Au Pair Jahr verkürzen?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Es hört sich so an, als wäre einfach gerade die Eingewöhnungszeit vorbei, es zieht normaler Alltag ein und dir fehlt nun die Spektakularität. Das ist einerseits so verständlich, wie es andererseits verwerflich ist. Du hast dich ja bewusst gegen ein Work&Travel (wo man tendenziell eher mehrere Arbeitsstellen ausprobiert) und für ein Au-Pair (wo man den Einsatz in einer einzigen Gastfamilie anpeilt) entschieden, und von einer erwachsenen Person sollte man erwarten können, dass sie zu diesem commitment für die überschaubare Zeit von einem Jahr steht (es sei denn natürlich es gibt gravierende Gründe). Du schreibst, du willst dich weiterentwickeln, aber auch das Aushalten von Situationen gehört zum Erwachsenwerden und deine ist nach deiner eigenen Aussage noch nicht einmal wirklich schlimm. Natürlich macht Hausarbeit nicht extrem viel Spaß, aber: es ist eben auch nur dein Job, der nur quasi das Mittel ist, dir einen Auslandsaufenthalt zu finanzieren.

Ich meine, deine Gastfamilie kann dich nicht zwingen zu bleiben, das ist klar, aber sie hätte allen Grund, zu monieren, dass du den zeitlichen Teil eurer Vereinbarung („ein Jahr“) nicht einhältst, obwohl sie ihn ja einhalten. Nur mal als Gedankenexperiment, wie würdest du dich fühlen, wenn sie deinen Aufenthalt terminieren würden mit der Begründung, dass du deine Arbeit zwar ganz ok machst, dass sie dich ja jetzt zur Genüge kennen, du ihnen zu langweilig geworden bist und sie sich irgendwie mehr versprochen hätten?

Die Kinder sind zudem extrem verwöhnt

Js gut, ihrem Alter entsprechend… Au pair hin oder her, alle Kinder in diesem Alter verlassen sich darauf, dass alle Erwachsenen sich um ihre Probleme kümmern, ob nun Aufräumen oder Schule oder was auch immer. Aber ganz ehrlich, von Leuten Anfang 20, die die tolle Chance eines einfachen und preiswerten und trotzdem aber guten Auslandsaufenthalts bekommen und dann darüber jammern, dass „die Arbeit keinen Spaß macht“ oder die abenteuerliche Aufregung fehlt, denke ich genauso. Du siehst es ja ein bisschen an deinen Gasteltern, Vollzeitjob UND Kinder UND dann noch alles mögliche andere, so sieht halt das Erwachsenenleben ziemlich oft aus, und daran bist du verständlicherweise eben auch noch nicht gewöhnt, aber es wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, sich daran zu gewöhnen und wie gesagt, verbindlich zu der von dir gemachten Zusage von einem Jahr zu stehen.

Außerdem ist es doch einfach auch irgendwie peinlich sowas abzubrechen

Naja nee, „peinlich“ würde ich es jetzt nicht gerade nennen. Enttäuschend vielleicht eher, deiner Gastfamilie gegenüber, und auch dir selbst gegenüber. Wenn du jetzt abbrichst und stattdessen irgendwo anders Work&Travel machst, wird die Spektakulärität ja wieder zurück kommen, insofern denke ich auch nicht, dass du es bereuen würdest, aber ich glaube schon, dass du irgendwann in deinem Leben, vielleicht wenn du selbst mal in den Schuhen deiner jetzigen Gasteltern stehst, darüber anders denken wirst als jetzt.

weil es immer mein Traum war hier in dieser Stadt zu leben

Das zum Beispiel ist doch eine interessante Lektion, die du jetzt schon gelernt hat, egal ob du abbrichst oder nicht. Du wirst ja eines an Vorbereitungsaufwand gehabt haben für dieses Au Pair, hast vielleicht auch Geld dafür erarbeiten müssen, hast dich monate- wenn nicht jahrelang darauf gefreut, und jetzt ist nach drei Monaten die Luft raus. Manchmal denken wir, dass wir irgendeinen Traum haben und „alles dafür tun würden“, und merken nicht, dass wir darin zum Beispiel von außen beeinflusst wurden und in Wahrheit gar nicht sooo viel für diesen Traum zu opfern oder auszuhalten bereit sind. Sehr viele Erwachsene machen diesen Fehler zum Beispiel auch im beruflichen Bereich, oder ganz schlimm: bei der Familienplanung, und deshalb halte ich Auslandsaufenthalte in den späten Teenagerjahren bis Anfang 20 für so wichtig. Um diese Erfahrung zu machen und dann später bei den großen Entscheidungen des Lebens besser in sich hinein hören zu können „Ok aber wie unbedingt will ich es wirklich?“