Ähnlichkeiten zwischen dem Roman "Die Tribute von Panem" und der Römischen Republik?

7 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Die USA sahen sich in gewisser Weise als neues Rom, und es werden auch bis heute Parallelen gezogen zwischen dem römischen und dem amerikanischen Imperium. Die Gründerväter der USA haben sich die römische Republik auch genau angesehen, vielfach haben ja auch Ortsnamen in den USA einen Bezug zur griechisch-römischen Antike.Offensichtlich ist Panem in einer Krise die dem Ende der römischen Republik nicht so unähnlich ist, die Republik ist zu einer Diktatur geworden - die kann man wohl als Warnung von Collins in Bezug auf die USA verstehen. Und das wollten man mit der US Verfassung im übrigen auch bestmöglich verhindern. Die Länder sind zu Distrikten geworden, also nur noch Verwaltungsgliederungen, eine föderale Gliederung gibt es also nicht mehr. Der Verweis auf die Antike bedeutet auch dass sich gewisse Dinge eben nie ändern. Ich denke schon dass man weitere Elemente aus der Antike in den Büchern finden wird.Eine Opferung von Jugendlichen hat es so in der römischen Republik nicht gegeben, sie war allerdings Bestandteil vieler anderer Kulturen. Auch die römischen Gladiatorenkämpfe hatten freilich ihre Ursprünge in Menschenopfern. Das ganze ist denke ich durchaus symbolisch zu sehen, der Staat opfert seine Jugend für fragwürdige Ziele, die USA haben dies etwa in Vietnam und im Irak getan - und der Vater von Collins ist Soldat. Das Vietnamtrauma und dessen partielle Wiederholung durch den späteren Kriege  spielt hier eine Rolle. Aber auch in "Die Brücke" - einem absoluten Klassiker des Kriegsfilms - geht es darum wie der (NS) Staat das Leben von Jugendlichen wegwirft und sie in einer aussichtslosen Situation missbraucht. Katniss endet im Film auch nicht als strahlende Heldin, sondern als traumatisierte Soldatin die ihre Albträume mit einer psychotherapeutischen Technik unter Kontrolle halten muss. Das Happy End ist eigentlich keines  Der andere Aspekt ist die Medienkritik mit einer Reihe zum Teil ähnlicher Werke beim Millionenspiel mal angefangen, über Rollerball bis hin zu Purge.  Auch hier geht es um die Opferung einzelner für den Lustgewinn der breiten Masse - etwas, was eben in dem römischen Spielen auch stattfand. Wenn man sich umschaut wird man feststellen dass etwa etliche Casting Shows Selbstmorde provoziert haben. Und wenn etwa der "Pop Titan" zuschlägt, dann wird das Opfer rhetorisch geradezu exekutiert. Gerade gestern hat mir jemand gesteckt, dass etwa früher für die Talkshow Schreinemakers genau die eigentlich im Vorgespräch gesperrten, kritischen Punkte ausgewählt wurden, um beim Gast möglichst viele Tränen fließen zu lassen und Schreinemakers dann scheinheilig Händchen halten zu lassen. Also ich würde zusammenfassend sagen, es überwiegt der symbolische Teil - auch wenn man ggf. das eine oder andere Element aus der römischen Geschichte in der Handlung verarbeitet hat. Der Name Cicero ist ja auch ein böses Omen - natürlich wird ein Cicero in Panem nicht natürlich sterben. Dennoch lohnt das vielleicht einer eingehenderen Beschäftigung im (ober)schulischen oder akademischen Rahmen. Vor Collins ziehe ich den Hut insofern als sie hier eine ernste Jugendbuchreihe vorgelegt hat mit erheblichen politischen Gehalt. 

Ich bin nicht so bewandert in römischer Geschichte und habe auch nur den Film zum Buch gesehen, aber schon der Titel deutet doch auf "Panem et circenses" hin, was auch durch das Thema "Hungerspiele" (also Spiele, bei denen die meisten den Tod finden  > Gladiatorenspiele) wieder aufgenommen wird. 

Insofern denke ich schon, dass da eine bewusste Parallel gezogen wird, evtl. nicht bei allen Themen. 

ilayda597 
Fragesteller
 26.04.2016, 17:04

Ja, dieser "Satz" taucht auch im Bezug auf Rom auf.. deswegen hab ich mir darüber bisschen Gedanken gemacht :D

0

Ich würde es weniger eine Ähnlichkeit oder Parallele nennen als vielleicht eher eine Inspiration der Autorin. Sie hat sich offenbar das Thema aus dem japanischen Roman "Battle Royale" genommen und es mit Motiven aus der griechisch-römischen Antike gespickt. Die Namen der Bewohner des Kapitols sind durchweg historischen Personen aus der Zeit der untergehenden Republik nachempfunden, das Wort "Kapitol" bezieht sich auf einen der sieben Hügel Roms und auch das Wort "Panem" ist aus dem lateinischen Ausspruch "panem et circensis" (Brot und Spiele) abgeleitet worden.

Faktisch haben Gladiatorenkämpfe und die Hungerspiele aber nur wenige Gemeinsamkeiten. Zum Beispiel wurden auch Gladiatoren, sofern sie eine gewisse Popularität hatten, vom Publikum gefeiert und traten auch öffentlich außerhalb der Arena bei Schaustellungen auf, und "pensionierte" Gladiatoren waren wie auch in Panem oft die Ausbilder und Mentoren jüngerer Kämpfer. Das war's dann aber auch schon mit den Ähnlichkeiten.

In Rom dienten die Spiele der Belustigung der Bürger, die dazu immer freien Eintritt hatten. Die Aufführungen wurden durch reiche Geldgeber finanziert, die sich die Gladiatoren für teures Geld bei einem lanista (Gladiatorenausbilder) buchten und sich durch möglichst opulente Spiele die Gunst des Volkes bei anstehenden Wahlen sichern wollten. Gladiatoren waren meist durchweg Sklaven, nur wenige Freigelassene kämpften auch für Geld in den Arenen. Waren sie besonders erfolgreich, kamen mit Ruhm und Ehre auch ein beträchtlicher Wohlstand in Aussicht: Ein Gladiator konnte soviel verdienen wie ein heutiger Spitzensportler, obwohl er unfrei war. Außerdem musste ein Gladiator auch nicht ständig kämpfen, die meiste Zeit übte er sich im ludus (Kampfschule) seines Herren und stand meist nur einmal im Monat auf dem Sand der Arena. Außerdem überlebten die meisten Gladiatoren ihren Kampf (anders als in den meisten Filmen), in neun von zehn Fällen wurde der Verlierer eines Kampfes begnadigt, wenn er der Menge ein gutes Schauspiel geboten hatte. Gladiatoren genossen zudem eine hervorragende gesundheitliche Versorgung, hatten in der Regel niemals Hunger zu leiden und wurden des weiteren für ihre Erfolge auch oft mit Frauen und Wein belohnt - weshalb es zwar riskant, aber durchaus aussichtsreich für einen freien Bürger war, sich selbst als Sklave in eine Gladiatorenschule zu verkaufen.

Mit der Handlung aus der Panem-Trilogie hat die tatsächliche Welt eines römischen Gladiators also kaum etwas zu tun, und genauso wenig ist Panem eine Parallele zum römischen Staatswesen.

ilayda597 
Fragesteller
 27.04.2016, 13:45

Oh, sehr ausführlich! Das stimmt dann wohl allerdings.. aber ich gehe auch generell nicht davon aus, dass Panem und Rom identisch sind, aber findest du nicht, dass manche Dinge die aufgezählt wurden, dennoch als Parallelen gelten könnten? 

0
MarkusKapunkt  27.04.2016, 14:20
@ilayda597

Wie gesagt, eher Ähnlichkeiten. Es gibt mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten. Das Leben im alten Rom darfst du dir auf keinen Fall so oder auch nicht so ähnlich vorstellen.

0

Ja durchaus! Brot und spiele bedeuted auf latein " PANEM et circenses"

Ich sehe die tribute von panem aber auch als satirische Zukunftsvision. 

Auf die Schnelle und nicht ganz ausgegoren: ;-))

Meiner Meinung nach gibt es nicht viele Gemeinsamkeiten zwischen dem "Panem et circenses" des antiken Roms und den Hungerspielen in "Panem".

Im alten Rom wurden Gladiatoren richtig ausgebildet und waren nicht immer Sklaven, Kriegsgefangene oder Christen. Die Spiele der Römer dienten tatsächlich der Unterhaltung/Ablenkung und waren kein Instrument zur Unterdrückung des römischen Volkes - Was bei Panem anders ist.

Die Bürger der Distrikte müssen die Spiele ansehen und sie müssen an der Verlosung teilnehmen. Präsident Snow bedroht sie also faktisch.

Als Gemeinsamkeit könnte man das Ziel beider sehen, das Volk ruhig zu halten