deprimiert nach BWL-Studium von der Realität

11 Antworten

Da hast Du ja ein Menge von Trugschlüssen im Rucksack.

Es gibt eine Menge Ausbildungsberufe die weite höhere Qualifikationen bringen, als mancher Studiengang. Und es gibt Leute, die ziehen aus noch so lächerlich gemachten Studiengänge Dinge, da sollten alle das Lachen mal schnell einstellen.

Ich kenne die auch, die BWL-Absolventen, die dann in Logistikunternehmen die Waren aus dem Regal holen und zum Versenden fertig machen. Dann auch noch einen Lagermeister über sich haben und vielleicht auch noch untersagt bekommen im Lagerprogramm was zu buchen.

Ein Studium ist nur eine Lizenz. Nicht mehr und nicht weniger. Eine Lizenz zu lernen.

Der Anwalt nach dem Studium sitzt auch in einem leeren Raum und hofft das sein Pappschild "Anwalt xy - Besprechungstermine ohne Vereinbarung" jemand sieht.

Eines ist Absolventen ohne Ausbildung gemein. Sie glauben tatsächlich was zu können. Aus der Sicht der Praxis ist das aber nicht so.

Erinnere mich noch an eine ehemalige Freundin von mir. WiWi in Marburg studiert. Erstes Semester. Vorlesung der einfache Wirtschaftskreislauf. Die Lerngruppe war noch witziger was die aus der Vorlesung (ich war da wegen langweilig weder in der Uni, noch beim Gruppengespräch besonders aufmerksam) machte. Für mich war das Unterrichtsstoff gewesen. Und für die Vorlesung brauchte ich nicht auf das Fachgymnasium zurück greifen, es reichte die Höhere Handelsschule.

Nur mal zu dem akademischen Anspruch.

Die guten Absolventen unterscheiden sich von den anderen. Die Unterscheidung liegt darin, dass sie dieses ganze Modell-Wissen tatsächlich ertragreich in der Analyse nutzen können. Sonst hat ein Studium auch keinen Sinn.

Sich das Wissen zu Fragestellungen zu suchen, die man sonst nicht beantworten kann, dazu braucht man kein Studium. Im Notfall wurden die ersten Referate bereits in der Grundschule geschrieben.

Dein momentaner beruflicher Status und die damit verbundene Anerkennung liegt doch an Dir. Bewerben auf eine Sachbearbeiter-Stelle und sich hinterher wundern? Abteilungsleiter wird man allerdings ohne spezielle Vertiefungen und Erfahrungen nicht.

Wer darauf reagieren will, der sucht nach einer Stabsstelle oder einer Stelle als Stellvertreter.

Jetzt mal zu den anderen Berufen: Was meinst Du wie viele Architekten erfolgreich sind? Richter? Klar, erst durch das Staatsexamen mit besonders guten Noten, natürlich ohne Lebenserfahrung, dann Staatsanwaltschaft und dann Richter. Wer dort angekommen ist, der hat auch in der Regel einige Beförderungen geschafft. Hat vielleicht auch Netzwerke aufgebaut um da Dinge schneller in Gang zu bekommen. Ob er wirklich gut ist, das steht auf einem anderen Blatt. Es werden auch Richter auf Abstellgleise gestellt, wo sie nicht so große Sachen bekommen. Ist traurig und trotzdem für die Rechtspflege nicht optimal.

Apotheker? Was machen die heute noch? Mal eine Salbe anrühren? Und sonst? Pillen verkaufen sie. Hohe Verantwortung ja. Auch mit Wechselwirkungen usw. Doch wo gelten die als angesehen? Also nur weil sie die Berufsbezeichnung tragen?

Es gibt eine Menge Menschen, die hohes Ansehen genießen. Die wenigsten wegen eines Abschlusses. Eigentlich keiner. Sondern erst durch die damit erbrachte Leistung. Mein Ruf kommt aus der Rettung von ein paar Leuten vor der Pleite oder weil wir aus der Pleite noch was entwickeln konnten, wo ersteres nicht mehr ging. Oder weil Gründer mit ihren Kollegen sprachen und auf einmal merkten, wo die anderen Gründer stehen und wo sie sind.

Es geht um Leistung. Es geht um Kompetenz. Allerdings hast Du einen Vorteil: Du kannst wegen des Studiums in größeren Unternehmen Deine Leistung zeigen und Kompetenzen erwerben. Hintergrund ist auch eine bessere Dotierung.

Mein Rat an Dich: Achte mehr auf die Leistung von anderen. Es gibt auch die Putzfrau, die eine herausragende Arbeit verrichtet. Vielleicht als Konzernchefin ungeeignet. Aber vielleicht wäre auch der schlechte Konzern-Chef ein schlechter Putzmann?

Es geht hier im übertragenen Sinne um autoritär und Autorität. Eine Autorität braucht auf der Visitenkarte keine Titel mehr.

Mein bester Lehrer ließ sich nie mit Dr. anreden.

Der "Spiegel-Autor" Jonas Leppin hat sich genau mit deiner Art Problem befasst. Ein Artikel von ihm im Spiegel, weiß nicht mehr wann. Weiß nur noch, dass man nach Nischen suchen sollte. Alternative Selbständigkeit mit einer guten Idee oder Branchenwechsel. - Bedauern solltest du deinen gegangenen Weg nicht. Alles ist ausbaufähig (muss ja nicht gerade "Trommeln bauen" sein, wie im Artikel beschrieben), Wichtig ist es ein Ziel zu haben, nur so bist du kreativ und hast Freude an der Arbeit. Hinwerfen auf keinen Fall. Du bist doch noch in einer guten Ausgangsposition. Wünsche dir viel Glück!

Jerne79  04.12.2014, 20:11

Wenn dem Fragesteller Wertschätzung und Anerkennung fehlt, wird er als Selbstständiger aber sicher nicht glücklich. Wenn du dich da nicht über den Kontostand belobhudelt fühlst, wird es nicht passieren. Da ist kein Chef, kein Vorgesetzter, kein Kollege, da bist du mit dir allein.

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Nirakeni  05.12.2014, 06:28
@Jerne79

Eine Frustration bedeutet nicht, dass man sie immer und ewig mit sich herum schleppt. Aus sich selbst bringt man Aktivität und Freude in sein Leben, der Lohn ist Anerkennung, Erfolg und ein zufriedenes Leben. Eine Selbständigkeit bedeutet nicht unbedingt Isolation, jedoch würde ich dem User raten sich eine andere Sichtweise anzueignen, ausdauernd zu sein und sich nach einem anderen Arbeitsplatz umzuschauen.

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Jerne79  05.12.2014, 11:10
@Nirakeni

Von Isolation war auch nicht die Rede. Was man aber nicht bekommt, ist Anerkennung von einem Höher- oder Gleichgestellten, weil es den in der Selbstständigkeit eben nicht gibt. Und wenn einem so ein Feedback schon im Angestelltenverhältnis abgeht, wie will man dann den Umschwung schaffen, in der Selbstständigkeit ohne Leben zu können?

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Wenn Du so viel Wert auf Akademie legst, dann solltest Du mal über einen Dr-Titel nachdenken. vielleicht fühlst Du Dich dann besser.

Du musst es schon sehr nötig haben, ein Statussymbol zu sein. Irgendwann kehrt in fast jedem Beruf Routine ein, es kann nicht jeder Tag aufregend sein und immer etwas Neues mit sich bringen.

Es können auch nicht alle Manager oder Chef sein, es muss auch Leute geben, die tatsächlich arbeiten und die solltest Du mehr schätzen. Was würdest Du ohne Bäcker oder Metzger anfangen?

Vorab ich kann den Ersteller des Tread verstehen! Vor der Krise wurde BWL mit einem Atemzug mit Medizin und Jura genannt- wer solch ein Studium hat, der ist oben- dem sind Ansehen und gutes Gehalt sicher. Nun die Krise hat dies geändert- aber nicht nur für BWLer sondern für alle. Auch Techniker, Juristen und auch Ärzte sind oft enttäuscht von ihrem Job. Kommen wir zu den Faken- niemand fängt oben an- das war so und wird auch so bleiben. Ansehen und gutes Gehalt gibt's im laufe der Zeit. Ein BWL-Studium ist schon noch eine gute Basis für eine Karriere. Eine Ausbildung oder Matura/Abi ist dies oft nicht mehr. Zu den Ärzten- weil die vom Treadersteller so beneidet werden- auch die fangen unten an. In Österreich muss man mit den Turnus anfangen - da ist man im Krankenhaus in Bezug auf Ansehen und Recht ganz unten!!! Jede Schwester/Pfleger steht mal über dir. Die Drecksarbeit machst du- únd als Assi wird's auch nicht nicht viel besser! Hacken halten im OP, Spritzen geben, Ärztebriefe schreiben- nicht wirklich sehr prestigeträchtig und vom Oberarzt zusammengesch..... werden. Es gibt YouTube-Videos über den wirklichen Alltag von Jungärzten im Krankenhaus- nicht so glamourös! Auch Juristen fangen klein an - als Sacharbeiter oder Konzipient- verdienen im Allgemeinen wenig und sind auch mal unten - nicht oben.  Ich habe mittlerweile genügend Akademiker kennengelernt die keinen Job finden- oder als Sekretärin mit Hungerlohn leben müssen. Das sind nicht nur Bwler sondern auch Juristen, Ärzte, Chemiker, Physiker, Lehrer, Psychologen usw. Also Kopf hoch und durchalten- es wird schon werden. Ach ja, es ist naiv zu glauben, dass man mit einem Schnupperpraktikum vor dem Studium herausfinden könnte, was einem danach blüht. Niemand kann die Zukunft voraussagen. Man bekommt meist ein Schülerpraktikum ohne wirklichen Einblick in das anvisierte Berufsfeld- man schreibt Briefchen, geht zur Post und gibt Briefe auf usw. - danach ist man genauso schlau wie vorher!!! Also schluss mit den Vorwürfen- schluss mit der Klugschei......  und zu seiner Entscheidung stehen!

Ich finde es eher erschreckend wie wichtig anscheinend Status für dich. Musst du dich rein dadurch definieren. Aber bezüglich Jura kann ich dir den Zahn ziehen. Ich studiere selbst Rechtswissenschaft und das Studium ist auch deprimierend. Und wenn du Pech hast landest du dort auch in irgendeinem Laden und schiebst Papier hin und her und das 10 Stunden, Tag für Tag. Suche dir lieber Erfüllung in was anderem als im Job. Vielleicht was gutes für andere. Du glaubst nicht wie gut man sich dabei fühlen kann.