Stoffwechselabbauprodukte) und niedermolekulare Stoffe (membrangängige Stoffe) werden aus dem Blut entfernt, da sie durch die Membran auf die andere Filterseite in die Dialyselösung ( Dialysatdiffundieren

https://de.wikipedia.org/wiki/Dialyse

Das ist aber hier nicht der Fall. Daher ist die Versuchsbeschreibung irreführend.

Wenn man im Originalversuch von Harden und Young nachliest:

Bild zum Beitrag

Quelle: https://archive.org/details/philtrans05349481/page/n1/mode/2up?view=theater

Dann ist das "Dialysat" der im Schlauch (Filter) verbliebene Rückstand ("residue").

Frei übersetzt: "Wir nehmen den Rückstand (residue), lösen ihn erneut in Wasser und fügen Glucose hinzu. Es entwickelt sich kein CO2 (das bedeutet keine Gärung). Wir fügen gekochten Hefezellsaft hinzu. Die Gärung findet statt und CO2 Entwicklung setzt ein." Das sind deine Versuche 4 + 5.

In der einleitenden Versuchsbeschreibung von Harden und Young, auf dem deine Versuchsansätze beruhen, steht was mit "residue" gemeint ist:

Bild zum Beitrag

Quelle: s.o.

Im unteren Absatz frei übersetzt:

"Hefezellsaft wird filtriert. Beide Fraktionen für sich, der Rückstand ("residue") und das Filtrat sind einzeln unfähig zusammen mit Zucker Glykolyse und Gärung durchzuführen.

In den Versuchen verwenden wir den Rückstand im Filter ("residue"), indem wir ihn erneut in Wasser auflösen."

Das "Dialysat" in Ansatz vier ist daher die Fraktion größerer Moleküle (einschließlich der Enzyme), die im Dialyseschlauch verblieben sind.

Dieser im Dialyseschlauch verbliebene Filterrückstand (irrigerweise als "Dialysat" bezeichnet) kann keine Glykolyse und Gärung mehr durchführen, wenn er durch das Filtrieren von der Fraktion kleinerer Moleküle und Ionen getrennt worden ist.

Nun macht auch der fünfte Ansatz Sinn.

Denn wenn das Schlauchinnere ("Dialysat") welches aus großen Molekülen (einschließlich der Enzyme) besteht, mit erhitztem Hefezellsaft aus Ansatz 3 (in dem die Enzyme zerstört wurden) zusammen gegeben wird, kommen die intakten Enzyme des Dialysats aus Ansatz 4 mit den fehlenden niedermolekularen Substanzen, Ionen, die im hitzebehandelten Zellsaft aus 3, neben den defekten Enzymen nach wie vor vorhanden sind (da ihnen Hitze nichts ausmacht), wieder zusammen und die Gärung kann wieder ablaufen. LG

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologielehrer SI/II a. D.
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