Chemiefrage: Magnesium und Chlor im Schalenmodell?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Moin,

du bringst zwei Dinge durcheinander, nämlich einerseits die „maximal mögliche Anzahl von Elektronen” in einem Hauptenergieniveau (= Schale) und andererseits eine „mit Elektronen voll gefüllte Außenschale” (= Edelgaszustand).

Das ist auch etwas verwirrend.

Das hat etwas mit dem Feinbau der Elektronenhülle eines Teilchens auf atomarem Niveau zu tun. Ich will dich hier nicht mit dem Orbitalmodell des Atombaus quälen. Es reicht, wenn du akzeptierst, dass zwar ins dritte Hauptenergieniveau (= in die 3. Schale) maximal 18 Elektronen passen, aber dass die dritte Schale bereits dann einen Edelgaszustand (Edelgaskonfiguration) erreicht, wenn sie acht Elektronen besitzt (Oktettregel).

Und dann wird's recht einleuchtend.

Magnesiumatome haben zwei Außenelektronen (= Valenzelektronen). Um auf die (magische Anzahl von) acht Elektronen zu kommen, könnten Magnesiumatome theoretisch sechs weitere Elektronen aufnehmen. Aber das ist energetisch enorm ungünstig, weil mit jedem dazukommenden Elektron ja auch die negative Ladung zunimmt, so dass es spätestens ab dem vierten Elektron immer schwieriger würde, weitere negativ geladene Elektronen in die Nähe des Anions zu bringen bzw. die Elektronen aufzunehmen.

Darum gehen Magnesiumatome in chemischen Reaktionen den umgekehrten Weg: Sie geben die beiden einzelnen Außenelektronen ab. Denn ohne diese beiden Elektronen wäre in der Außenschale kein Elektron mehr, so dass die gesamte Schale wegfallen würde.

Doch dann ist die bis dahin zweitäußere Schale plötzlich die neue Außenschale. Und die ist ja mit Elektronen voll besetzt (dort sind acht Elektronen enthalten). Damit erreicht ein Magnesiumatom durch die Abgabe von zwei Elektronen einen Edelgaszustand in seiner Elektronenhülle; dabei erfüllt es dann auch die Oktettregel, weil in seiner Außenschale acht Elektronen sind.

Aber wenn ein ungeladenes Atom zwei negativ geladene Elektronen abgibt, bleibt ein zweifach positiv geladenes Ion zurück:

Mg ---> Mg2+ + 2 e

Beim Chloratom ist das anders. Du hast bereits festgestellt, dass ein Chloratom sieben Außenelektronen hat. Das bedeutet, dass einem Chloratom nur noch ein weiteres Elektron fehlt, um auf die (magische Anzahl von) acht Elektronen zu kommen.

Daher nehmen Chloratome in chemischen Reaktionen gerne ein Elektron auf. Dadurch werden sie aber zu einem einfach negativ geladenen Chlorid-Ion:

Cl2 + 2 e ---> 2 Cl

Also noch einmal: In das dritte Hauptenergieniveau eines Atoms passen maximal 18 Elektronen. ABER: eine voll gefüllte Außenschale benötigt nur acht Elektronen!

Dieser scheinbare Widerspruch hat mit dem Feinbau der Elektronenhülle zu tun. Das kannst du dir vereinfacht so vorstellen, dass die Differenz der zehn Elektronen erst dann in das dritte Hauptenergie gefüllt wird, wenn bereits eine weitere Außenschale (die vierte) eröffnet wurde, weil die Räume des vierten Hauptenergieniveaus teilweise günstiger liegen als fünf Räume des dritten Hauptenergieniveaus.

Schau deshalb nicht darauf, was maximal in ein Hauptenergieniveau passt, sondern danach, welches Edelgas deinem betrachteten Atom näher ist und orientiere dich an der Anzahl dieser Elektronen im Edelgas. Denn der Edelgaszustand ist der energetisch günstige Zustand einer Elektronenhülle, den praktisch alle Atome anstreben (auch wenn sie dadurch zu geladenen Ionen werden müssen).

Im Falle des Magnesiums ist das nächstliegende Edelgas das davor liegende Neon. Das Magnesiumatom hat 12 Elektronen, das Edelgasatom von Neon 10. Darum geben Magnesiumatome in chemischen Reaktionen gerne zwei Elektronen ab, um eine Hülle hinzubekommen, wie sie das Edelgasatom Neon von Natur aus hat.

Beim Chlor ist das nächstgelegene Edelgas dagegen Argon. Chloratome haben 17 Elektronen in ihrer Hülle, das Argonatom 18. Also fehlt einem Chloratom nur ein einziges Elektron, um auf eben diese 18 Elektronen zu kommen. Darum nimmt ein Chloratom in chemischen Reaktionen gerne ein Elektron auf...

Ich hoffe, das ist dir jetzt etwas klarer geworden...?!

LG von der Waterkant


schapdididu 
Fragesteller
 25.11.2021, 14:23

Hallo, vielen Dank für deine ausführliche Antwort, das hat wirklich sehr geholfen!
Mit deinem Lösungsweg konnte ich schon die meisten Gleichungen lösen.
Bei einer komme ich damit aktuell noch nicht weiter, wo liegt hier mein Fehler?:

Eisen(III) und Schwefel (II) bekommen ein Kind und es soll nach der Musterlösung Fe2S3 heißen.

Schwefel will, da in HGVI, noch 2 weitere Elektronen bekommen.

Eisen ist in der NGVIII, hat damit aber nach meinem Verständnis bereits 8 Außenelektronen wie das nächstgelegene Edelgas Argon. Wieso gibt es jetzt überhaupt welche ab?

Und vor allem, wenn der Schwefel das Eisen durch die höhere Elektronegativität zwingt, welche abzugeben, warum wäre das Verhältnis nicht 8:2, also 4:1, weil Eisen 8 verliert und Schwefel 2 erhält. Wenn ich die Lösung rückwärts konstruiere, müsste es irgendwie eine Erklärung geben, warum Eisen nun gerade 3 Elektronen abgeben mag, aber ich komme nicht darauf :)

Rein nach den Wertigkeiten, komme ich zwar auf Fe2S3, dann fehlt mir aber die Erklärung für die Ladung.

0
DedeM  25.11.2021, 18:21
@schapdididu

Ja, die Nebengruppenelemente...

Hier besteht dein Denkfehler darin, dass bei den Hauptgruppenelementen zwar die Gruppennummer mit der Valenzelektronenzahl übereinstimmt, dies aber für die Nebengruppenelemente nicht gilt.

Nun folgt doch noch etwas Orbitalmodell...

Das 1. Hauptenergieniveau (HEN) ist ein einziges kugelförmiges Orbital. Ein Orbital ist ein Raum in der Nähe eines Atomkerns, in dem du ein Elektron mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit antriffst (ein Orbital ist also ein Elektronenaufenthaltswahrscheinlichkeitsraum).

In jedes Orbital passen maximal zwei Elektronen, die sich dann allerdings in ihrem Spin (in der Drehrichtung um die eigene Achse) unterscheiden.

Da das 1. HEN nur aus einem Orbital besteht, passen ins 1. HEN auch nicht mehr als maximal zwei Elektronen (K-Schale: 2 Elektronen).

Das 2. HEN besteht schon aus vier Orbitalen: wieder ein kugelförmiges plus drei hantelförmige. Da es also nun insgesamt vier Orbitale gibt, die jeweils maximal zwei Elektronen aufnehmen können, passen ins 2. HEN höchstens acht Elektronen (L-Schale: 8 Elektronen).

Im 3. HEN gibt es dann erst einmal wieder die vier Orbitale (ein kugelförmiges plus drei hantelförmige).

Deshalb ist zunächst einmal das 3. HEN voll besetzt, wenn erneut acht Elektronen darin Platz gefunden haben. Danach wird das 4. HEN mit den ersten Elektronen besetzt. Aber das 3. HEN ist bereits so groß, dass es neben dem kugelförmigen Orbital und den drei hantelförmigen Orbitalen eigentlich noch fünf weitere Orbitale gibt. Doch die werden hier noch nicht mit Elektronen besetzt.

Das liegt daran, dass das kugelförmige Orbital des 4. HENs energetisch günstiger liegt als diese fünf Orbitale, die eigentlich zum 3. HEN gehören.

Die kugelförmigen Orbitale bezeichnet auch als s-Orbitale, die drei hantelförmigen werden auch p-Orbitale und die fünf restlichen Orbitale werden d-Orbitale genannt.

Die Besetzung der Orbitale mit Elektronen erfolgt nun so:

1s1-2

Das meint, dass das kugelförmige s-Orbital im 1. HEN mit ein bis zwei Elektronen besetzt ist (1: erstes HEN, s:das kugelförmige s-Orbital und hoch-2: zwei Elektronen).

Dann folgt

2s1-2

dann

2p1-6

dann

3s1-2

dann

3p1-6

dann

4s1-2

und erst dann

3d1-10

Somit erhältst du rein formal für das 3. HEN maximal (2 + 6 + 10 =) 18 Elektronen. Aber die Auffüllung der 3d-Orbitale erfolgt erst, nachdem das 4s-Orbital bereits doppelt mit Elektronen ausgestattet wurde, obwohl dieses 4s-Orbital eigentlich erst zum nächsten Hauptenergieniveau gehört...

Und wenn du dir nun Eisenatome mit ihren 26 Elektronen anschaust, ergibt sich folgende Besetzung der Orbitale (im Grundzustand):

1s2; 2s2 2p6; 3s2 3p6; 4s2; 3d6

2 + 2 + 6 + 2 + 6 + 2 + 6 = 26

Und jetzt kommt's:

Eisenatome haben also im 4s-Orbital zwei Elektronen und in den 3d-Orbitalen insgesamt sechs Elektronen.

Das macht zusammen im Außenbereich der Elektronenhülle acht Elektronen (2 im 4s-Orbital plus 6 in den fünf 3d-Orbitalen).

Deshalb steht Eisen in der VIII. Nebengruppe.

Aber wenn Eisenatome Elektronen abgeben, können sie bevorzugt die beiden Elektronen aus dem 4s-Orbitale heraus nehmen (dann entstehen Fe2+-Ionen).

Oder sie können auch noch zusätzlich ein weiteres Elektronen aus dem doppelt besetzten 3d-Orbital abgeben. Dann entstehen Fe3+-Ionen.

Dass Eisen das kann, liegt auch daran, dass ein halbvoll besetztes Energieniveau energetisch besonders günstig ist. Und mit nur 5 Elektronen (statt 6) wären die 3d-Orbitale halbvoll besetzt...

Nun könntest du fragen, warum dann beim Fe2+-Ion die beiden Elektronen aus dem 4s-Orbital genommen wird und nicht eins aus 4s und eins aus 3d, damit beide Orbitale dann halbvoll besetzt wären. Und diese Frage wäre auch sehr gut!

Die Antwort ist aber, dass bei einem Atom das 4s-Orbital energetisch etwas günstiger liegt als die fünf 3d-Orbitale.
Das hat etwas mit der wechselseitigen Abstoßung gleich geladener Teilchen (hier Elektronen) und mit der Abschirmung der Anziehungskraft zwischen den Elektronen in der Hülle und den Protonen im Kern zu tun.

Ich will dich nicht überfordern, darum glaube mir einfach, dass die Abschirmung in einem Atom anders ist als in einem Ion. Und im Eisen-II-Kation sind die 3d-Orbitale energetisch dann günstiger als das 4s-Orbital (wäre). Darum werden die beiden Elektronen aus dem 4s-Orbital entfernt.

Doch es kann noch ein weiteres Elektron aus den 3d-Orbitalen abgegeben werden, weil dadurch dann ein halbvoll besetztes Energieniveau entsteht.

Das ist dann auch der Grund, warum Eisen bevorzugt zwei Ionensorten hervorbringt und darum zwei- oder dreiwertig ist.

Ich hoffe, dass du auch das nachvollziehen konntest.

Wenn dann am Ende Eisen-II-Ionen und Sulfid-Ionen kombiniert werden sollen, zeigt die Kreuzregel sofort, dass Fe3+ und S2– zur Verhältnisformel Fe2S3 führen müssen (weil die 3 bei der Ladung des Eisenions und die 2 bei der Ladung des Sulfidions über Kreuz zu den Indexzahlen in der Formel werden).

Alles klar?

LG von der Waterkant

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schapdididu 
Fragesteller
 25.11.2021, 21:09
@DedeM

Hallo,

deine Erklärungen haben wirklich sehr geholfen! Wenn das Lehrheft nur mal so kompakt & logisch nachvollziehbar geschrieben wär wie deine beiden Antworten, hätte ich mir viel Zeit erspart.

Die Fragen haben sich damit komplett geklärt. Hab noch einen schönen Abend und danke für die Hilfe! :-)

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Im Grunde ist der erste Ansatz gar nicht schlecht. Allerdings ist es bei der äußersten Elektronenschale (unabhängig mit welcher Zahl man sie nummerieren würde) immer so, dass sie mit 8 Außenelektronen voll besetzt ist. Das bedeutet wenn Magnesium zweifach positv und Chlor einfach negativ geladen (wegen Hauptgruppennummer) ist muss Magnesium 2 Elektronen abgeben um stabil zu werden und chlor muss eins aufnehmen. Daraus folgt dann die 2 in MgCl2 (Da dann ein Chloratom in dem Molekül jeweils ein Elektron aufnimmt).

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

schapdididu 
Fragesteller
 25.11.2021, 15:16

Tatsächlich lag mein Denkfehler in der Annahme, dass man die Schalen maximal bestücken muss und sie nicht mit 8 schon "gesättigt" sind.

Bei Eisen (III) hab ich noch ein Problem, da ich unter DedeMs Antwort gepostet hab. Könntest du mir dabei helfen?

Liebe Grüße und Dankeschön schonmal für deine erste Antwort!

0

Hi,

Metalle der ersten und zweiten HG im PSE haben 1 oder 2 Außenelektronen, die sie abgeben möchten. Dadurch erreichen sie eine vollbesetzte Außenschale, nämlich die nächste innere Schale.

Die Elemente der 6. und 7. HG im PSE haben 6 oder 7 Außenelektronen und gemäß der Oktettregel fehlen ihnen 2 oder 1 Elektron.

Also heißen die entsprechenden Verbindungen

NaCl, Na2O ( Na--O--Na), MgO und MgCl2 (Cl--Mg--Cl)

alles klar?

m.f.G.

anwesende

Hi,

Metalle der ersten und zweiten HG im PSE haben 1 oder 2 Außenelektronen, die sie abgeben möchten. Dadurch erreichen sie eine vollbesetzte Außenschale, nämlich die nächste innere Schale.

Die Elemente der 6. und 7. HG im PSE haben 6 oder 7 Außenelektronen und gemäß der Oktettregel fehlen ihnen 2 oder 1 Elektron.

Also heißen die entsprechenden Verbindungen

NaCl, Na2O ( Na--O--Na), MgO und MgCl2

alles klar?

m.f.G.

anwesende


schapdididu 
Fragesteller
 25.11.2021, 15:13

Danke für deine Hilfe. Ich verstehe jetzt die Oktettregel besser.

Bei Eisen (III) und Schwefel (II) hab ich allerdings noch Probleme. Ich hab es unter die Antwort von DedeM gepostet. Könntest du mir helfen, wo da mein Fehler liegt?

Lieben Dank!

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anwesende  25.11.2021, 15:21
@schapdididu

Hi,

bei Schwefel und dann vor allem allen Nebengruppenelementen klappt das leider nicht so leicht, bzw. gar nicht.

schau mal für Schwefel: Schwefel kommt in der Oxidationsstufe −2, etwa bei Metallsulfiden und Schwefelwasserstoff, sowie −1 vor, zum Beispiel in dem Mineral Pyrit. In der Oxidationsstufe +4 kommt es als Schwefeldioxid in der Atmosphäre vor und in der Oxidationsstufe +6 als Sulfat in der Hydro- und Lithosphäre.

Wenn du einfach nur Schwefel und Eisenpulver verbrennst entsteht Eisensulfid FeS. Wenn du also solche Aufgaben mit derartigen Elementen machen möchtest, muss immer die Oxidationsstufe, also beispielsweise Eisen (III) und Schwefel (II) dabeistehen.

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schapdididu 
Fragesteller
 25.11.2021, 18:24
@anwesende

Aber wie geht man dann im Beispiel von Eisen (III) und Schwefel (II) vor? Da sind ja die jeweiligen Wertigkeiten gegeben.

Muss man erst die nach der Wertigkeit die Zusammensetzung konstruieren? Z.B. Fe2S3? Aber wie kommt man von da aus auf die Ladungen Fe3+ & S2-?

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anwesende  26.11.2021, 10:39
@schapdididu

Hi,

Eisen (III) und Schwefel (II) sind mehr als nur Wertigkeiten. Das ist identisch mit den Ladungen Fe3+ & S2-. Das heißt, du kannst die Ladung direkt ablesen.

Eisen kommt in den Oxidationsstufen +2 und +3 vor. Wenn du also Eisen (II) oder Eisen (III) siehst, weißt du also sofort Bescheid. Eisen ist schlicht und ergreifend elektropositiv, also macht nur +2 oder +3 Sinn. (Die wenigen, völlig abstrusen Beispiele für andere Oxidationszahlen machen vor deiner Magisterprüfung in Chemie keinen Sinn; also gar nicht erst darüber nachdenken ;-) )

Ebenso für Schwefel. Du siehst sofort aus Schwefel(II), daß es sich um Schwefel(2-) handelt.

Es gibt nur sehr wenige Bespiele für Elemente die in den Oxidationsstufen +2 und -2 vorkommen können. In so einem Fall käme man nur weiter wenn man den Reaktionspartner kennt und die Elektronegativität der beiden vergleichen kann.

alles klar jetzt?

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